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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 7.1915-1917

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6./7. Heft
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Wagner, Ernst: Alemannischer Waffenfund
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Schwietering, Julius: Griffel und Dolch
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https://doi.org/10.11588/diglit.39949#0206

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E. WAGNER, ALEMANNISCHER WAFFENFUND

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6./7. HEFT
ein mächtiger 13 cm langer, über und über mit
Silbertauschierung gezierter einziger Eisensporn
(Abb. 3). Bemerkenswert an demselben erschie-
nen besonders zwei kreisförmige Erweiterungen
an beiden Stangen, von denen die eine in Silber-
tauschierung das Hackenkreuz, die Suastica, das
heidnische Sonnenbild, die andere das christliche
Kreuz trug. Daneben lag auch noch eine kleine
Eisenschnalle vom zugehörigen Riemenwerk.
Den Platz zu Füfsen des Skeletts endlich
nahmen reiche Reste des Zaumzeugs eines
Pferdes ein, dessen Schädel indessen nicht mit
begraben war. Das gröfste Stück war eine Eisen-
trense mit reicher Silbertauschierung (Abb. 4).
In Ringen spielende rechteckige Spangen a hatten
den Leitriemen gedient, eiserne Klammern b hiel-
ten ebenfalls Riemen fest, die äufseren Trensen-
stangen c d, selbst mit silbertauschierter Zier, en-
digten oben in abgerundeten Platten c mit feinen
Silberornament und unten mit verzierten Bronze-
knöpfen d. Zwei prächtige Rosetten (Abb. 5 a).

Eisen mit Silbertauschierung orientalischer Art
und vergoldeten Nagelköpfen (Durchm. 5,8 cm),
hatten beiderseits am Kopfstück das Stirnband
festgehalten; daran schlossen sich als weitere
Zierstücke zwei gleiche unten abgerundete Eisen-
plättchen b (Länge 4,4 cm), vier weitere c, ein
rechteckiges Plättchen e (Länge 2,6 cm) mit hinten
angefügter kleinerBronzelamelle undeinige weitere
Stückchen an. Über die chronologische Fest-
setzung des Betriebs unseres Gräberfelds gibt die
Münze Justinus II. genügenden Aufschlufs; da-
nach wird für denselben etwa die zweite Hälfte
des 6. Jahrhundert n. Chr. anzusetzen sein. Die
Christianisierung der Alemannen am Oberrhein
vollzog sich allerdings erst im 7. Jahrhundert.
Das Christentum mufs aber doch schon früher
unter dem Einflufs der keltischen Mönche wenig-
stens bei den vornehmen Führern Eingang' ge-
funden haben. Damit erklärt sich das in unserm
Grab zutage getretene christliche Symbol neben
dem aus der heidnischen Zeit.

Griffel und Dolch
Von J. Schwietering

Die aus Bein oder Metall gefertigten antiken
Griffel, die in grofser Zahl auf uns g ekommen
sind, haben die Form eines Pfriemens von
rundem oder polygonalem (Abb. 2d) Durchschnitt1).
Durch die doppelte Aufgabe dieser Griffel — Buch-
staben einzuritzen und das beschriebene Wachs zu
glätten — sind beide Griffelenden ihrer Form nach
bestimmt. Die der Schreibspitze entgegengesetzte
Griffelseite, die als Glätter dient, ist häufig kegel-
(Abb. ia) bezw. kugelartig (s. z. B. Charles Roach
Smith, Illustrations of Roman London Taf. 35, 18)
gerundet oder aber schaufei- (Abb. ib u. c) bezw.
halbkreisförmig (Abb. 1 d) erweitert. Das Glätt-
schäufelchen ist bald lang gestreckt und seitlich
eingezogen (Abb. ie u. f), bald stark zusammen-
geschrumpft (Abb. 2 a). Die seitlichen Einbuch-
tungen können so stark sein, dafs von der Breite
des Schäufelchens nur ein schmaler Streifen zurück-
bleibt (Abb. 2 b), der dem als Querstange gebil-
deten Glätter von rundem (Abb. 2 c) oder polygo-

*) Den Verwaltungen des Antiquariums und der Ägypt.
Abteilung, Berlin; des Röm. Germ. Zentralmuseums, Mainz;
des Hessischen Landesmuseums, Darmstadt; der Univer-
sitätsbibliothek, Heidelberg; der Nassauischen Landes-
bibliothek, Wiesbaden und des Zeughauses, Berlin habe ich
auch an dieser Stelle für photographische Aufnahmen zu-
danken.

nalem (Abb. 2 d) Durchschnitt überaus nahe kommt
(vgl. Lindenschmit, Altertümer unserer heidni-
schen Vorzeit V 3031!. u.Taf. 53).
Der bis in das späte Mittelalter hineinreichende
Brauch von Wachsschreibtafeln hat diese von der
Antike ererbten Griffelformen als zweckmäfsig
unverändert beibehalten. Aufser figürlichem Ab-
schlufs finden sich vor allem schaufelförmige Glätter.
Im Kloster Lorsch wurden karolingische Metall-
griffel mit Schäufelchen ausgegraben (Abb. 3).
Dieselbe Griffelform zeigt die Darstellung des Mar-
tyriums Cassians in der Berner Prudentiushs.
(Stadtbibliothek, Ms Nr. 264) aus der Mitte des
10. Jahrhunderts (Abb. 9)2) sowie das Zacharias-
bild des etwa gleichzeitigen Benediktionales
Aethelwolds (Abb. 4). In der zweiten Hälfte des
12. Jahrhunderts scheinen mit Querstangen ver-
sehene Griffel bevorzugt. An die Übergangsform,
wie sie Abb. 2 b zeigt, erinnern die stili des Zacharias
und der Rhetorik im Hortus deliciarum (Abb. 5
u. 6), während das fast gleichzeitige Bild der hl.
Hildegard im illuminierten Wiesbadener Hildegard-
kodex (Laudesbibliothek, Hs. Nr. 1) eine ausge-
prägte Querstange erkennen läfst (Abb. 7). Auf
dem Hildegardbild der um 1200 zu datierenden
2) Vgl. auch die Elfenbeintafel vom Einband des Haymo-
evangeliars im Halberstädter Domschatz u. a. m.
 
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