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Zeitschrift für christliche Kunst — 25.1912

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Am Ende ihres fünfundzwanzigjährigen Bestehens
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https://doi.org/10.11588/diglit.4342#0231

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415 1912. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNSi - Nr. 12. IUI

Am P^nde ihres fünfundzwanzig jährigen Bestehens

darf diese Zeitschrift auf ihre Lei ul bahn mit Befriedigung zurückblickt n. — In allgemein anerkanntem
wissenschaftlichem Streben glaubt sie die Aufgaben gelöst zu haben, die ihr Programm als ein bei
ihrer Gründung in den zuständigen Kreisen vollkommen gebilligtes Richtmaß ihr gestellt hatte,
obwohl seine Giundlagen von der Zeitströmung allmählich nicht unberührt geblieben waren.
Als die Zeitschrift im Jahre 1888 ins Leben trat, herrschte, wenigstens auf dem Gebiete
der kirchlichen Kunst, der sie sich vornehmlich verpflichtet eiachtete, noch volle Einmütig-
keit, nicht nur hinsichtlich der Anschauungen und Ziele, sondern auch der Formen, in denen
sie Ausdruck finden sollten. - • Aber schon vor dem Schlüsse des Jahrhunderts begannen
neue Bestrebungen Platz zu greifen, längere Zeit ungesunde, unbestimmte, daher Widerspruch
heischende, so daß das Festhalten an den früheren Grundsätzen immer noch als verständige
Marschroute erschien. — Auch bis jetzt hat ein neuer maßgebender Zeitstil sich nicht heraus-
gebildet, obwohl den immer bestimmter lautenden und klarer formulierten Anschauungen hin-
sichtlich der Raumwirkung, derMaterialgerechtigkeit, der Einfachheit usw. eine gewisse Berechtigung
nicht abgesprochen werden kann. — Von dem, nach mißglückten Versuchen, endlich bezüglich
der Architektur und Ornamentik günstiger beeinflußten Profangebiet sind Einwirkungen auf das
kirchliche Kunstschaffen herübergedrungen, und wenn namentlich der jüngere Klerus sie in
stärkerem Maße berücksichtigt sehen möchte, so mag die Fortschrittsparole, von der die
Gegenwart beherrscht ist, auch hier eine gewisse Beachtung erheischen bzw. rechtfertigen.

So lange sie im Banne der Tradition steht, der alle ernsten verständigen Künstler spontan
sich unterwerfen, der auf dem kirchlichen Schaflensgebiet in erhöhtem Maß Inspiration und
Führung unterliegen, wird die Entwicklung von Vertrauen begleitet sein dürfen, zu neuen
zweckmäßigen und formschönen Gebilden zu führen auf dem Gebiete des Kirchenbaues und
seiner Ausstattung, in bezug auf die aber nie übersehen werden darf, daß ihre Anordnungen
den Bestimmungen der Liturgik unterliegen, die dem Wesen nach unabhängig sind von den Zeit-
strömungen. — In ihrem Rahmen mögen, wie in den früheren Jahrhunderten, so in unseren
Zeitläuften, die Veränderungen Platz greifen, welche den veränderten Verhältnissen entsprechen!
Damit diese Rücksicht auch seitens dieser Zeitschrift nicht nur gradatim geleistet, sondern
auch äußerlich sogleich dokumentieit werde, erschien es angezeigt, daß der Herausgeber, der
das Joch fünfundzwanzig Jahre allein getragen hat und es längst jüngeren Schultern gern überlassen
hätte, zunächst wenigstens einen verantwortlichen Mitarbeiter erhalle. — Als solcher ergibt
sich von selbst der Konservator seines Museums, der bereits angefangen hat, über dessen
Inhalt in großer Publikation wissenschaftlich zu berichten, der ihm als geschätzter Ratgeber
seit Jahren zur Seite steht, dessen gewandte Feder auch in den letzten Jahrgängen der Zeit-
schrift vielfach sich bewählt hat. Wenn er jetzt noch nicht ausschließlich die Redaktion
übernimmt, so entspricht das seinem eigenen Wunsche, sowie der Meinung des Vorstandes,
daß eine gewisse, auch äußerlich markierte Kontinuität wünschenswert sei. Der Verzicht
auf diese Gemeinsamkeit der Herausgabe für die beiden nächsten Hefte (die als ein Sammel-
bändchen erscheinen sollen) zugunsten seines alleinigen Namens, mag durch die besonderen
Umstände begründet erscheinen, die mit diesem Bändchen zum Ausdruck gelangen werden.
Möge die junge, schaffensfrohe, zukunftsfrische geistliche Kraft, die für das kirchliche
Kunstgebiet bezüglich der Forschung wie der Betätigung einen segensvollen Einfluß erwarten
läßt, auch dieser Zeitschrift als der berufenen Führerin neuen Einfluß, neuen Erfolg ver-
schaffen helfen, und mögen ihre Leser, die alten, die ihr treu geblieben sind, die neuen,
die ihr hoffentlich gewonnen werden, den berechtigten Erwartungen entsprechen! Möge
namentlich der kunstbegeisterte, unternehmungslustige Klerus, der gern sich scharen möchte
um ein neues, wetterfestes Banner, Veitrauen zu der Fühlung gewinnen, die ihr sich an-
bietet, in dieser bewegten Zeit, in der auch die Kunst ihre Heilkraft nicht versagen darf

Mexandei Schnütgen,
 
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