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Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

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Der Gemäldefries an der Westapsis des Domes zu Trier
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355

1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

356

seine Einwilligung. Gerade auf die königliche
Entschließung legen die Biographen den Nach-
druck10), eine Auffassung, der die zweite Szene
des Zyklus völlig entspricht.

Die dritte Szene stellt den Heiligen dar,
wie er den Armen mit der einen Hand die
Füße wäscht, mit der andern ihnen Brot reicht.
Schon diese Doppelhandlung zeigt an,'daß das
Bild nicht eine konkrete Begebenheit, sondern
typisch die Mildtätigkeit des hl. Lambert ver-
herrlichen will, deren auch die Vitae be-
sonders gedenken"). Wahrscheinlich aber soll
dieses Bild überhaupt das fromme Wirken
des Heiligen als Bischof vorführen, und es ist
hier, wo die Quellen von bestimmten Ereignissen
schweigen, eingefügt, damit der Weihe nicht
sofort die Verbannung folgen muß.

Ihr gilt die vierte und fünfte Szene. König
Childerich II. wurde ermordet und auf Be-
treiben des Majordomus Ebroin12) verjagte
König Theuderich III. den hl. Lambert von
seinem bischöflichen Stuhle, den der Kölner
Kleriker Faramund bestieg. Nach sieben
Jahren aber, als Pippin von Heristal13) unter
Theuderich als Hausmeier regierte14), wurde der

dem Throne sali. Einharili vita Karoli Magni, c. 1.
M. G. SS. II. 444.

10) Vita I. „Tunc plebs .... liraul cum regis
imperio . . . . subrogatus est, ut pater esset ecclesiae
Traiectinsis. A. SS. f>74. 4.

Vita II. „Regalis quoque celsitudo ac palatinorum
procerum multitudo eins (plebis Traiectensium) opinione
cognita, illum in solio pontificali sine mora constituerunt
sublimari". Ebenda 583. 9. „Quis Traiectensium
ecclesiae substitui deberet episcopus, multum delibera-
batur in ecclesia, multum super hoc in aula regis Hil-
derici tractabatur .... Jamque paulatim sermo de pa-
latio ad ecclesiam, ab ecclesia ad populi frequentiam
discurrebat, nulluni Lanlberto meliorem esse, ac per
hoc nulluni episcopatu Traiectensium esse digniorem.
Ebenda 5*1. 12.

u) Vita I. „Tripudiantes psallebant .... advenae
et peregrini, inopes et pauperes, viduae cum pupillis
per urbem laetantes". A. SS. 576. 10. „lpse quoque
pauperibus feneiabatur abtun*'. Ebenda 576. 12.

Vita II. „. . ■ quidquid habere poterat, pauperi-
bus erogabat". Ebenda 582. 6. „Exuberabat elemo-
sinis". Ebenda 583. 11- In der Vita s. Landradae,
die der Vita tertia I.amberti nahe steht, heilit es:
Quorum enim cellas non introivit? Quorum pedes
ipsa non lavit": A. SS. Bd. 2», S. 626. .'<.

u) Über Ebroin s. Bonneil, »Die Anfänge des
karolingischen Hauses«. Jahrbücher der deutschen Ge-
schichte, (Berlin 1866) S. 114 ff. Hauck, »Kirchen-
geschichte Deutschlands« I. (Leipzig 1904) S. 39j ff.

") Über Pippin s. Bonneil, S. 118 ff. und
Hauck, S. 399 ff.

14) ,.Pippimi5 secundus . . . solus sub Theodorico

Eindringling Faramund vertrieben und Lambert
unter dem Jubel des Volkes auf seinen Bischofs-
sitzzurückgeführt. So berichtet Sigebert von
Gembloux15). Während seiner Verbannung
lebte Lambert in der Abtei Stablo. Zwei
seiner Hausgenossen folgten ihm, von denen
einer, Theodoenus mit Namen, dem ersten
Biographen Lamberts über dessen Aufenthalt
im Kloster manches erzählt hat16).

Die vierte Szene unseres Bilderzyklus stellt
die Ausweisung des hl. Lambert aus Maestricht
durch Theuderich III. dar. Zwei Getreue
schließen sich ihm an. Auf dem folgenden
Bilde sehen wir den Verbannten auf Geheiß
desselben Königs heimkehren. Die beiden
Diener, die sein Exil geteilt haben, sind auch
jetzt wieder an seiner Seite. Hinter ihnen
schreitet ein Diakon, wohl der Bote, der den
rechtmäßigen Hirten im Auftrage des Königs
zu seiner Herde zurückgeleitet. Daß Theu-
derich hier ganz abgebildet wird, wie in den
beiden ersten Szenen sein Bruder Childerich,
darf nicht befremden. Der „König" symbo-
lisiert hier nur typisch die Herrschergewalt.
Bei dem geringen Charakterisierungsvermögen,
das der Schöpfer der Trierer Wandmalereien
überhaupt offenbart, wäre es sogar zulässig,
in der vierten Szene Ebroin, in der fünften
Pippin17) — also die sich folgenden wirklichen
Machthaber in Merowingerreiche — dargestellt
zu sehen.

Höchst auffallend aber ist die Tatsache,
daß der Maler über den Aufenthalt Lamberts
in Stablo schweigend hinweggeht. Eine Episode
aus dem Klosterleben des Heiligen, die alle
seine Lebensbeschreiber erzählen, hätte dem
Künstler doch einen willkommenen Vorwurf
liefern können. In einer Winternacht nämlich
hatte der Bischof im Schlafsaale der Mönche
ein Geräusch verursacht und ohne zu wissen
wer der Schuldige sei, schickte der Abt ihn
in den Klosterhof, um unter freiem Himmel
vor dem dort aufgestellten Kreuze zu beten.
Er vergaß aber den Büßenden zurückzurufen,

rege principatum totius Franciae obtinuit". Vit« III
A. SS. 594. 25.

15) A. SS. 592. 18. und 594. 25.

'») Ebenda 575. 6. und 592. 20.

") Sigebert von Gembloux bezeichnet Pippin als
„princeps•'. A. SS. 594. 25; desgleichen das von Paul
von Winterfeld veröffentlichte (armen de lancto
Lamlberto cap. XV11. „Tunc Pippinus erat princepi
regionibus illis". NC. G. Poctae latini. IV. 1 S. 148.
V. 209.
 
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