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DR. WALTHER ROSE, KÖNIG JOHANN DER BLINDE VON BÖHMEN
VII. BAND
court, die Grafen von Blamont, von Ancerre, von
Aumale und von Forez, die Vicomtes von Thouars
und von Ventadour, die Chevaliers Thiebault von
Bar und Lous von Japelon, fast der ganze tapfere
Adel lag hier nach heroischem Kampfe erschlagen
auf der Wahlstatt Mann bei Mann, mit Blut ge-
rötet die farbenschimmernden Wappenröcke, das
Haupt zerschellt und durchschossen die Brust,
„mais l’espee en la main et le viaire viers lors
ennemis‘‘, wie Froissart so schön sagt").
Die Nacht war fast vollständig eingetreten
und das Feld durch die Leichname von Menschen
und Pferden fast unpassierbar, als nun auch König
Philipp selbst, der zähneknirschend die Niederlage
der Seinen durch diese Handvoll Feinde mit an-
sehen mufste („par une poignee de gens que les
Anglois etoient“), mit der Hauptmacht der dritten
Bataille sich unbesonnen in den schon verlorenen
Kampf stürzte. Sich schonungslos allen Gefahren
aussetzend, verrichtete er nach dem Berichte
Villanis100) Wunder der Tapferkeit, so dafs sich
die Fngländer auf ihre Wagenburg zurückziehen
mufsten, bis das in Reserve gehaltene dritte
Treffen derselben unter König Eduard selbst
aus einer anderen Öffnung der Wagenburg ausfiel.
Und während die Reiterei den Feind in der Flanke
und im Rücken angriff, ergofs sich ein neuer
Pfeilhagel der Bogenschützen über die dicht-
gedrängte Masse der französischen Ritterschaft,
deren Rosse von den wallisischen Knechten nieder-
gestochen wurden. Da stürzte auch das Rofs
König Philipps, und als er ein frisches bestiegen,
wurde er selbst mehrfach am Halse verwundet,
so dafs er kaum der Gefangennahme entgangen
") Froissart (Edition Buchon) Livre I, Chap. 291
(Tome I, p. 240) und ebenso (Edition Kervyn de L.) Livre I,
Chap. 227 (Tome II, p. 257). Cf. auch Köhler 1. c. S. 412.
i°°) Villanil. c. Kap. 67: „E lo Re di Francia veggendo
volgere la sua gente, colla sua terza battaglia e con tutto
il rimaneme di sua gente percosse alle schiere dell’ Inghilesi,
e di sua persona fece maraviglie in arme, che tanto che
fece ritrarre gPInghilesi al carrino. E sarebbono stati rotti,
se non fosse il ritegno del Re Adoardo colla sua terza
schiera e battaglia, eh’ usci fuori del carrino per un’ altra
aperta, che fece fra suo carreggio per uscire addosso a’nimici
al di dietro e per essere al soccorso de’ suoi, francamente
assalendo i nimici e fedendo per costa, e co’ suoi Gualesi
e Inghilesi a pie coli’ arcora e lancie; e’ Gualesi solo in-
tendeano a sventrare i cavalli. Ma quello, che piü confuse
i Franceschi, fu, che per la moltitudine della loro gente,
ch’erano tanti a cavallo e a pie, che non intendieno se non
a pignere e a urtare con loro i cavalli credendo rompere
gl’Inghilesi, ch’ellino medesimi s’afollarono l’uno sopra l’altro
al modo, che divenne loro a Cortrai co’ Fiamminghi, e spe-
zialmente gl’impedieno i Genovesi morti, che n’era coperta
la terra della prima rotta battaglia, e cavalli e follati morti
e caduti, che tutto il campo n’era coperto, e de’ fediti delle
bombarde e saette, che non v’ebbe cavallo de’ Franceschi,
che non fosse fedito, e innumerabili morti.“
wäre, wenn ihn nicht sein alter kriegserfahrener
Berater Johann von Hennegau fast mit Gewalt aus
dem Schlachtgetümmel gerettet hätte. Dieser er-
griff die Zügel seines Pferdes und indem er den
Verzweifelnden mit freundlichen Worten tröstete,
führte er seinen königlichen Herrn über Chateau
de la Broye nach Amiens in Sicherheit. Von der
Umgebung des Königs jedoch fand Henri d’Uffalise,
Sire de Petit-Wargni nach tapferem Kampfe den
Tod, und gleich ihm die Grafen von Auxerre,
von Sancerre und von Saint Pol, mehrere hohe
Geistliche, sowie die Seigneurs von Moruall,
von Soiecourt und von Noyers, der Träger der
Oriflamme101).
ln dem siegjauchzenden englischen Lager aber
umarmte König Eduard seinen Sohn, den schwarzen
Prinzen, vor dem ganzen Heere und gab ihm die
Ehre des Tages102). Darauf sandte er noch vor
Anbruch des nächsten Tages (27. August), als
dichter Nebel die Gegend bedeckte, 500 Men-at-
arms und 2000 Bogenschützen unter den Lords
Northampton, Norfolk und Warwick aus, um den
Verbleib der französischen Armee festzustellen.
