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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 7.1915-1917

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6./7. Heft
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Neuhaus, August: Die Harnischkammer des Freiherrn Christoph v. Wolkenstein in Innsbruck
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https://doi.org/10.11588/diglit.39949#0213

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192

A. NEUHAUS, DIE HARNISCHKAMMER DES FRHRN.V.WOLKENSTEIN

VII. BAND

Die Harnisch kämm er des Freiherrn Christoph v.Wolkenstein
in Innsbruck
Von August Neuhaus

Eine Stunde südwärts von Mühlbach im Puster-
tale liegt auf dem äufsersten V orsprung eines
Berges, von diesem durch einen tiefen Fels-
spalt, über den eine Zugbrücke führt, getrennt und
von drei Seiten von der Rienz umflossen, Schlofs
Rodeneck, bekannt als die gröfste Burganlage des
ganzen Tiroler Landes. Der gegenwärtige Be-
sitzer ist Graf Arthur v.Wolkenstein. Die An-
fänge der Burg gehen zurück auf Friedrich Ro-
dunch, einen Ministerialen der Kirche von Brixen,
der im 12. Jahrhundertauf dem gleichnamigen Berge
eine Burg anlegte. Nach dem Aussterben seines Ge-
schlechtes im Jahre 1305 wechselte diese wiederholt
den Besitzer, bis sie im 15. Jahrhundert an die Ritter
v. Wolkenstein überging. Diese sollen von den
Edlen v. Villanders, die Rodeneck im 14. Jahrhun-
dert längere Zeit besessen haben, abstammen. Kon-
rad v.VillanderssollimJahrei307 nach dervonseinem
Vater neu erworbenen Burg Wolkenstein den Namen
v.Wolkenstein angenommen haben. Im Jahre 1407
teilten die drei Brüder Michael, Leonhard und Os-
wald v.Wolkenstein die väterlichen und mütter-
lichen Besitzungen. Michael wurde der Begrün-
der der Linie von Wolkenstein-Trostburg; von
Oswald, der bekannt ist als der „letzte Minne-
sänger“, stammt die Linie von Wolkenstein und
Rodeneck ab. Oswalds Sohn, Oswald der Jüngere,
erhielt 1460 Rodeneck als Pflegschaft. Ein Inven-
tar, das bei Übernahme der Burg aufgenommen
wurde, weist schon einen erheblichen Bestand an
Waffen aller Art nach. Der Sohn Oswalds des
Jüngeren, Veit, war der Günstling Kaiser Maxi-
milians I. In Kaiser Maximilians Triumphzuge
findet sich sein Banner in der Abteilung der Ritter.
Veit erhielt wegen seiner dem Kaiser in Flandern
geleisteten Dienste als erster Tiroler den Orden
vom goldenen Vliefs und 1491 Schlofs Rodeneck
als Geschenk mit der Erlaubnis, sich Freiherr v*
Wolkenstein und Rodeneck zu nennen. Der Besitz
des Geschlechts mehrte sich durch Ankäufe, Erb-
schaften und Heiraten derart, dafs es zu Beginn
des 16. Jahrhunderts das reichste von Tirol war.
Veit starb kinderlos, sein Erbe ging an seinen
Bruder Michael über. Dieser trat durch glück-
liche Verheiratung seiner Töchter zu den vor-
nehmsten Geschlechtern des Landes in verwandt-

schaftliche Beziehungen. Aus der Ehe seines Sohnes
Veit mit Susanne von Welsberg ging nur ein Sohn
hervor, Christoph., der im Jahre 1530 geboren wurde
und bis 1600 lebte.
Christoph wuchs unter der Vormundschaft des
Hans Prautson v. Sprechenstein auf, kam schon
in jungen Jahren (1553) als kaiserlicher Regierungs-
rat in die tirolische Regierung und bekleidete dann
längere Zeit das Amt des Statthalters von Tirol.
Als 1567 Erzherzog Ferdinand II. die Regierung
des Landes übernahm und seinen Wohnsitz nach
Innsbruck verlegte, übertrug er Christoph die
Würde des Landeshauptmanns. Dieser lehnte ab,
verblieb aber in der Folgezeit einer der Vertrauten
des Erzherzogs, der ihn durch Verleihung der
Erbämter des „Stallmeistersund Vorschneiders von
Pirol“ und des Titels „Geheimrat“ auszeichnete.
Im übrigen widmete er sich der Verwaltung seiner
ausgedehnten Besitzungen und der Ausgestaltung
des Betriebes seiner Messingwerke in Täufers und
seiner Vitriolbrennereien. Auf Rodeneck aber legte
er eine grofse Kunstsammlung an, baute die
Bibliothek zu einer der bedeutendsten Bücher-
sammlungen seiner Zeit aus und vermehrte die
schon von seinem Vater mit besonderer Liebe ge-
pflegte Rüstkammer.
Wie auf anderen Burgen (vgl. Zingerle, Tiro-
ler Inventare) befand sich auf Rodeneck schon
früh eine „Harnischkammer“. Die ältesten darüber
erhaltenen Inventare gehen, wie oben schon be-
merkt, bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts zurück.
Sie wurde im 16. Jahrhundert zu einer umfang-
reichen Waffensammlung ausgebaut. Ihre Ge-
schichte soll in einer anderen Arbeit näher behandelt
werden. Die einschlägigen Archivalien befinden
sich im Familienarchive des Geschlechtes im Ger-
manischen Nationalmuseum in Nürnberg. Das
Archiv enthält auch umfangreiche Akten, die auf
die Wolkensteinschen Besitzungen in Innsbruck
Bezug haben. Christoph besafs dort ein überaus
reich ausgestattetes Haus. Die noch vorhandenen
Inventare und die Rechnungen über die Unter-
haltungskosten geben Aufschlufs darüber, wie
Christoph es verstand, seinem Reichtum und seiner
Stellung nach aufsen hin entsprechenden Glanz zu
verleihen. DielnnsbruckerBehausung enthielt auch
 
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