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1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.
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dieses hervorragende Stück in dem Neubau
einen guten Platz finde.
III. Die griechische Kirche in Na-
zareth. Wenige
Schritte vom Marien-
brunnen erhebt sich
diegriechischeKirche,
die dem Erzengel
Gabriel geweiht ist.
Sie scheint noch
wenigstens in Teilen
aus älterer Zeit zu
stammen. Über dem
südlichen Portal be-
findet sich ein inter-
essantes Relief (siehe
Abb. 5). Es stellt
Kelche, Kreuze und
Krüge dar. Unklar
ist mir, ob es eine
griechische Arbeit
oder eine lateinische
unter griechischem
Einflüsse ist. Als Zeit
kann man etwa das
späte Mittelalter an-
nehmen. Das Innere
der Kirche ist ziem-
lich einfach. Einige
Kapitale weisen ganz
arabische Formen
auf. Die Ikonostase
ist eine vorzügliche
Schnitzarbeit, an- Abb
scheinend des XVII. Jahrh. (siehe Abb. tj).
Manche Details daran muten ganz barock an.
Die Ikonostase ist mir wieder ein Beweis,
daß in dieser Zeit in Palästina hervorragende
Schnitzer gearbeitet haben. An der Nord-
seite befindet sich eine Kapelle, zu der Stufen
hinunterführen. Ich möchte diese für den
ältesten Teil der
Kirche halten. Hier
sieht mangewundene
Säulen und Fayence-
kacheln. Die Ikonen
der Kirche taugen
künstlerisch nicht viel.
IV. Auf dem
Karmel. Kircheund
Kloster der Karme-
liter sind bekanntlich
im Laufe des vorigen
Jahrhunderts ganz
neu gebaut worden.
Überraschenderweise
haben sich aber zwei
Säulen aus alter
Zeit erhalten (siehe
Abb. 7). Sie stehen
in dem heutigen
Refektorium und
muten ganz sonder-
bar in dem neuen
Räume an. Der
Form nach dürften
sie aus der Zeit um
12U0 stammen und
sind gute Beispiele
der sogenannten
Kreuzfahrerarchitek-
"■ tur. Ob sie ursprüng-
lich zum Refektorium gehörten oder vielleicht
in die Kirche oder den Kreuzgang, ist schwer
zu entscheiden.
Johann Georg, Herzog zu Sachsen.
Buch
erschau.
K. Vrnturi. Storia dell'Aite italiana. VII.
La pittuiadel Quattrocento. Partei. Milano
(Ulrico Hcepli) 191L
Es wird kaum einer von Venturi verlangen wollen,
daS a das Programm, das er aiefa in seiner Storia ge-
itelll hat, in erschöpfender Weise durchführe, das ge-
holt fast zu den Unmöglichkeiten, zumal bei dem
schnellen Tempo, welches Yenturi eingeschlagen hat.
Wir beugen uns aber gern vor der immensen Material-
keniitnis, die Yenturi besitzt, voi dem Überblick, den
ihm die Kenntnis seines Lindes vermittelt hat. Und
doch l.iingt Yeiuuii es nicht zustande, uns ein wohl-
geordnetes Bild zu bieten, in dem die einzelnen Teile,
nach Funktionen gruppiert, sich natürlich zusammen-
fügen und ein einheitliches Ganzes darstellen. Seine
Schreibart hat etwas Abruptes, Nebeneinandergestelltes,
sein Buch besteht aus einer Reihung von Kinzelaufsützen
oder meinetwegen Vorlesungen, die sich nicht binden.
Infolgedessen ist die Lektüre seines VII. Bandes noch
unerfreulicher fast, wie die der vorhergehenden; man
ist unbefriedigt, weil keine Periode, keine Schule klar
herausgearbeitet vor einem steht. Rechnet man eine
gewisse unnachahmbare italienische Breitspurigkeit hinzu,
die im Gedanklichen sich verliert, über das Indivi-
1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.
