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Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

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Schippers, Adalbert: Der römische Kern des Trierer Domes, die Abteikirchen von Limburg a. d. Haardt und Maria-Laach in ihren Maßverhältnissen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4342#0208

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371

1912. ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

372

jetzt vorhandene Gewölbesystem von Anfang
an geplant hatte7). Ein anderer hinreichen-
der Grund für diese auffallende Anordnung
läßt sich nicht ausfindig machen.

Hiermit ist zugleich der Ursprung des
Laacher Gewölbesystems gegeben. Wie die
romanische Gewölbebasilika überhaupt die
Anlage der flachgedeckten möglichst beibehielt,
so schließt sich auch unser Gewölbesystem
aufs engste an die Jnterkoluhinien des Lang-
hauses an. Es faßt zwei derselben zu einem
Joche zusammen, überdeckt es in jedem Schiff
mit einem rechteckigen Gewölbe und erzielt
damit eine Durchsichtigkeit der Stützenreihen,
wie sie vorher in der Säulenbasilika nicht größer
war. Welche Geschicklichkeit die rheinischen
Baumeister am Ende des XI. Jahrb. in der
Konstruktion rechteckiger Gewölbe besaßen,
und wie gerade der Laacher Architekt die-
selbe beim Bau des Klosterkreuzganges
1093 bis 1095 bekundete, habe ich früher
dargetan8).

Unser Gewölbesystem steht somit da als
eine originelle Lösung der am Ende des
XI. Jahrh. in der rheinischen Bauschule
brennenden Frage, wie die gewölbte aus der
flachgedeckten Basilika organisch zu entwickeln
sei. Während die Lisenen mit ihren Arkaden
wie die Schattenrisse der alten Säulenordnung
noch an der Wand stehen, sind an ihre Stelle
im Mittelschiff die neuen Gewölbepfeiler ge-
treten. Altes und Neues in harmonischer Zu-
sammenwirkung! Fürwahr eine geistvolle Er-
findung, die uns den Laacher Meister und
sein Werk erst in ihrer ganzen Größe und
Bedeutung erscheinen lassen. Das Vorbild für
die Wandarkaden haben höchstwahrscheinlich
das Limburger Chor und QuerschifT abgegeben.
(Vgl. Abb. 5.)

Ein weiterer beachtenswerter Hinweis auf
das ursprünglich geplante Gewölbesystem bildet
ferner die Anzahl der Fenster im Langhause,
die mit der Grundzahl HO genau übereinstimmt.
Die beiden Chöre und das QuerschifT zählten
mit Einschluß der kleinen runden, sechseckigen
und halbkreisförmigen«: Jffhungen wahrscheinlich

7) Die anderen Gründe, die für den urtprttngHcheri
P.an der jetzt vorhandenen Gewölbe iprechen, habe
ich im 6. Heft des laufenden Jahrgang! dieser Zeit-
schrift und in meiner Schrift: Maria Laadb und die
Kunst im XII. u. XIII. Jahrh. (mit 50 Abbildungen,
Mosella-Verlag, Trier 1911) ausgeführt: S. 10—11,

»j a. a. O., Heft 6. Sp. 207—208

Hü Fenster. Gleichwie in Limburg, ist auch
an den Fenstern des Laacher Mittelschiffes
die Höhe nach dem Drittel des Einheits-
maßes, 10 Fuß, bestimmt. Die ursprüngliche
Größe der Fenster in den Abseiten läßt sich
leider nicht mehr feststellen, da sie vermut-
lich im XVI. Jahrh. verändert wurden. Der
Ansatz der Fenster trifft in Haupt- und
Nebenschiff die Mittellinie der Mauer. Im Quer-
haus ist die Sohlenhöhe der Fenster gleich
der Breite der Wand. Nach demselben Maße
können wir fast mit Sicherheit den Ansatz der
kleinen romanischen Fenster bestimmen, die
später durch die gotischen im Presbyterium
ersetzt wurden. In der Tat passen sich
auch die Fenster der Ostapsis dieser Richt-
linie an.

Das Langhaus hatte, wie oben gesagt, statt
drei Vierungsquadrate, 90 Fuß, mit Rücksicht
auf das Gewölbesystem die Länge von zehn
Interkolumnien erhalten. Einer alten Bauregel
zufolge wurde nun dieses Maß auch auf das
QuerschifT übertragen. Hierin liegt der Grund,
warum dasselbe nicht genau drei Vierungs-
quadrate, 90 Fuß mißt, sondern die anscheinend
unbegründete Länge von 10ti Fuß aufweist.
Für die weitere Erklärung des Grund- und
Aufrisses der Kirche verweise ich auf meine
obengenannten Ausführungen.

Die drei Bauwerke, die wir auf ihre Maße
geprüft haben, zeigen in ihrem System eine
überraschende Ähnlichkeit. Das Zentralquadrat
ist die Urzelle, aus der sich alle Hauptteile
entwickeln. Die stufenweise Verwendung des
reinen Urmaßes, seiner ein-, zwei- oder mehr-
maligen Teilung, der Diagonale, der Innen-
weite des Baues, die Herrschaft einer Grund-
zahl, die mit dem Urmaß identisch oder da-
von abgeleitet ist, selbst die Anwendung des
goldenen Schnittes haben alle drei gemeinsam.
Die Verwandtschaft der römischen und roma-
nischen Baukunst erscheint hier in einem
neuen Lichte. Für die rheinisch-romanische
Architektur durfte das!,, agti einen neuen
Beweis liefern, (lall manche ihrer bautech-
nischen Traditionen in ununterbrochene) I
lieferung auf die einheimis« h-römischen zurück-
gehen.

Das interessanteste Ergebnis unserei Unter-
suchung aber ist die Feststellung des Ge-
setzes, wonach die romanischen Baumeist«
Rhein die Interkolumnien und ein«
reichen Analogie E ilgend, die 1 lohe dei Fenstei
 
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