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Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

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Sauerlandt, Max: Das "Hedwigsglas" auf der Feste Coburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.4342#0177

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313

1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

314

Größe des 10,3 cm hohen Originals und der
12 cm großen Darstellung der Federzeichnung,
zwingend. Die abwärts gerichteten Doppel-
voluten im unteren Drittel der Wandung, die
dachförmigen Riefeln darüber, die radial ge-
rieften Abschnitte in der höheren Zone und
endlich den nur bei diesem Glase zu be-
obachtenden sehr charakteristischen, aus Quer-
balken und Rundzapfen bestehenden Hoch-
schnittdekordes

Mündungsran-
des hat der
Zeichner eben-
so deutlich wie-
dergegeben wie
die seltsame
Lappen form des
Standringes, die die Mehr-
zahl der bekannten Hed-
w'igsgläser aufweist und die
wohl sicher bestimmt war.
einer Edelmetallfassung
festeren Halt zu geben.

Wir haben damit den
sichersten Herkunftserweis
des Coburger Glases aus
dem Wittenberger Heiltum
und zugleich ein Beispie
mehr für die Sorgfalt ge-
wonnen, mit der die spät-
mittelalterlichen Zeichner
eines Bildinventars zu
Werke gegangen sind.3)

Die alte, den Reliquien-
inhalt des Glases auf-
zählende Beischrift be-
zeichnet das Glas als
»Vitrum Sancte elizabeth
vidue«, als Glas der hl.
Elisabeth, der Base der
hl. Hedwig, auf die ja mit

Dieses Elisabethglas nun hat in der Fa-
miliengeschichte der Wettiner in der zweiten
Hälfte des XV. Jahrh. eine eigene Rolle ge-
spielt. Samt dem Gürtel und dem Löffel der
Heiligen wurde ihm die Kraft zugeschrieben,
leichte und gefahrlose Entbindungen zu be-
wirken, und so ist es denn mehrfach, allein
oder zusammen mit den andern Elisabeth-
reliquien bei bevorstehenden Geburten im
-. .... Fürstenhause

cj^ ^ ,------ V~**r- <^~2r- verwandt, und

G~-<ik- ^r^f ^*~^<- L—.-<r> -v^p~*6 ßk zu «kichern

mehr oder weniger guter
Beglaubigung auch andere Gefäße, z. B. ein
silberner Becher im Kloster der barmherzigen
Schwestern in Trier und eine silberne Kanne
vom |ahrr 1237 in fürstlichem Besitz zu
Braunfels zurückgeführt werden.4)

') VgL 7U dieser Frage Marc R ose nberga. a. O.
und Alex. Schnutgen „Die alte Abbildung
Reliquienkreuzef im ,Halleschen Domschatz' und das
< triginal im Nationalmtuenm m Stockholm**. »Zeitschr.
f. christl. Kunst.. XI (1898) Sp. 65 ff.

*) VgL E. v. Czihak, ■ Schulische Gläser«
(Breslau 1891).

Abb. 2. Zeichnung des Glases der h. Elisabeth,

ehemals im Wittenberg Stiftsschatz,

Sachs. Haus- und Staatsarchiv Weimar: Reg.

O. 'J13 lol. Til, Höhe der Zeichnung 18 cm

Gebrauch auch
an verwandte
und befreundete
Häuser ausge-
liehen.5) In den,
die Rücksendung begleiten-
den Dankschreiben wird
mehrfach die Heilkraft der
Reliquien bezeugt, und
wir erfahren dabei gelegent-
lich auch etwas über die
Art derVerwendung unseres
Glases. Es scheint, daß den
Frauen darin ein Stärkungs-
trunk gereicht sei. Wenig-
stens läßt der Brief des Kur-
fürsten Albrecht von Bran-
denburg darauf schließen.
Er schreibt unter dem
11. April 1474, seine Ge-
mahlin Anna habe den
Becher mit Erfolggebraucht
»als sie maynt das scheyn-
barlich empfunden zu glück-
seliger, sneller giburt, und
derhalben viel weins in den
kopf(Becher)giessen lassen,
den in neue gefeß gefasset,
armen frauen mitzutaylen«.
Später ist das Glas —
wohl als ein Geschenk Friedrich des Weisen -
in Luthers Besitz gelangt. Mathesius be-
richtete darüber in der Predigt vom Glas-
machen(;): „Im Jahr 41, als ich in's Thal
erfordert, habe ich sieben von Gesandten an

6) Vgl. Georg Steil) hauten, »Deutsche
Privatbriefe des .Mittelalters. (Berlin 1809), Bd. I
S. 120f.;cit. v. Schm i dt, »Das Glas« (Berlin 1912)
S. 144.

•) Wieder abgedruckt in den »Mitteilungen des
nordböhmischen Gewerbemuseums in Reichenberg«, Vll
(1889) Nr 3 ff.
 
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