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dieses hervorragende Stück in dem Neubau
einen guten Platz finde.
III. Die griechische Kirche in Na-
zareth. Wenige
Schritte vom Marien-
brunnen erhebt sich
diegriechischeKirche,
die dem Erzengel
Gabriel geweiht ist.
Sie scheint noch
wenigstens in Teilen
aus älterer Zeit zu
stammen. Über dem
südlichen Portal be-
findet sich ein inter-
essantes Relief (siehe
Abb. 5). Es stellt
Kelche, Kreuze und
Krüge dar. Unklar
ist mir, ob es eine
griechische Arbeit
oder eine lateinische
unter griechischem
Einflüsse ist. Als Zeit
kann man etwa das
späte Mittelalter an-
nehmen. Das Innere
der Kirche ist ziem-
lich einfach. Einige
Kapitale weisen ganz
arabische Formen
auf. Die Ikonostase
ist eine vorzügliche
Schnitzarbeit, an- Abb
scheinend des XVII. Jahrh. (siehe Abb. tj).
Manche Details daran muten ganz barock an.
Die Ikonostase ist mir wieder ein Beweis,
daß in dieser Zeit in Palästina hervorragende
Schnitzer gearbeitet haben. An der Nord-
seite befindet sich eine Kapelle, zu der Stufen
hinunterführen. Ich möchte diese für den
ältesten Teil der
Kirche halten. Hier
sieht mangewundene
Säulen und Fayence-
kacheln. Die Ikonen
der Kirche taugen
künstlerisch nicht viel.
IV. Auf dem
Karmel. Kircheund
Kloster der Karme-
liter sind bekanntlich
im Laufe des vorigen
Jahrhunderts ganz
neu gebaut worden.
Überraschenderweise
haben sich aber zwei
Säulen aus alter
Zeit erhalten (siehe
Abb. 7). Sie stehen
in dem heutigen
Refektorium und
muten ganz sonder-
bar in dem neuen
Räume an. Der
Form nach dürften
sie aus der Zeit um
12U0 stammen und
sind gute Beispiele
der sogenannten
Kreuzfahrerarchitek-
"■ tur. Ob sie ursprüng-
lich zum Refektorium gehörten oder vielleicht
in die Kirche oder den Kreuzgang, ist schwer
zu entscheiden.
Johann Georg, Herzog zu Sachsen.
Buch
erschau.
K. Vrnturi. Storia dell'Aite italiana. VII.
La pittuiadel Quattrocento. Partei. Milano
(Ulrico Hcepli) 191L
Es wird kaum einer von Venturi verlangen wollen,
daS a das Programm, das er aiefa in seiner Storia ge-
itelll hat, in erschöpfender Weise durchführe, das ge-
holt fast zu den Unmöglichkeiten, zumal bei dem
schnellen Tempo, welches Yenturi eingeschlagen hat.
Wir beugen uns aber gern vor der immensen Material-
keniitnis, die Yenturi besitzt, voi dem Überblick, den
ihm die Kenntnis seines Lindes vermittelt hat. Und
doch l.iingt Yeiuuii es nicht zustande, uns ein wohl-
geordnetes Bild zu bieten, in dem die einzelnen Teile,
nach Funktionen gruppiert, sich natürlich zusammen-
fügen und ein einheitliches Ganzes darstellen. Seine
Schreibart hat etwas Abruptes, Nebeneinandergestelltes,
sein Buch besteht aus einer Reihung von Kinzelaufsützen
oder meinetwegen Vorlesungen, die sich nicht binden.
Infolgedessen ist die Lektüre seines VII. Bandes noch
unerfreulicher fast, wie die der vorhergehenden; man
ist unbefriedigt, weil keine Periode, keine Schule klar
herausgearbeitet vor einem steht. Rechnet man eine
gewisse unnachahmbare italienische Breitspurigkeit hinzu,
die im Gedanklichen sich verliert, über das Indivi-