Durch dieses Detachement wurden nicht nur die
zahlreichen Kommunaltruppen zersprengt, die an
der Schlacht nicht teilgenommen hatten und den
Ausgang derselben nicht kannten, sondern auch
eine arglos heranziehende frische Armee unter
dem kriegerischen Erzbischof von Rouen und
dem Grofsprior des Johanniterordens trotz ent-
schlossenen Widerstandes geschlagen, wobei die
beiden ritterlichen Kirchenfürsten und der soeben
erst nach vielfachen Kämpfen mit den Türken
vor Rhodus glücklich heimgekehrte Burggraf
ioi) Froissart (Edition Buchon) Livrel Chap. 289,292,
293 (Tome I, p 238,240,241). „Et tout ce sauva le roi de
France d’etre pris, car le dit roi demeura tant sur la place,
assez pres de ses ennemis, si comme dessus est dit, qu’il
fut moult tard; et n’avoit ä son d^partement pas plus de
soixante hommes, uns et autres. Et adonc le prit messire
Jean de Hainaut par le frein, qui l’avoit ä garder et ä con-
seiller, et qui ja l’avoit remonte une fois, car du trait 011
ayoit occis le coursier du roi, et lui dit: „Sire, venez-vous-en,
il est ternps, ne vous perdez mie si simplement; si vous avez
perdu cette fois, vous recouvrerez une autre.“ Et 1’emmena
le dit messire Jean de Hainaut comme par force.“ Ebenso
Froissart (Edition Kervyn de L.) Livre I Chap. 226 (Tomell
p. 256). Cf. auch Köhler 1. c. Seite 413.
i°2) Froissart (Edition Buchon) Livre I Chap. 294
(Tome 1 p. 241): „Et lors s’avala le roi Edouard, qui encore
tout a jour n’avoit mis son bassinet, et s’en vint, ä toute sa
bataille, moult ordonndment devers le prince son fils; si
l’accola et baisa, et lui dit: „Beau fils, Dieu vous doint
bonne persevörance! vous etes mon fils, car loyalement
vous vous etes hui acquittd; si etes digne de tenir terre“.
Le prince ä cette parole s’inclina tout bas et se humilia
en honorant le roi son pere; ce fut raison“. Ebenso
Froissart (Edition Kervyn de L.) Livre I Chap. 230 (Tome II
P- 259)-
DR. WALTHER ROSE, KÖNIG JOHANN DER BLINDE VON BÖHMEN
VII. BAND
court, die Grafen von Blamont, von Ancerre, von
Aumale und von Forez, die Vicomtes von Thouars
und von Ventadour, die Chevaliers Thiebault von
Bar und Lous von Japelon, fast der ganze tapfere
Adel lag hier nach heroischem Kampfe erschlagen
auf der Wahlstatt Mann bei Mann, mit Blut ge-
rötet die farbenschimmernden Wappenröcke, das
Haupt zerschellt und durchschossen die Brust,
„mais l’espee en la main et le viaire viers lors
ennemis‘‘, wie Froissart so schön sagt").
Die Nacht war fast vollständig eingetreten
und das Feld durch die Leichname von Menschen
und Pferden fast unpassierbar, als nun auch König
Philipp selbst, der zähneknirschend die Niederlage
der Seinen durch diese Handvoll Feinde mit an-
sehen mufste („par une poignee de gens que les
Anglois etoient“), mit der Hauptmacht der dritten
Bataille sich unbesonnen in den schon verlorenen
Kampf stürzte. Sich schonungslos allen Gefahren
aussetzend, verrichtete er nach dem Berichte
Villanis100) Wunder der Tapferkeit, so dafs sich
die Fngländer auf ihre Wagenburg zurückziehen
mufsten, bis das in Reserve gehaltene dritte
Treffen derselben unter König Eduard selbst
aus einer anderen Öffnung der Wagenburg ausfiel.
Und während die Reiterei den Feind in der Flanke
und im Rücken angriff, ergofs sich ein neuer
Pfeilhagel der Bogenschützen über die dicht-
gedrängte Masse der französischen Ritterschaft,
deren Rosse von den wallisischen Knechten nieder-
gestochen wurden. Da stürzte auch das Rofs
König Philipps, und als er ein frisches bestiegen,
wurde er selbst mehrfach am Halse verwundet,
so dafs er kaum der Gefangennahme entgangen
") Froissart (Edition Buchon) Livre I, Chap. 291
(Tome I, p. 240) und ebenso (Edition Kervyn de L.) Livre I,
Chap. 227 (Tome II, p. 257). Cf. auch Köhler 1. c. S. 412.
