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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 7.1915-1917

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2./3. Heft
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Spak, Fredrik Adolf: Herstellung und Ausfuhr von Eisengeschützen in Schweden
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https://doi.org/10.11588/diglit.39949#0078

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62

F. A.SPAK, HERSTELLUNG U. AUSFUHR VON EISENGESCHÜTZEN IN SCHWEDEN VII. BAND

den Vollgufs der Rohre und die Beschaffung einer
Horizontalbohrmaschine. Der Direktor Meyer der
Geschützgiefserei konstruierte im Jahre 1756 eine
solche Maschine nach dem Maritzschen System.
Durch Schiefsversuche mit Rohren des Kern-
und Vollgusses wurde festgestellt, dafs der
erstere voller Gallen und Gruben safs, letzterer
aber fast rein davon war. Durch Königliche Ver-
fügung vom 5. November 1756 wurde auf Grund
dieser Erfahrungen befohlen, alle für den Staat
zu liefernden Kanonen, Haubitzen und Mörser
massiv zu giefsen und aus dem Vollen zu bohren.
Für die zur Ausfuhr bestimmten Rohre, für
die diese Verfügung keine Gültigkeit besafs,
wurden jedoch die Abnahmevorschriften bedeutend
verschärft, so durften z. B. die Breiten der Gallen,
die früher nach der Fing-erbreite geschätzt wurden,
jetzt nicht gröfser als 6 cm sein.
Seit 1766 wurden alle in Schweden gegossenen
Rohre durch staatliche Kommissionen geprüft und
nur solche Rohre durften ausgeführt werden, die
mit dem Stempel der Abnahmekommission ver-
sehen waren. Bei Übertretung dieser Bestimmung
konnte die ganze Fieferung beschlagnahmt und
der Fabrikant mit einer Strafe von 100 Daler Silber
belegt werden. Nachdem für die Prüfung der fer-
tigen Rohre noch erheblich schärfere Vorschriften
erlassen worden waren und die Strafen für Nicht-
befolgung derselben bis auf 1000 Daler erhöht
worden waren, wuchs die Ausfuhr zwischen 1770
und 1789 wieder bedeutend an. Und erst als das
Ausland, besonders Frankreich und England, ver-
besserte Giefsarten anwendeten, die Revisions-
instrumente sich verfeinerten und dort die Prüfung
der Stücke strenger wurde, verminderte sich die
Ausfuhr wieder.
Während in Schweden fast alle Rohre nur
aus dem Hohofen gegossen wurden, geschah dies,
besonders in England, aber auch in Frankreich,
Holland und in einem grofsen Teile von Deutsch-
land, aus Wind- oder Reverberöfen, in denen das
im Hohofen geschmolzene Eisen erst einem
Reinigungsprozefs unterzogen wurde, um es für
den Geschützgufs geeigneter zu machen. Der
Bergrat Norberg lernte diese Öfen und die vorteil-
haften Methoden, die durch das Umschmelzen des
Eisens erreicht wurden, auf seiner Reise ins Aus-
land in den Jahren 1783 bis 1793 kennen und
brachte die Kenntnis davon nach Schweden. In-
folgedessen wurden zwischen 1802 und 1807 von
der Artilleriekommission, deren tätigstes Mitglied
der Generalfeldzeugmeister Oberst C. G. Helvig
war, umfassende Versuche mit dem Gufs aus Hoh-
und W indöfen angestellt. Helvig kam zu der An-
sicht, dafs das aus Windöfen gewonnene Eisen
sich zwar reiner erwies, dafs aber das aus den

Hohofen gewonnene viel zäher sei, und machte die
Erfahrung, dafs das härteste Eisen, das Schweden
damals zu erzeugen vermochte, die gröfste Wider-
standsfähigkeit besafs, wobei jedoch zu bemerken
ist, dafs dieses Eisen nicht von aufserordentlicher
Härte war.
Die günstigen Erfolge dieser Versuche führten
zur Abschaffung der Bronzekanonen, die nun auch
in der Feldartillerie durch gufseiserne Geschütze
ersetzt wurden.
Wenn auch der Gegner Helvigs, der spätere
Generalfeldzeugmeister Freiherr von Cardeil,
wieder die Ausrüstung mit Bronzegeschützen bei
zwei reitenden Batterien durchsetzte, so blieb
dies doch ohne Einwirkung auf die übrigen Aus-
rüstungen.
Im Jahre 1803 stellte die Artilleriekommission
beim König den Antrag, für den Gufs der Geschütze
Windöfen beschaffen zu lassen. Dieser entschied
jedoch, zunächst Versuche anzustellen, um zu er-
mitteln, ob die Kosten für diese Öfen auch den zu
erreichenden Vorteilen dieser Gufsart entsprächen.
Die vorzüglichen Eigenschaften des schwe-
dischen Eisens, sowie die vortreffliche Zusammen-
setzung der Beschickungen, die sich während
hundertjähriger Fabrikation durchaus bewährt
hatten, sowie die erprobten Giefsmethoden im
Verein mit einer genauen Prüfung der Gufsstücke
zeigten die Vorzüge der schwedischen Fabrikation,
so dafs man vom Aufbau von Windöfen in den
nächsten Jahren nach den Helvigschen Versuchen
glaubte absehen zu können.
Bei der nun verschärften Abnahme der Ge-
schütze durften Gallen im Laderaum überhaupt
nicht, in den Zapfenstücken nur unter gewissen
Beschränkungen, im langen Felde nur in einer
Breite von 2 mm zugelassen werden. Die Revisions-
instrumente zur Prüfung der geraden Bohrung
der Seele bestanden aus einem Zylinder mit
Diopterlineal, zur Untersuchung der Metallstärke
am Zündloch diente eine Hakennadel, zur Ent-
deckung von Gallen und Gruben der laster
(Grubeneisen), ein Eisenhaken an einer Stange.
Durch diese Vorkehrungen hob sich die Aus-
fuhr und die schwedische Geschützindustrie er-
langte wieder ihren alten Ruf. Als aber einige
Fälle sich ereigneten, wo schwedische Geschütze
ohne ersichtlichen Grund sprangen, und ein be-
rechtigtes Mifstrauen gegen das schwedische Eisen
erweckt wurde, wurde nicht nur die schwedische
Geschützindustrie, sondern die ganzeEisenindustrie
dadurch bedroht, und es bedurfte neuer Arbeit
und neuer Anstrengungen, dieses Mifstrauen zu
beseitigen.
Zunächst wurde dem Gufs gröfsere Auf-
merksamkeit gewidmet und diese Arbeit der
 
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