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Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

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Vogts, Hans: Kölner Hauskapellen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4342#0133

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227

1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr 7.

228

auf rechteckigem Grundriß ausladen, und deren
Stirnseite ein breites und reiches Maßwerk-
fenster ziert, ein ehemals an einem Hause
der Severinstraße befindlicher Erker
(Abb. 5)s3) und der des Hauses Zur Grove
Heumarkt 10 31), der nach dem Börsengäßchen
hin ausging und wohl um 1400 entstand:
damals kam das Grundstück der Schreinsein-
tragung nach in den Besitz Jakobs von der
Groeven, nach dem es fortan und noch bei
Hermann von Weinsberg „Zur Grove" hieß35).
Zu Anfang des XIX. Jahrh. bildete die Kapelle
des Hauses Heumarkt ] 0 eine Sehenswürdig-
keit der Stadt, wegen der „stilechten" Ausstat-
tung, die sie erfahren, und wegen der kost-
baren Altar- und Glasgemälde, mit denen sie
der Besitzer, der bedeutende Sammler Jakob
Lieversberg, geschmückt hatte30).

Den Kapellenerker mit schrägen Seiten
sehen wir in den Abbildungen weiter aus-
gebildet, die die Kapelle des abgebrochenen
Hauses Filzengraben 4 veranschaulichen
(Abb. 6); sie war offenbar besonders fein aus-
gebildet und wohl ausgestattet und befand sich
im Winkel zweier Hausflügel, woraus sich
manche Eigenheit des geschickt der Lage ange-
paßten Grundrisses erklärt. Die Entstehung des
Raumes muß etwa um 1400 erfolgt sein37).

Im XVI. Jahrh. kommt (vielleicht nach
dem Vorbilde der Hardenrathkapelle an
St. Maria im Kapitol) eine Ausbildung der
Erker auf, von der drei Beispiele bekannt
werden. Auf zwei, eine Hohlkehle bildenden
Tragsteinen ruhte der gedrungene, rechteckig
ausladende Kapellenerker des Jabacherhofes
Sternengasse 25, dessen Stirnwand über
einer Brüstung mit Maßwerkblenden zwei
mit Kleeblattbögen geschlossene Fenster zeigte;
es mag dahingestellt sein, ob die Kapelle
zusammen mit dem sonst so einheitlichen
Renaissancebau Everhard Jabachs (um 1597)
entstand oder, wie Merlo meint3"), der Rest

33) Baudri, »Organ für christliche Kunst«, Bd. 20,
S. 229.

M; R. Anheißer, »Aitkölnische Baukunst«,
Tafel 30. Anheilier gibt (ohne Angabe einer Quelle)
1370 als Erbauungszeil an.

»>) Schreinsbuch 14, vom 12. Oktober 1401 (f. 16b).
Vorher hieß das Haus Zum Juden.

*6) Diese Glasgemälde enthält jetzt das Kunst-
gewerbemuseum.

31) Leider ließen sich die Erbauer und Besitzer
des Hauses (Zum Crulle und Zum Driesche?) nicht mit
Sicherheit feststellen.

S8) Niederrhein. Annalen, Bd. 9, S. 21.

eines älteren Baues, etwa aus der Zeit des
Schreinsschreibers Heinrich Wickrath, des
Großvaters Jabachs, war. Ähnlich war der
ebenfalls auf zwei Konsolen ausladende Erker
im Hofe des Hauses Zum Einhorn, Unter
Fettenhennen 15 (abgebrochen 1899),
der wohl nicht ein mittelalterlicher Bauteil
ist, wie es Merlo annimmt39), sondern von
dem Neubau herrührt, den der 1596 ver-
storbene vielbeschäftigte Buchdrucker Johann
Gvmnicus, der dritte seines Namens, hier aus-
führte40); gegen die späte Bauzeit sprechen
die ganz gotischen Formen durchaus nicht,
die sich gerade bei den bürgerlichen Bauten
lebendig erhielten, wie es etwa die Fassade
des Hauses Burgmauer 15 vom Jahre 1574
oder der Bau des gleichnamigen Sohnes
dieses Gymnicus, das Haus Wallrafsplatz 3,
vom Jahre 1615 lehren. Ein noch sprechen-
deres Beispiel für die lange Beibehaltung der
gotischen Formensprache ist der jüngste Ka-
pellenerker, den wir kennen, und der die-
selbe typische Ausbildung zeigt, der Erker des
Hauses Overstolz, Eigelstein 51 (Taf. VII);
er trägt innen die Jahreszahl 1631, die wohl
sicher nicht nuraufdie einfache Stuckdekoration
Bezug hat, sondern auf den ganzen Kapellen-
bau, dessen schmuckloses Maßwerk dem anderer
kirchlicher Bauten des XVII. Jahrh. gleicht.
Die Kapelle befindet sich in einem von der
Wendeltreppe aus zugänglichen Zwischen-
geschoß; die einfache Fassade des Hauses ist
durch die Jahreszahl 1669 bezeichnet: Kapelle
und Fassade führen auf Mitglieder derselben,
mit den Jesuiten in engen Beziehungen
stehenden Familie zurück, der Bau von 1631
auf Konrad Wiedenfeld, der an das Haus
von 1613 bis 1655 angeschrieben ist, der Bau
von 1669 auf den Ratsverwandten Johann
Wiedenfeld''1). Die Stuckverzierungen an
Wänden und Gewölbe zeigen ein Knorpel-
werk, wie es den Arbeiten dieser Zeit eigen
war, und einen Fries mit den abgekürzten
Namen von zehn Heiligen, die um Fürbitte an-
gegangen werden, darunter auch den bekann-
testen Förderern der Gesellschaft Jesu.

Weitere in den Obergeschossen der Seiten-
flügel gelegene Kapellen waren die des Hauses
Zum Stein, Follerstraße 69, die über der

a9) Niederrhein. Annalen, Bd. 30, S. 1 I.
*") Buch Weinsberg, IV., S. 252.
,l) Schreinsbuch 251, vom 17. Juli 1613, 18. No-
vember 1655, 22. Juli 1681.
 
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