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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 7.1915-1917

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1. Heft
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Post, Paul: Zeughaus-Erwerbungen seit 1912: (alte Waffen)
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Schultze, Johannes: Verteilung von Waffen unter die Untertanen des Stifts Fulda 1619/1620
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https://doi.org/10.11588/diglit.39949#0038

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22

DR. POST, ZEUGHAUS-ERWERBUNGEN SEIT 1912

VII. BAND

In der fast lückenlosen Entwicklungsreihe der
Schutzbewaffnung- fehlte dem Zeughaus bisher
zwischen den schweren Harnischen des 17. Jahr-
hunderts und der reichen Uniformsammlung des
18. Jahrhunderts fast ganz das vermittelnde Glied
der Ausrüstung eines Leichtbewaffneten. Hier
konnte in jüngster Zeit in unerwartet glücklicher
Form Abhilfe getroffen werden. Aus Berliner
Privatbesitz wurde eine guterhaltene oberbay-
rische Schützentracht (Inv.-Nr. 13, 57, 13, 58),
bestehend aus Wams und Hose erworben. Das
kostümgeschichtlich höchst interessante Stück ist
von grünem Tuch mit Bandbesatz von hellgrüner
Seide. Der ganze Schnitt, der noch von der spa-
nischen Tracht her hohe, aufgerichtete, doch schon
vorne geöffnete Kragen, die leicht geschwellten
(angehakten!) Pumphosen deuten auf die Zeit um

1600. Unter den verschnürten Schlitzen sind noch
Reste der hellgrünen Verblendung vorhanden.
Fraglich ist nur die ursprüngliche Zugehörigkeit
der Ärmel, die vielleicht ganz fehlten, um die far-
bigen Ärmel einer bunten Weste darunter zur
Geltung zu bringen. Die blanken Knöpfe am
Wams sind neueren Datums. Die ursprüngliche
Gestalt zeigen die alten eichelförmigen, mit grüner
Seide übersponnenen Knöpfe der Hose. Der Rock
konnte bei seiner Aufstellung aus Beständen des
Zeughauses mit Patronenbandelier, Pulverflasche,
Kugelbüchse, Muskete und Gewehrgabel in der
Weise ausgestattet werden, wie es die Abbildung
(Abb. 10 s. S. 21) zeigt. So wird dem Besucher des
Zeughauses eine lebendige Vorstellung von dem
Aussehen eines Musketiers jener Zeit vermittelt, wie
sie uns aus den Gheynschen Stichen geläufig sind.

Verteilung von Waffen unter die Untertanen des Stifts Fulda
1619/1620
Von Dr. Joh. Schultze

1618 war der Aufstand in Böhmen ausge-
brochen, Februar 1619 starb Kaiser Matthias, und
der Kandidat für die bevorstehende Kaiserwahl
war Ferdinand, der Jesuitenzögling und ausge-
sprochene Anhänger einer gewaltsamen katholi-
schen Reaktion. Das waren Momente, welche
Deutschland bei den schon aufs äufserste ge-
spannten konfessionellen Gegensätzen in einen
Zustand trieben, aus dem ein Ausgleich auf fried-
lichem Wege nicht mehr herausführen konnte.
Schreckliche Zeichen waren zu Beginn des Jahres
1619 beobachtet worden, und überall g-ährte es
im Lande, insbesondere in den katholischen Ge-
bieten und in den zur Union gehörigen Landen.
Als die Wahlverhandlung im Sommer 1619 in
Frankfurt ihren Anfang nahm, herrschte in den
umliegenden Territorien nichts weniger als Ruhe.
In Niederdeutschland sammelte sich ein Heer für
Ferdinand, die benachbarten geistlichen Fürsten-
tümer betrieben eifrig militärische Rüstungen und
auch Hessen hielt Truppen in Bereitschaft.
Wie weit damals im Sommer 1619 die kriege-
rischen Vorkehrungen in einem zunächst wenig
beteiligten geistlichen Gebiete, dem Stifte Fulda,
schon im Gange waren, zeigt uns die nachstehende
Aufzeichnung über die Verteilung von Waffen im
Stifte Fulda, aus der wir von einer Bewaffnung
der Amtsuntertanen und Bildung einer Landmiliz

erfahren. Der Vorgang erscheint wie eine Vor-
bereitung für eine Zeit allgemeinen Aufruhrs.
Abgesehen von der Bedeutung für die poli-
tische Lage ist die Aufzeichnung aber in erster
Linie interessant für die Geschichte des Waffen-
handels. Wir erfahren daraus die damaligen
Preise von Lanzen, Musketen, Trommeln, Fahnen,
Uniformstücken u. a. Die Lieferanten der Waffen
sind Händler aus Suhl, dem noch heute durch
seine Gewehrfabrikation weit bekannten Orte.
I. Rechnung in des Stifts Ämpter ausgetheilter
Waffen und zu Bezahlunge deren von denen Be-
ampten gelieferter Gelterer. Anno 1619 und 1620 Ä
Ein nahm geld.
60 fl liefert Hans Rodt, Schultheifs zu Saltz-
schlierf, vor 20 Musqueten, jede deren zu 3 fl,
den 20. Aug. 1619.
5 fl domahls Schultheifs zu Hosenfeld Georg-
Becker vor eine Trommel.
9 In 2 Exemplaren im Staatsarchiv Marburg, Rech-
nungen des Stiftes Fulda. Diese Rechnung ist eine Spezial-
rechnung neben der Küchenmeistereirechnung des Stifts
von 1620, sie ist von der gleichen Hand, die die Küchen-
meistereirechnung von 1620 schrieb. Am Schlufs dieser
Küchenmeistereirechnung wird die Waffenrechnung auch
mit unter den Partikularrechnungen, für welche der Abt
mit Entlastung erteilt, aufgeführt.
 
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