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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 7.1915-1917

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6./7. Heft
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Neuhaus, August: Die Harnischkammer des Freiherrn Christoph v. Wolkenstein in Innsbruck
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https://doi.org/10.11588/diglit.39949#0214

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6.17. HEFT

A. NEUHAUS, DIE HARNISCHKAMMER DES FRHRN.V.WOLKENSTEIN

193

eine Harnischkammer. Christoph liefs im Jahre 1564
ein Inventar über deren Bestände aufstellen. Dieses
stammt also aus der Zeit, als er Statthalter von
Tirol war, und beweist, dafs er in Innsbruck einen
glänzenden Haushalt führte, der der Hofhaltung
eines Landesherrn wenig nachstand. Sein Besitz
an Prunkwaffen kam sicher dem eines Landesherrn
seinerzeit g'leich. Die Namen der Verfertiger der
im Inventar aufgeführten geätzten, getriebenen und
„geschmelzten Stücke“ sind zwar nicht genannt,
lassen sich aber zumeist aus den im Archive noch
vorhandenen Rechnungen nachweisen. Es ergibt
sich, dafs die berühmtesten Plattner Innsbrucks,
die Seusenhofer, Witz, Hörburger, Meidinger, so-
wie Nürnberg'er, Augsburger und andere Meister
für dieWolkensteinsche Harnischkammer gearbeitet
haben. Aufserordentlich hoch für jene Zeit ist die
Zahl der Pirsch- und der Faustbüchsen im Besitz
einer adeligen Persönlichkeit. Sie ist wohl ein
Zeichen dafür, dafs Christoph schon damals das
Sammeln von Waffen aus Liebhaberei betrieb. Er
begegmete damit der Neigung des Erzherzogs Fer-
dinand II. Es ist sogar anzunehmen, dafs dieser
durch Christoph v. Wolkenstein die Anregung zur
Begründung- der reichen Sammlung auf Schlofs
Ambras erhalten hat.
Des besseren Verständnisses halber glaubte
ich diese ausführlichen Bemerkungen der hier fol-
genden Veröffentlichung des Inventars voraus-
schicken zu müssen. Einige Ausdrücke im Inventar
sind mir bis jetzt unverständlich geblieben. Viel-
leicht ist einer der Leser in der Lage, darüber
Aufklärung zu geben. Die betreffenden Stellen
sind mit Fragezeichen versehen.
Inventary und Verzaichnus der Harnisch
Cammer. 1564.
Inventary und verzaichnus meiner Kriegs
Rüstungen von Harnisch auch allerley wehren
und anders nichts aussgenommen, so ich in der
Rüsst Camer in meiner behaussung alhiezuYns-
prugg hab, und des 1564 Jars inventiert worden,
wie hernach volgt.
Schwartze Rüstungen
mit allen ihren Stückhen und Zugehörungen, welche
dann jedes insonderhait benenndt werden, wie volgt.
Leibharnisch
Erstlichen ain Schwartzm Kempfküress [Har-
nisch für den Fufskampf] mit sambt Rückhen und
brust. Daran ain Kempfschurtz, ain Kragen ohn
Axl. Ain Haubtharnisch mit ainem Angesicht, ain
Par Spanngereln mit Schiiten, ain Par Armzeug
mit gantzem Puckhl, ain Turnierhandtschuech, an
die Linkshandt ain gefingertten Handtschuech, ain
gantz Par Schinen mit Schuechen, ain Par Tielling

[Diechlinge] mit Fleckhen. Diser Zeug ist mit
schwartzem Sament verprembdt und mit Kelber
Zenndten1) ausgefeilt, auch mit Messinggeschmeidt
zusamen geschlagen, darzu gehört ain gerechte
uberige Axl mit ainem Ausschnitz.
Item ain Stechküress mit sambt dem Gerüsst
[Rüsthaken], Rückhen und Brust, daran ain kurtz
Par Taschen, ain Kragen ohn Axl, ain Helmlin,
das in dem Kragen umbget, ainen Stechpart, ain
Schilt, ain Par welsch Axln, auf dem rechten ain
Schifftung, ain Par Armzeug mit gantzen Puckhl,
ain grosse Puckhlschifftung und ain kleine, ainen
eingetruckhten [?] Stechtatzen, ain gerechten gefin-
gertten Handtschuech, ain Par Tielling. Diser ist
auch mit schwartzem Sament verprembdt und mit
Kelber Zenndten und Messinggeschmeidt beschla-
gen. Darzu gehört ain Par halb Schinen, ain
Schwebscheuben und ain halbe Rossstiern.
Item ain Veldtkuress mit Rückhen und Brust
und mit kurtzen Taschen und mit ainem Gerüst,
ain kragen ane [ohne] Axln, ain Haubtharnisch mit
einem Fisier mit zweien Spitzen, ain Par Spangerein
mit Schiiten, ain Par Armzeug mit gantzem Puckhl,
ain gefingerts Par H andtschuech, ein Par Tielling,
ain gantz Par Schinen mit Schuechen, auch mit
schwartzen Sament verprembdt und Messingge-
schmeidt zusamen geschlagen und mit Laubwerckh
triben. Darzu gehörig' ain Schifftungbrust, ain
Schifftung zu der linkhen Axl, ain Thurnierpart,
an Thurnierhandtschuech, ain Par Kniepuckhl, ain
Par halb Schinen.
Item mer ain Thurnierharnisch mit sambt
Rückhen und Brust, daran ain langes Par Pain-
taschen mit Kniepuckhln, ain Latz, ain Kragen,
ain Axl, ain Haubtharnisch mit einem Fisier und
zweien Spitzen, und darzu ain ausgehauen Kupffen
[kupffe = Kappe unter dem Helme?], ain Par Axl
mit Folgen, ain Par Armzeug mit Fleckhen, ain
eingetruckhts Par Handtschuech auch mit Sament
verprembdt und mit Kelber Zenndten und Messing-
negl beschlagen. Darzu gehört ain Kragen mit
langen Axln, ain langes Par Handtschuech mit
sambt seinen Buckhein, ain hauben mit ainem aus-
gehauen Getter, nur ain hauben mit ainem Mendlin
und ain Bordt davor, mer ain Par Stifflschinen
[Stiefelschienen], ain Par Stuckh, so an die Taschen
gehören, wann mans abnimbt.
Item ain Turnierharnisch mit Rückhen und
Brust, auch ainem Gerüst, daran ain langes Par
x) Aus anderen Archivalien geht hervor, dafs Kelber-
Zenndten (andere Schreibweisen sind: Kelber-Zemdten —
Zenden — Zenn — Zennen) gleichbedeutend ist mit „Kälber-
zähnen“. Es handelt sich hier also wohl um das Kälber-
zähnemuster, das auch in der Architektur vorkommt. Es
findet sich bei Harnischen an den Geschüben, besonders
an den Bauchreifen.
 
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