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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 7.1915-1917

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4. Heft
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Rathgen, Bernhard von: Fränkische Prunkwaffen im Museum zu Namur
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https://doi.org/10.11588/diglit.39949#0100

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Fränkische Prunkwaffen im Museum zu Namur
Von Bernhard Rathgen, Strafsburg i. Eis.

Die Grafschaft Namur, am Zusammenflüsse
von Maas und Sambre gelegen, in einem an
Bodenschätzen, Erzen wie Kohle, reichen
Lande, ist von jeher der Tummelplatz der ziehen-
den Völker gewesen. Die Kelten drangen hier
westwärts vor, germanische Stämme folgten ihnen,
die Römer richteten ihre Nordmark hier ein, neue
Fluten von Germanen, das Stammesgemisch der
Franken ging über das Land hin, wurde später
in ihm sefshaft, bis es von hier aus, seine Welten-
mission erfüllend, in Gallien eindrang, das König-
reich der Franken gründete.
Die Archäologische Gesellschaft von Namur
hat in mustergültiger Weise die Vor- und Früh-
geschichte der alten Grafschaft zu erforschen
gewufst. Durch eine weise, sich selbst auferlegte
Beschränkung auf das räumlich nicht grofse Ge-
biet der Grafschaft wurde es möglich, auf das
intensivste zu arbeiten. Planmäfsige Ausgra-
bungen förderten die Dokumente zu Tage, die
in dem Museum der Gesellschaft übersichtlich in
der Aufeinanderfolge der Zeiten, denen sie ange-
hören, aufgestellt sind. Allgemeine Beschreibun-
gen, erläutert durch Zeichnungen, weisen auf die
Bedeutung der einzelnen Funde hin. In den ein-
zelnen der, ein jeder für sich zusammengehaltenen
und geordneten Funde sind, neben der Benen-
nung, alle Gegenstände so allgemeinverständlich
beschrieben, dafs man eines „Führers“ nicht be-
darf, sondern mit der Freude des Schauens den
Genufs des Kennenlernens verbindet1).
Bieten die reichen Schätze der belgisch-
römischen Kultur ein farbenprächtiges Bild, so
ist doch trotz der belgischen Eigenart, wie
solche sich besonders in den formenreichen bunten
Schmucksachen aus Bronce und Email aus-
spricht, das Römische darin derart überwiegend,
dafs das Belgo-Römische dem Beschauer nicht
allzufremd entgegentritt. Anders werden aber
auf die meisten Besucher die fränkischen Funde
einwirken. So zahlreich und besonders so vor-
bildlich gut geordnet und aufgestellt birgt wohl
kaum ein zweites Museum die Waffen, den
Schmuck und die Geräte der Franken, keines
l) Benutzte Quellen: Les Annales de la Socibte Ar-
cheologique de Namur und das durch seine Abbildungen
wertvolle Werk von Barriere-Flavy: Les arts industriels
des peuples barbares de la Gaule du V au VIII eite sihcle.
Paris 1901.

läfst wohl diesen germanischen Stamm so lebendig
durch die den Gräbern entstiegenen Stücke vor
uns wieder auferstehen, wie das von Namur. —
Dem langjährigen Präsidenten der Gesellschaft,
Herrn Bequet, dem unermüdlichen Leiter der
Ausgrabungen, dem Verfasser der klassischen
Berichte über dieselben, gebührt hierfür das
Hauptverdienst.
An der Hand der Beigaben ist es gelungen,
die fränkischen Grabfunde ihrer zeitlichen Auf-
einanderfolge nach zu ordnen. Geschichtlich ist
von den Franken der frühesten Zeiten, aufser all-
gemeinen Daten, nichts überliefert, aber kultur-
geschichtlich hat Bequet sie zu bestimmen ge-
wufst. Die ältesten fränkischen Siedelungen
knüpfen an die belgo-römische Zeit an. Franken
wurden von den Römern zum Grenzschutz gegen
weitere Einfälle ihrer eigenen Stammesgenossen
in Dienst genommen und angesiedelt, meist in
den ehedem belgischen Refugien und Festungen.
Die Funde aus ihren Gräbern lassen deutlich
den römischen Einflufs erkennen, auch in den
Waffen.
Als den Franken ureigen sind uns der Ango,
die Francisca und der Scramasax zu nennen
geläufig. Von den ersten Einfällen der Franken
in Belgien um das Jahr 240 bis zur Aufrichtung
des fränkischen Reiches unter Chlodwig sind an
300 Jahre verflossen. Selbst eine ursprünglich
eigenartige nationale Bewaffnung mufste in einem
so langen Zeiträume gröfsere Wandlungen er-
fahren.
Im Museum haben aus Mangel an Raum die
Grabfunde nur teilweise ausgelegt werden können.
Der Kriegs verhältnisse wegen sind jetzt die Fenster
zum gröfseren Teile verschalt. Eine ziffernmäfsig
genaue Feststellung der ausgelegten fränkischen
Waffen und Kriegergeräte war daher nicht mög-
lich. Um aber einen Anhalt für das Vorhandene
zu geben, seien folgende Ziffern genannt:
5 Ango, 193 Speere, darunter i8Knebelspiefse,
198 Streitäxte, darunter 156 Franziscen, 37 Lang-
schwerter, 286 Scramasaxe, 184 Pfeilspitzen, dar-
unter 4 von silex (Feuerstein), 13 Schildbuckel,
2 Sporen, 2 Knebeltrensen. Zahlreiche Feuerzeuge
— Stahl und Stein — Pfriemen, Scheren, Pincetten,
Bügel von Gürteltaschen, besonders viele Hunderte
von Gürtelschnallen und Wehrgehenkschliefsen.
 
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