i°°) Villanil. c. Kap. 67: „E lo Re di Francia veggendo
volgere la sua gente, colla sua terza battaglia e con tutto
il rimaneme di sua gente percosse alle schiere dell’ Inghilesi,
e di sua persona fece maraviglie in arme, che tanto che
fece ritrarre gPInghilesi al carrino. E sarebbono stati rotti,
se non fosse il ritegno del Re Adoardo colla sua terza
schiera e battaglia, eh’ usci fuori del carrino per un’ altra
aperta, che fece fra suo carreggio per uscire addosso a’nimici
al di dietro e per essere al soccorso de’ suoi, francamente
assalendo i nimici e fedendo per costa, e co’ suoi Gualesi
e Inghilesi a pie coli’ arcora e lancie; e’ Gualesi solo in-
tendeano a sventrare i cavalli. Ma quello, che piü confuse
i Franceschi, fu, che per la moltitudine della loro gente,
ch’erano tanti a cavallo e a pie, che non intendieno se non
a pignere e a urtare con loro i cavalli credendo rompere
gl’Inghilesi, ch’ellino medesimi s’afollarono l’uno sopra l’altro
al modo, che divenne loro a Cortrai co’ Fiamminghi, e spe-
zialmente gl’impedieno i Genovesi morti, che n’era coperta
la terra della prima rotta battaglia, e cavalli e follati morti
e caduti, che tutto il campo n’era coperto, e de’ fediti delle
bombarde e saette, che non v’ebbe cavallo de’ Franceschi,
che non fosse fedito, e innumerabili morti.“
wäre, wenn ihn nicht sein alter kriegserfahrener
Berater Johann von Hennegau fast mit Gewalt aus
dem Schlachtgetümmel gerettet hätte. Dieser er-
griff die Zügel seines Pferdes und indem er den
Verzweifelnden mit freundlichen Worten tröstete,
führte er seinen königlichen Herrn über Chateau
de la Broye nach Amiens in Sicherheit. Von der
Umgebung des Königs jedoch fand Henri d’Uffalise,
Sire de Petit-Wargni nach tapferem Kampfe den
Tod, und gleich ihm die Grafen von Auxerre,
von Sancerre und von Saint Pol, mehrere hohe
Geistliche, sowie die Seigneurs von Moruall,
von Soiecourt und von Noyers, der Träger der
Oriflamme101).
ln dem siegjauchzenden englischen Lager aber
umarmte König Eduard seinen Sohn, den schwarzen
Prinzen, vor dem ganzen Heere und gab ihm die
Ehre des Tages102). Darauf sandte er noch vor
Anbruch des nächsten Tages (27. August), als
dichter Nebel die Gegend bedeckte, 500 Men-at-
arms und 2000 Bogenschützen unter den Lords
Northampton, Norfolk und Warwick aus, um den
Verbleib der französischen Armee festzustellen.
Durch dieses Detachement wurden nicht nur die
zahlreichen Kommunaltruppen zersprengt, die an
der Schlacht nicht teilgenommen hatten und den
Ausgang derselben nicht kannten, sondern auch
eine arglos heranziehende frische Armee unter
dem kriegerischen Erzbischof von Rouen und
dem Grofsprior des Johanniterordens trotz ent-
schlossenen Widerstandes geschlagen, wobei die
beiden ritterlichen Kirchenfürsten und der soeben
erst nach vielfachen Kämpfen mit den Türken
vor Rhodus glücklich heimgekehrte Burggraf
ioi) Froissart (Edition Buchon) Livrel Chap. 289,292,
293 (Tome I, p 238,240,241). „Et tout ce sauva le roi de
France d’etre pris, car le dit roi demeura tant sur la place,
assez pres de ses ennemis, si comme dessus est dit, qu’il
fut moult tard; et n’avoit ä son d^partement pas plus de
soixante hommes, uns et autres. Et adonc le prit messire
Jean de Hainaut par le frein, qui l’avoit ä garder et ä con-
seiller, et qui ja l’avoit remonte une fois, car du trait 011
ayoit occis le coursier du roi, et lui dit: „Sire, venez-vous-en,
il est ternps, ne vous perdez mie si simplement; si vous avez
perdu cette fois, vous recouvrerez une autre.“ Et 1’emmena
le dit messire Jean de Hainaut comme par force.“ Ebenso
Froissart (Edition Kervyn de L.) Livre I Chap. 226 (Tomell
p. 256). Cf. auch Köhler 1. c. Seite 413.
i°2) Froissart (Edition Buchon) Livre I Chap. 294
(Tome 1 p. 241): „Et lors s’avala le roi Edouard, qui encore
tout a jour n’avoit mis son bassinet, et s’en vint, ä toute sa
bataille, moult ordonndment devers le prince son fils; si
l’accola et baisa, et lui dit: „Beau fils, Dieu vous doint
bonne persevörance! vous etes mon fils, car loyalement
vous vous etes hui acquittd; si etes digne de tenir terre“.
Le prince ä cette parole s’inclina tout bas et se humilia
en honorant le roi son pere; ce fut raison“. Ebenso
Froissart (Edition Kervyn de L.) Livre I Chap. 230 (Tome II
P- 259)-