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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 7.1915-1917

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8. Heft
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Fachnotizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.39949#0249

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FACHNOTIZEN

228

VII. BAND

« —
FACHNOTIZEN
— *

Zwei Kriegerfiguren des 15. Jahrhunderts.
Das Schlesische Museum für Kunstgewerbe und
Altertümer besitzt eine ansehnliche Waffensamm-
lung, über welche ich ein anderes Mal zu berichten
gedenke. Heute möchte ich die Aufmerksamkeit
auf zwei in dem Saale für kirchliche Altertümer
aufgestellte Figuren lenken, da sie für die Waffen-
kunde manches Interessante bieten. Sie gehören
einer Kreuztragungsgruppe an, deren sämtliche
Figuren in fast Lebensgröfse vollrund geschnitzt
sind. Die Mitte nimmt der unter dem Kreuze zu-
sammengebrochene Christus ein. Rückwärts von
ihm steht ein ungerüsteter Knecht mit erhobenen
Armen; er hielt wohl ehemals einen Strick, an
dem er den Heiland wieder emporreifsen wollte.
Es folgt die heilige Veronika mit dem Schweifs-
tuch, dann Maria und Johannes, endlich ein Jude
als Andeutung des Volkes. Allen voran schreiten
die beiden Schächer, an Stricken von zwei Kriegs-
knechten geführt. Letztere sind es, die ich mit
Genehmigung der Museumsleitung1) besprechen
möchte:
Wie die ganze Gruppe, so sind auch diese zwei
Figuren sehr gut gearbeitet, alle Einzelheiten der
Gewandung und Bewaffnung sind getreu darge-
stellt, sogar die Löcher in den zerrissenen Hosen
und Stiefeln, wodurch die Gestalten zugleich als
hergelaufene Kriegsknechte gekennzeichnet wer-
den. Den zerrissenen Kleidern entspricht die teil-
weise recht mangelhafte Ausstattung mit Schutz-
waffen (Angriffswaffen fehlen vollkommen); es soll
wohl der Eindruck erweckt werden, als ob die
Leute ihre Waffenstücke hier und da zusammen-
gelesen haben. Zum Beispiel überliefs man den
fahrenden Leuten, was bei Turnieren an Waffen
usw. auf dem Felde liegen blieb2).
Für uns ist diese genaue Darstellung sehr
wertvoll. Offenbar hat der Holzschnitzer bei seiner
Arbeit sich wirkliche Originalwaffen zum Muster
genommen. Die Figuren haben alte, aber doch
nicht mehr die ursprüngliche Bemalung.
Der eine, etwas besser gerüstete Krieger trägt
als Helm eine sog. Hundsgugel3), der andere einen
') Hierfür sowie für die Erlaubnis zu den photographi-
schen Aufnahmen, nach welchen die dem Aufsatze beige-
gebenen Abbildungen gefertigt sind, sage ich auch an
dieser Stelle meinen ergebensten Dank. Die Gruppe steht
auf einem hohen Sims, von welchem Herr Professor Dr.
Buchwald die zwei Figuren eigens zum Zwecke dieser Auf-
nahmen gtitigst herabholen liels.
2) Alwin Schultz: Das höfische Leben II S. 121.
3) Heute versteht man unter Hundsgugel allgemein die
Beckenhaube mit Schnauzenvisier. Ich habe aber bereits


Abb. 1 Abb. 2

EisenhutfAbb. 1, 2, 4). Die Hundsgugel istjetztgrau
mit goldenem Rande bemalt, unter dem Grau tritt
aber an einzelnen Stellen das alte Silber hervor.
Die Form ist die der späteren grofsen Beckenhaube

in Bd. II S. 174 unserer Ztsch. darauf hingewiesen, dafs
Köhler III, i S. 67 darunter die Ringelkapuze versteht, und
wohl mit Recht; denn die Gugel ist zunächst ein Kleidungs-
stück, wie sie unser erster Krieger unter dem Helm trägt,
sie deckte auch die Schulter. Dann wurde diese Gugel
auch aus Ringgeflecht hergestellt, und auf solche Gugeln
bezieht sich offenbar die Bezeichnung Hundsgugeln in den
alten Quellen. Wenn zum Beispiel nach dem Trefslerbuch
des Deutschen Ordens (vgl. Bd. I S. 196 unserer Ztschr.)
Hundskogeln und Schurze immer gemeinschaftlich gekauft
und mit gleichen Preisen, das Stück mit 3 Firdung, bezahlt
werden, spricht das offenbar dafür, dafs beides gleiche Arbeit,
nämlich aus Ringgeflecht, war, wie man es bei dem„Brünnen-
rnacher“ kaufte. In anderen Quellen des 15.Jahrhunderts wer-
den als Bewaffnung zuweilen Hundsgugel nebst Eisenhut für
denselben Mann gefordert, hier kann erstere eben auch nur
die Ringelkapuze bedeuten. Vgl Baltzer, Zur Geschichte
des Danziger Kriegswesens im 14. und 15. Jahrhundert S. 14
(Programm des Kgl. Gynm. zu Danzig, Ostern 1893). Wann
zuerst die Bezeichnung Hundsgugel auch auf die Becken-
haube mit Schnauzenvisier angewendet worden ist, ist mir
unbekannt. Einigermaisen gerechtfertigt wäre diese An-
wendung doch nur dann, wenn diese Beckenhaube mit
einem die Schulter deckenden Ringgeflecht versehen ist,
wie z. B. Bd. III S. 38 unserer Ztschr , oder wenn wie Bd.\
S 70 das Geflecht durch eine oder mehrere getriebene, mit
der Beckenhaube fest zusammenhängende Platten ersetzt
ist. ln diesen Fällen ist das Charakteristische einer Gugel
immerhin vorhanden.
 
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