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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 7.1915-1917

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10./11. Heft
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Fachnotizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.39949#0342

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10./11. HEFT

FACHNOTIZEN

321

FACHNOTIZEN

Ein Panzerstecher aus dem Zürichsee. Der
hier abgebildete Dolch, ein Panzerstecher, wurde
bei der im Sommer 1916 vom schweizerischen
Landesmuseum unternommenen Ausbaggerung
eines Pfahlbaus beim Alpenquai zu Zürich ge-
funden.
Als das Stück dem Wasser enthoben wurde,
war der ganze Griff zu einer unförmlichen Masse
zusammengerostet; nachdem jedoch diese Kalk-
sintermassen beseitigt waren, kamen die noch


Panzerstecher mit Besteck im Grift
aus dem Zürichsee, is.Jahrh. Mitte.
erhalten gebliebenen Eisenreste zum Vorschein,
von dem ursprünglichen Holzgriff aber fand sich
keine Spur mehr. Der Griff, wie er sich nach der
Wiederherstellung darbietet, zeigt als Knauf eine
runde Platte, darunter befindet sich eine zweite
Platte mit einer Wulstrandeinfassung und vier
rechteckigen Löchern darin. An diese Knauf-
platte ist eine hohle Röhre mit linkem Gewind
im Innern angenietet, an der oberen Rundplatte
befindet sich ein kleiner Stift, der das Heraus-
heben von der unteren Platte, in die sie genau
pafst, erlaubt. Dieses Schraubengewinde an der
unteren Platte greift in ein solches am Ende der

Angel der Klinge ein, sodafs sich also der Knauf
von der übrigens sehr dünnen Angel losschrau-
ben läfst. Die Angel war unten bei der Klinge
abgebrochen und wurde dann leicht angelötet,
damit man die ursprüngliche Zusammengehörig-
keit der beiden Teile sehen konnte. Der Abschlufs
nach der Klinge erfolgt durch eine kleine Parier-
platte, deren Mitte der Ausschnitt für die Klinge
bildet. Ihre Enden sind dreieckig abgerundet
und die Mitte halbrund herausgebogen, vier kleine
Nagelstiften dienten zur Befestigung am Griffholz.
In die vier Löcher an der Knaufplatte wurden
nun vier Instrumente in das nicht mehr vorhan-
dene Griffholz gesteckt. Wie diese dann zum
Griff in Beziehung standen, läfst sich nicht mehr
genau ermitteln, da keine Spuren des Holzes
mehr vorhanden sind. Der Griff teilte sich beim
Auseinanderschrauben jedenfalls in der Mitte,
sodafs die obere Platte herausgehoben und die
Instrumente, welche wahrscheinlich in einer Rinne
des Griffholzes steckten und zum Teil darin ver-
schwanden, herausgezogen werden konnten. Die
vier Stücke passen genau in die Öffnungen und
safsen im Griff fest, sobald dieser zugeschraubt
wurde. Sie bestehen aus einer Ahle mit einer
breiten Angel für die Griffschalen, welche nach
Art ähnlicher Bestecke aus Horn gefertigt waren,
oben ist eine rechteckige Knaufplatte angepafst.
Die Angel geht als rundes Stängchen in die grat-
förmige Spitze über, darin ist eine rechteckige
Öffnung ausgefpart, damit die Ahle auch zum
Nähen gebraucht werden konnte. Mit dem gleichen
Griff ist die Feile versehen, deren Eisen zugleich
als Holzraspel und Eisenfeile verwendbar ist.
Das nächste Instrument mit derselben Griffein-
richtung ist eine zweizinkige Gabel: ihr runder
Stiel geht in scharfem Absatz in die zwei Zinken
über, von denen eine zum Teil abgebrochen ist.
Die gerade Dolchklinge selbst ist gemäfs
ihrer Verwendung als Panzerstecher sehr kunst-
voll geschmiedet; die Schneide ist auf der Vor-
derseite teilweise beschädigt. Oben am An-
satz zeigt sie einen dreieckigen Durchschnitt
und einen dachförmigen Rücken; die eine Seite
dieses Rückens links geht dann aber in den
schrägen Rücken über, sodafs zunächst eine ab-
geschrägte Dreikantklinge entsteht. Die eine
Seite der Klinge bleibt somit vom Ansatz an
flach und dieser Teil bildet zugleich eine Messer-
klinge. Im letzten Drittel der Klinge setzt sie
sich ab, sodafs eine verstärkte Vierkantstofsspitze
entsteht. Auf der flachen Seite befindet sich
eine stark zerfressene Meistermarke; es scheint
ein Schild mit drei Längsbalken zu sein. Der
Dolch ist zeitlich der Mitte des 15. Jahrhunderts
zuzuschreiben.
 
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