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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 7.1915-1917

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1. Heft
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Post, Paul: Zeughaus-Erwerbungen seit 1912: (alte Waffen)
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https://doi.org/10.11588/diglit.39949#0035

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1. HEFT

DR. POST, ZEUGHAUS-ERWERBUNGEN SEIT 1912

19

Ätzmaler schliefsen,' was bei dem damals regen
wirtschaftlichen Verkehr zwischen Nord- und Ost-
seeküste nicht zu überraschen braucht.
Den Trutzwaffen reiht sich eine Anzahl
ebenbürtiger Erwerbungen von Schutzwaffen
an. Auch hier stammen die wertvollsten Stücke,
zwei Helme, aus dem Mittelalter. Der ältere
von beiden (Abb.7, Inv.-Nr.12. 60, Höhe: etwa 34cm,
Gewicht: 4,800 g), der vor zwei Jahren von der
Stadt Fürstenwalde im Austausch überwiesen


Abb. 7

wurde, fand bereits in dieser Zeitschrift an anderer
Stelle eine kurze Würdigung (Bd.II, S.402). Eine
Reihe sachlicher Ergänzungen berechtigen das
nocheinmalige Eingehen auf den Helm, der den
Brennpunkt einer ganzen Reihe waffengeschicht-
lich höchst interessanter Fragen bildet. Die re-
solute Hand unseres Waffenmeisters hat den späten
Lackanstrich entfernt, so dafs der Helm in seiner
alten Blankheit erglänzt, wie ihn die Abb. 7 und
7a noch einmal vor Augen führen. Unser Helm
gehört der interessanten Entwicklungsstufe von
der Hundsgugel zum Burgunderhelm an, jenem
wichtigen Abschnitt, der etwas verspätet zur Ein-
gliederung des geschlossenen Helms in das System
des sonst längst fertigen Plattenharnisches führt.
Der Zeughaushelm zeigt eine bereits ziemlich
vorgeschrittene Form, nur das Scheitelstück verrät
noch die Herkunft von der spitzen Beckenhaube der
Hundsgugel. Das System des Visiers mit den beiden
ihn ergänzenden seitlich im Scharnier beweglichen
Backenstücken ist schon ganz dem Burgunderhelm
gleich, und der eingezogene, tief herunterreichende
Nackenteil zeigt bereits das lebhafte Bestreben, mit
Ausschaltung der Brünne einen unmittelbaren Zu-

sammenhang zwischen Kopf- und Rumpfharnisch
herzustellen. Allerdings deuten die grofsen, später
fälschlich mit Rosetten gefüllten Durchlochungen
am Helmrand darauf, dafs noch nicht auf die ganze
Brünne verzichtet war. Die äufsere Lochreihe diente
zur Befestigung- des Futters, zwei gröfsere Durch-
bohrungen am Kragenrand vorn und hinten anschei-
nend zur Befestigung je eines Riemens, um den
Helm an der Rumpfpanzerung zu verschnallen.


Abb. 7 a

Ein interessantes Zwischenglied zwischen un-
serem Helm und der Hundsgugel bildet ein Helm
der Sammlung M. L. Carrand (Abb. 7b, Durch-
zeichnung nach der Abbildung bei Victor Gay,
Glossaire Archeologique
S. 789). Hier besteht der
an das Visier sich an-
schliefsende Platten-
schutz für die Gurgel
noch in einem an der
Helmwand befestigten
Plattengeschübe, einer
Konstruktion, die in
niederländischen und
französischen Darstel-
lungen der beiden ersten
Jahrzehnte des 15. Jahrhunderts verschiedentlich
anzutreffen sind (Grabstein des Simon Leval in
Basecles im Hennegau 1407, Bussaert van Man,
Gent Abtei St. Bavo 1412, Cire de Mairet, Grab-
stein in St. Alpin in Chälons sur Marne 1419)3).
3) Vgl. hierzu meine Doktordissertation: Die französisch-
niederländische Männertracht einschliefslich der Ritterrüstung
im Zeitalter der Spätgotik 1380—1475. Halle 1910.
 
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