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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 7.1915-1917

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10./11. Heft
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Lauffer, Otto: Die Nahkampfmittel des 18. Jahrhunderts als Vorläufer heutiger Kampfesweise
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https://doi.org/10.11588/diglit.39949#0339

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318

DIE NAHKAMPFMITTEL DES 18. JAHRHUNDERTS

VII. BAND

Die N ah kam pf mittel des 18. Jahrhunderts als Vorläufer
heutiger Kampfesweise
Von Otto Lauffer

Es ist jedermann bekannt, dafs die Kampf-
formen des heute noch tobenden Welt-
krieges, soweit es sich dabei um den Stel-
lungskrieg handelt, bei Freund und Feind eine
Entwicklung genommen haben, die man vor dem
Kriege im allgemeinen kaum für möglich ge-
halten hätte.
Wie kurze Zeit ist es doch erst her, dafs selbst
Berufssoldaten es mit guten Gründen bezweifelten,
dafs es bei der gesteigerten Wirkungsfähigkeit
unserer Feuerwaffen, bei der Durchschlagskraft
unserer Geschosse und bei der gewaltigen Spreng-
wirkung unserer Artilleriemunition überhaupt noch
zu länger dauernden Nahkämpfen kommen könnte.
Und doch hat der Krieg, allen Erwartungen zum
Trotz, einen Verlauf genommen, der nicht nur
Tage und Wochen, sondern Monate und Jahre
lang im Stellungskampfe die beiderseitigen Linien
oft bis auf wenige Meter einander genähert und
in diesen Stellungen festgelegt hat.
Die so geschaffene neue Kampfesweise, der
Stellungskrieg, konnte mit den alten Kampfes-
mitteln allein schon bald nicht mehr auskommen.
Neue Ansprüche haben auch neue Ergebnisse
gezeitigt, und so lesen wir in allen Kriegsberichten
von gewaltigen Erdarbeiten, von Leuchtkugeln
und Nebelminen, von Handgranaten, Gasflaschen
und Flammenwerfern, lauter Dingen, deren Ver-
wendung während der letzten drei Kriegsjahre
zum Teil erst voll entwickelt, zum Teil erst ganz
neu eingeführt worden ist.
Wohl handelt es sich bei alledem um durchaus
neue Gebilde, die, so wie sie heute zur Verwen-
dung kommen, nur auf der Grundlage moderner
Technik entstehen und ausgebaut werden konnten.
Aber doch würde der Weise auch hier nicht ganz
im Unrecht sein, wenn er sagen wollte, dafs alles
schon dagewesen sei.
Auch die Nahkampfmittel unserer Zeit, so
sehr sie aus g-anz modernen Kriegsansprüchen

hervorgegangen sind, haben ihre Vorläufer. Das
18. Jahrhundert hat bereits, wenn auch einfachere,
so doch sehr ähnliche Formen gekannt, und es
lohnt sich heute wohl um so mehr, auf diese älteren
Nahkampfmittel hinzuweisen, als die Erinnerung
an sie, eben weil sie so vollständig überwunden
schienen, in weiten Kreisen fast ganz verloren
gegangen und selbst bei vielen Forschern der
Waffenkunde und der Kriegsgeschichte nur in
ziemlich dunklen Vorstellungen erhalten geblie-
ben war.
Bei diesem kurzen Hinweis stützen wir uns
vor allen Dingen auf Joh. Karl Gottfr. Jacobssons
technologisches Wörterbuch, das in den Jahren
1781 bis 1784 nach des Verfassers Tode in vier
starken Bänden herausgegeben und dann von
1793 bis 1795 von Gottfr. Erich Rosenthal durch
vier reichlich ebenso starke Ergänzungsbände
fortgesetzt ist. Daneben werden wir in einigen
Fällen auch eine kleinere technologische Samm-
lung zur Erklärung heranziehen, die von einem
ungenannten Verfasser im Jahre 1760 unter dem
Titel „Neu eröffnete Voraths-Kammer allerhand
rarer und nützlicher auch lustiger Kunst-Stücke,
Experimenten und schönen Wissenschaften“ zu
Frankfurt und Leipzig erschienen ist.
Das Eingraben in den Boden wurde, wenig-
stens überall da, wo man sich ohne eigene Gefahr
den feindlichen Stellungen, besonders einer Festung
nähern wollte, schon im 18. Jahrhundert in grofsem
Umfange und mit Erfolg geübt. Dabei wurden
die Laufgräben bis zu Mannestiefe ausgehoben,
und man verlangte, dafs sie 10 bis 12 Fufs breit
seien, damit nicht nur mehrere Mann nebeneinander
darin vorwärts gehen, sondern sogar auch Feld-
geschütze in ihnen herangebracht werden könnten.
Wo in morastigen Gegenden oder auf steinigen
Boden das Eingraben nicht möglich war, da legte
man mit Hilfe von Schanzkörben, Sandsäcken und
Blendungen sogenannte erhöhte Laufgräben an.
 
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