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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 7.1915-1917

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4. Heft
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Erben, Wilhelm: Beiträge zur Geschichte des Geschützwesens im Mittelalter, [1]
DOI Artikel:
Forrer, Robert: Die eiserne Hand von Balbronn (Elsaß)
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https://doi.org/10.11588/diglit.39949#0122

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102 WILHELM ERBEN, BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DES GESCHÜTZWESENS VII. BAND

art anstatt der unzureichenden erzählenden Quellen
technische Schriften heranziehen liefsen, die von dem
Aussehen der Kriegsgeräte genauere Vorstellungen
bieten. Es ist sehr bedauerlich, dafs, wie schon oben
festgestellt wurde, Ägidius Colonna und Marino Sa-
nuto hier versagen, indem sie den mit Menschenkraft
gehandhabten Wurfgeschützen keine genügende
Aufmerksamkeit schenken. Vielleicht dürfen wir
darin ein Anzeichen für die wachsende Bevorzugung
der durch Gegengewicht betriebenen Wurfmaschi-
a--

nen erblicken, keinesfalls vermögen die theoreti-
schen Ausführungen und Ratschläge dieser beiden
das Zeugnis der Bilder, von denen hier ausgegangen
wurde, abzuschwächen. So gilt es für den, welcher
den geschichtlichen Zusammenhang herzustellen
strebt, in Geschichtsabschnitten, die von der Zeit des
Petrus von Ebulo weiter abstehen, aber an techni-
schen Aufklärungen reicher sind als diese, nach dem
Vorhandensein des durch seine Zeichnungen be-
zeugten artilleristischen Gedankens zu suchen.
(Fortsetzung folgt)
_■

Die eiserne Hand von Baibronn (Elsafs)
Von R. Forrer

Mehr als im übrigen Deutschland macht sich
der Krieg natürlich im Reichsland Elsafs-
Lothringen und, aufser den Grenzgebieten,
speziell bei uns in der Festung Strafsburg be-
merkbar. Von den Vogesen her tönt hin und
wieder starker Kanonendonner; fremde Flieger
melden sich durch Bombenwürfe oder das Feuer
der Abwehrkanonen berichtet von ihrer Nähe.
Die nächtlichen Scheinwerfer, die verdunkelten
Strafsen und Bahnhöfe, die Schutzleute mit Re-
volver und die vielen Landwehrwachen, die durch-
ziehenden Truppen und Gefangenentransporte, die
Militär- und Verwundeten automobile, die vielen
Lazarette mit dem Roten Kreuz, die die Sonne
suchenden Soldatenrekonvaleszenten — all das und
viel andere Erscheinungen mehr geben der Stadt
ihren Kriegscharakter.
Auch das Gebiet der Altertumskunde spürt
hier den Krieg mehr als dies in den übrig-en Städten
Deutschlands der Fall ist. Die Strafsburger Ge-
mäldegalerie sollte kurz vor dem Krieg neu ge-
ordnet eröffnet werden; angesichts der Flieger-
gefahr wurden die Gemälde wieder eingepackt
und in sichere Gewölbe gebracht. Auch im Kunst-
gewerbemuseum wurden die wichtigsten und zer-
brechlichsten Dinge eingepackt und magaziniert.
Die Räume im alten Rohanschlofs, wo die mittel-
alterlichen Gegenstände ausgestellt waren, wurden
geleert und dienen jetzt als Mehlmagazine. Die
Untergeschofsräume, in denen die römischen Stein-
denkmäler Aufstellung finden sollten, sahen sich
plötzlich in eine militärische Fleischpökelei ver-
wandelt. Auch das Elsässische Museum, in dem
wir die Altertümer zur elsässischen Volkskunde
vereinigt haben, ist geschlossen und teilweise ver-
packt — wenige Schritte davon hat, wie dies die
Zeitungen s. Z. meldeten, vor einiger Zeit eine
Fliegerbombe nicht geringen Schaden angerichtet;
hätte sie das Museum getroffen, so wären damit

Dinge zerstört worden, die zu einem grofsen Teil
nicht mehr ersetzbar gewesen wären.
Nur das Strafsburger Museum elsässischer
Altertümer mit den prähistorischen, römischen
und frühgermanischen Funden (im Alten Schlofs) ist,
da die darüber liegenden Gewölbebauten es gegen
senkrechte Bombenwürfe genugsam schützen, dem
Besuch zugänglich und wird insbesondere auch
von zahlreichen Gruppen verwundeter Offiziere
und Soldaten besichtigt. Sie interessieren natür-
lich besonders die Waffen, die primitiven Steinbeile
und Feuersteindolche, denen zur Veranschaulichung
geschäftete Rekonstruktionen und Originale aus
fremden Ländern gegenübergestellt sind; dieWaffen
der Bronzezeit, die in ihrer Aufstellung die Ent-
wicklung des Schwertes aus Dolch und Kurz-
schwert, die metallene Um-und Weiterbildung des
Beilesusw.erkennen lassen; die römischen Geschütz-
kugeln und Schwerter, die frühgermanischen
Krieg-ergräber, der silber- und goldschimmernde
Merowingerhelm von Baldenheim und die mittel-
alterlichen Schwerter und Dolche, wie ich sie kurz
vor Kriegsbeginn in den neuen Räumen in chro-
nologischer Anordnung ausgelegt habe. Endlich
unsere zahlreichen „Schützengrabenfunde“, beson-
ders die interessanten Gräberfunde aus vorrömi-
scher, römischer und merowingischer Zeit, die bei
Anlafs der Befestigungsarbeiten im Elsafs usw.
gehoben worden sind1).
Das gröfste Interesse findet aber bei den Ver-
wundeten unsere eiserne Hand von Baibronn.
Sie ist besonders bei allen jenen, die Hand, Arm
oder Bein verloren haben, schon zu einer gewissen
Berühmtheit gelangt. Jeder möchte sie sehen,
womöglich in Funktion bewundern. Was ist nun
diese „eiserne Hand von Baibronn“? Kurz ge-
i) Vgl. R. Forrer, Elsässische Archäologie in den
Schützengräben (Mitteil, des Rhein.Vereins f. Denkmalpflege,
Düsseldorf 1915).
 
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