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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 7.1915-1917

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9. Heft
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Fachnotizen / Vereinsnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.39949#0283

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262

FACHNOTIZEN

VII. BAND

FACHNOTIZEN
1
H--------J

Zur Frage der Stielscheibe an Helmen. In
Bd.V unserer Zeitschrift S. i68f. ist der Zweck der
Stielscheiben an spätmittelalterlichen Helmen er-
örtert worden, ohne eine befriedigende Lösung zu
linden. Ich möchte in nachstehendem weiteres
Material für die Erklärung von Viollet-le-Duc bei-
bringen: „La rondelle servait de petite targe pour
preserver des coups de revers.“ Für die Träger
der geschlossenen Helme vom Ende des 15. Jahr-
hundertsallerdings, auf welcheViollet-le-Duc diesen
Satz anwendet, konnten die Stielscheiben einen
besonderen Schutz gegen Hiebe von rückwärts
nicht bieten, wenn ein fester Rückenpanzer oder
ein Harnischkragen aus Platten nach oben bis an
den unteren Helmrand heranreichte. Sehen wir


oben bis an den unteren Plelmrand stofsen liefs,
so ist zu antworten, dafs die auf dem gedachten
Turnierteppich dargestellte Ausrüstung dem Ritter
zweifellos eine gröfsere Bewegungsfreiheit bot, die
wohl von vielen bevorzugt wurde. Nachdem dann
aber die gröfsere Sicherheit eben jenes Plinauf-
schieben bis an den Helm hatte allgemein werden
lassen, behielt man die zwecklos gewordene Stiel-
scheibe wie so manches andere bei; z. B. wurde
auch der Schild noch lange getragen, nachdem
der vollständige Plattenharnisch ihn überflüssig
gemacht hatte. Ebenso sehen wir an der heuti-
gen Herrenkleidung verschiedentlich Knöpfe nur
noch als Zierat an Stellen, wo sie ursprünglich
dem wirklichen Gebrauch des Zuknöpfens dienten.
Einen weiteren Beleg für die Richtigkeit meiner
obigen Ausführung finden wir in der Breslauer
Froissard Handschrift2), welche 1468 beendet wor-
den ist, deren Darstellungen also älter sind als die



aber die Ritter auf dem Turnierteppich vonValen-
ciennes an, so finden wir den oberen Teil wie der
Brust so auch des Rückens lediglich mit Ringel-
panzer bedeckt, der eines weiteren Schutzes sehr
wohl bedurfte. Diesem Schutze nun dienten so-
wohl die Stielscheibe als auch die herabhängenden
Metallplatten1). Letztere schützten vor Hieben,
welche den oberen Rückenteil unmittelbar trafen,
während erstere gewissermafsen als Klingenfänger
für Schwerthiebe diente, welche seitlich den hin-
teren Plelmteil trafen und ohne die Stielscheibe
an dem Helm herabgleitend auf das weniger wider-
standsfähige Ringgeflecht des oberen Rückens
gelangt wären. Wenn man fragt, weshalb man
denn nicht durchweg den festen Plattenpanzer
J) Wenn Seite 169 gesagt wird, dafs solche herabhän-
gende Platten anderweits nicht zu entdecken seien, so
möchte ich auf den Helm H 3 des Pariser Artillerie-Mu-
seums aufmerksam machen, u. a. abgebildet bei Demmin
S. 503, Fig. 20. Hier hängt als Nackenschutz auch (aller-
dings nur) eine solche schmale bewegliche Metallplatte herab.

gedachten geschlossenen Helme. Die für Anton
von Burgund (*1421-1-1504) gefertigte Handschrift
ist mit vielen Miniaturen geschmückt. Diese sind
sehr sorgfältig ausg'eführt und lassen die Einzel-
heiten der Bewaffnung genau erkennen. Besonders
bemerkenswert sind die vielen verschiedenen Helme.
Wir sehen da Eisenhüte mit runder und spitzer
Glocke, z.T. mit zwei Sehschlitzen (Abb. c) sowie
Beckenhauben mit und ohne Visier (sogen. Hunds-
gugeln, wie sie noch bei Dürer vielfach Vorkom-
men). ln einem Falle hat der Ritter über die
Beckenhaube eine Mütze gestülpt, die augenschein-
lich aus flockigem Wollstoff gefertigt ist (Abb. g),
Weiter erscheinen Schallern verschiedener Form,
auch italienische. Eine einfache Schale (Abb.b)
hat hinten mittels einer deutlich sichtbaren Niete
einen schmalen geschobenen Nackenschutz ange-
nietet. .Solchem Nackenschutz begegnen wir dann
2) Herausgegeben von Arthur Lindner, Berlin 1912, mit
Textabbildungen und 50 Tafeln.
 
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