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J. SCHWIETERING, GRIFFEL UND DOLCH
VII. BAND
Heidelberger Hs. desLiber Scivias—Cod.Sal.Xi6—> alter bezeugt. Aus Furcht vor der Stiluswaffe
das trotz aller Anlehnung an Herrads Rhetorik3) liefs der mifstrauische Kaiser Claudius den Be-
in der Wiedergabe des stilus durchaus selbständig gleitern und Schreibern der zur Audienz Zugelas-
ist, sind die Enden der Querstange nach unten um- senen ihre Schreibrohr- und Griffelbüchsen —
gebogen (Abb. 8). calamariae et graphiariae thecae — abnehmen (Sue-
Abb. i. a) Etruskischer Bronzegriffel, 5. Jahrhundert v. Chr. (Berlin, Königl. Museen, Antiquarium);
b) u. c) Römische Bronzegriffel (Mainz, Röm. Germ. Zentralmuseum); d) u. e) Römischer Eisen- und
Bronzegriffel (ebendort); f) Antiker Eisengriffel (Berlin, Königl. Museen, Ägyptische Abteilung).
Wirkliche Gröfse.
Wie nun dieser Schreibgriffel gelegentlich zur
gefährlichen Waffe werden und an die Stelle des
Dolches treten konnte (s. Saglio, Dictionnaire des
antiquites grecques et romains IV 2, 1510), ist uns
ebenso wie für die Antike auch für das Mittel-
3) Auf die Beziehungen zum Hortus deliciarum wird
auch in Polaczeks Abhandlung über die Miniaturen des
Jenenser Cod. Bos. q. 6 (Regesten der Bischöfe von Strafs-
burg I 1, 208) kurz hingewiesen.
tonius, Claudius c. 35, 2). Und als Casca seinen
Dolch gegen Cäsar zückt, durchsticht seinen Arm
der stilus seines wehrlosen Opfers: Suetonius, Julius
Caesar c. 82, 2 Caesar Cascae brachium arreptum
graphio traiecit —. Von einer ähnlichen Griffel-
wunde erzählt etwa iooojahre später der St.Galler
Chronist Ekkehard IV.4), von einem Griffeldieb,
4) Die Belege finden sich z.T. bei Wattenbach, Schrift-
wesen3 S. 220ff.
J. SCHWIETERING, GRIFFEL UND DOLCH
VII. BAND
Heidelberger Hs. desLiber Scivias—Cod.Sal.Xi6—> alter bezeugt. Aus Furcht vor der Stiluswaffe
das trotz aller Anlehnung an Herrads Rhetorik3) liefs der mifstrauische Kaiser Claudius den Be-
in der Wiedergabe des stilus durchaus selbständig gleitern und Schreibern der zur Audienz Zugelas-
ist, sind die Enden der Querstange nach unten um- senen ihre Schreibrohr- und Griffelbüchsen —
gebogen (Abb. 8). calamariae et graphiariae thecae — abnehmen (Sue-
Abb. i. a) Etruskischer Bronzegriffel, 5. Jahrhundert v. Chr. (Berlin, Königl. Museen, Antiquarium);
b) u. c) Römische Bronzegriffel (Mainz, Röm. Germ. Zentralmuseum); d) u. e) Römischer Eisen- und
Bronzegriffel (ebendort); f) Antiker Eisengriffel (Berlin, Königl. Museen, Ägyptische Abteilung).
Wirkliche Gröfse.
Wie nun dieser Schreibgriffel gelegentlich zur
gefährlichen Waffe werden und an die Stelle des
Dolches treten konnte (s. Saglio, Dictionnaire des
antiquites grecques et romains IV 2, 1510), ist uns
ebenso wie für die Antike auch für das Mittel-
3) Auf die Beziehungen zum Hortus deliciarum wird
auch in Polaczeks Abhandlung über die Miniaturen des
Jenenser Cod. Bos. q. 6 (Regesten der Bischöfe von Strafs-
burg I 1, 208) kurz hingewiesen.
tonius, Claudius c. 35, 2). Und als Casca seinen
Dolch gegen Cäsar zückt, durchsticht seinen Arm
der stilus seines wehrlosen Opfers: Suetonius, Julius
Caesar c. 82, 2 Caesar Cascae brachium arreptum
graphio traiecit —. Von einer ähnlichen Griffel-
wunde erzählt etwa iooojahre später der St.Galler
Chronist Ekkehard IV.4), von einem Griffeldieb,
4) Die Belege finden sich z.T. bei Wattenbach, Schrift-
wesen3 S. 220ff.