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Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

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Raspe, Theodor: Kirchlicher Kunstbesitz des Oldenburgischen Museums
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https://doi.org/10.11588/diglit.4342#0159

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277

1912.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr, 8.

278



sich noch nicht zu den Formen der Freiplastik
durchringen können, noch herrscht der Relief-
stil. Die Bemalung setzt sich im wesentlichen
aus Blau, Rot und Gold zusammen.

Hölzernes Kruzifix.

Xiederreinisch-westfälisch, Ende des XlV.Jahrh.
(Abb. 10.)
Aus der gleichen Kirche stammt ein nicht
großes, anderthalb Meter hohes Kruzifix vom
Ende des XIV. Jahrhunderts.
Zweifellos an Qualität be-
deutender als die drei sitzen-
den Heiligenfiguren, zeichnet
es sich auch durch die sehr
gemäßigte Wiedergabe
des Leidens aus. Die
Körperformen sind für die
Zeit gut durchgebildet, nur
Finger und Zehen stören; die
Schmalheit der Glieder und
die milde Größe des gesenkten
Antlitzes mit leicht geöffneten
Lippen verleiht dem Kunst-
werk jenen edlen Zug, der
auch gleichzeitigen Gemälden
eigen ist. Auch die Farben,
soweit sich nach ihrer Erhal-
tung urteilen läßt, scheinen
eine u n ge w öh n 1 ic h milde
Tiefe besessen zu haben, be-
sonders das Kirschrot und
dunkle Blau. Das Lendentuch
ist seitlich geknotet, fällt ziem-
lich tief herab und bildet vorn
einen Überschlag; die Falten
sind noch etwas ängstlich an-
geklebt. Vom Kreuz ist außer
den Evangelistensymbolen die
ganze Form erhalten.

Kruzifix und die drei Wester-
steder Heiligenfiguren sind
unter vielen Beispielen des
Museums nur ausgewählt, um
den Einfluß des Nieder-
i he ins zu zeigen. Während
almlich die oldenburgischen Durchschnitts-
arbeiten unverkennbar die Zusammengehörig-
keit mit der zahlreich erhaltenen westfälischen
Plastik zeigen, liefert in diesen Arbeiten ein-
mal der niederrheinische Einfluß einen sehr
merkbaren Einschlag. In der Nachbarstadt
Bremen, wo sich häufig auswärtige Bildhauer
aufhielten, lassen sich direkte Verbindungen

Abb. 14. Osterleuchter aus Zinn
8. Hälfte XV. Jahrh.

mit Köln neben dem westfälischen Einfluß
nachweisen.

Zwölf Apostel.

Westfälisch, um 1500. (Abb. 11.)
Um nun auch an einem Gegenbeispiel die
unverkennbare Verwandtschaft mit
westfälischen Schnitzwerken klar-
zulegen, bilden wir eine Folge von spätgotischen
Aposteln ab, die der gleichen Gegend, dem
Ammerlande (Edewecht) ent-
stammen. Es sind kleine ge-
drungene Figuren von 45—50 cm
Höhe, zu dreien angeordnet
mit großflächigem Faltenwurf
und lockiger Haarstilisierung,
wie sie um 1500 und im An-
fange des XVI. Jahrh. gang
und gäbe ist. Von den in
Westfalen vorhandenen Ar-
beiten ist am besten der Röding-
hauser Altar28) zum Vergleich
heranzuziehen.

Ferner besitzt das Museum
eine Reihe von stehenden
Einzelaposteln, die so voll-
kommen mit Schnitz-
werken Westfalens29) zu-
sammengehen, daß die Be-
zeichnung „westfälisch" außer
Frage steht und eine Abbildung
überflüssig wird.

Hölzerner Reliquienkasten.

Mitte des XV. Jahrh.
(Abb. 12.)

Einen Übergang zur spät-
gotischen Kleinplastik, der wir
noch einige Beispiele widmen
wollen, bildet ein Reliquien-
kasten aus Eichenholz von 85 cm
Breite (Vorderseite), der sich
schlicht aus dem Kasten und
einem Satteldach mit Rundstab-
abschluß zusammensetzt. Die
Schnitzerei in „gebackenem"
Relief gibt gleichsam die Treibarbeit des Gold-
schmieds wieder; denn dafür sollten derartige
Reliquienkasten einen bescheidenen Ersatz
bilden. Deshalb ist der ganze Kasten vergoldet,

2") > Kunstdenkm.
Taf. 87.

") »Kunstdenkm.
Tafel 31.

Westfalens,
Westfalens,

Kr. Herford«,
Kr. Herford«,
 
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