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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 7.1915-1917

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4. Heft
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Wilbrand, Wilhelm: Das eiserne Kampfbeil in der fränkischen Zeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.39949#0099

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4. HEFT

WILBRAND, DAS EISERNE KAMPFBEIL IN DER FRÄNKISCHEN ZEIT

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gehende fränkische Zeit zu betrachten, später wird
die Axt allmählich durch das Schwert verdrängt.
II. Die Breitaxt
Als eigentümliches Merkmal der Breitaxt ist
eine nach unten oder oben gleichmäfsig erweiterte
Ausdehnung- der Schneide, welche die Gesamtlänge
der Axt fast erreicht und öfter selbst überschreitet,
anzusehen. Die Breitaxt ist das eigentliche K ampf-
beil, von ihr sagt Lindenschmit:
„Wir halten diese von dem Wurf beil so ver-
schiedene Axtform für die eigentliche Streitaxt,
da dieselbe gerade nur in dieser Form sich bis
in das Mittelalter im Gebrauch erhielt und zu-
gleich in merowingischer Zeit manchmal neben
der Franziska in einem und demselben Grabe er-
scheint.“
Unter den Nrn.26— 47 bringen wir eine Reihe
dieser Breitäxte. Von Nr. 26 sagt Lindenschmit:
„Axt aus Eisen, 14,5 cm lang, sie hat Ähnlich-
keit mit dem römischen Werkbeil, ist aber bedeu-
tend leichter und darf wohl als Streitaxt betrachtet
werden, umsomehr, als sie mit dem Schwerte zu-
sammen auftritt, ihre Form sie zur Waffe durch-
aus brauchbar erscheinen läfst, und weil Geräte,
die lediglich als Werkzeuge aufzufassen sind, auch
in germanischen Männergräbern späterer Zeit kaum
vorzukommen pflegen. Die aus dem fränkischen
Gräberfeld von Nackenheim (Rheinhessen) erho-
benen Äxte (s. Abb. Nr. 31), bei welchen ebenfalls
die Mitte der Schneide unter dem Axthelm liegt,
stehen der besprochenen Waffe sehr nahe.“
Die Abbildungen Nr. 48 und 49 zeigen uns
des Vergleichs halber römische Werkbeile, die in
der Saalburg gefunden wurden. Sie zeigen als
wesentlichsten Unterschied vom Kampfbeil einen
wesentlich längeren Axthelm, der mit der unteren
Schneide fast in einer Linie liegt.
Es ist jetzt noch einer Axtform, der Hammer-
axt, zu gedenken, die sowohl in Gestalt der Schmal-
axt als auch in der Form der Breitaxt vorkommt.
Die allgemeine Annahme, dafs der Hammeransatz,
der an der Rückseite des Helmes angebracht ist,
auf den Gebrauch zu handwerklichen Zwecken hin-
weist, dürfte in dieser bestimmten Form nicht
richtig sein, denn es finden sich allerorten Hammer-
äxte in Männergräbern. In Mecklenburg z. B.finden
sich nur zumeist leichte, gut gearbeitete Schmal-
äxte mit senkrechter oder bogenförmiger Schneide
und Hammeransatz. (Ganz ähnliche Bildung, je-
doch ohne Hammeransatz, zeigen die der Über-
gangsform zur Franziska angehörigen zierlich ge-
arbeiteten Beile des Berliner Museums aus der
Provinz Westpreufsen.) Man mufs diese Äxte wohl

als Waffe ansprechen, da man annehmen kann, dafs
nur in das Männergrab gelegt wurde, was als
Waffe benutzt wurde.
Dafs diese Form aber nicht blofs im Norden
und Osten, sondern auch am Mittelrhein und im
Süden vorkommt, beweisen die daselbst gemachten
Funde.
Die AbbildungenNr.50—56 zeigen einige dieser
Hammeräxte. Breitäxte mit Hammerfortsatz kom-
men vielfach auch im 9. Jahrhundert als Waffe vor.
In den von Richard Stettiner herausgegebenen
illustrierten Prudentiushandschriften findet sich die
unter Nr. 57 abgebildete Hammeraxt mehrmals.
Die schnabelartige Umbiegung der oberen Spitze
der Schneide, die wir bei der Axt Nr.57 beob-
achten, ist charakteristisch für das Breitbeil der
karolingischen Zeit. Die Abbildungen Nr. 58, 59
und 60 zeigen uns einige dieser karolingischen
Breitbeile.
Während der Stiel der Schmal- oder Wurf-
axt vielleicht am Handgriff etwas gebogen war,
ist der Stiel der Breit- oder Streitaxt vollständig
gerade, seine Länge beträgt bis zu 1 m. Aus etwas
späterer Zeit ist uns eine derartige Axt mit Stiel
erhalten, wir bringen sie unter der Abbildung
Nr. 61. Die Länge des Stieles beträgt 91,5 cm,
der Stiel hat an seinem unteren Ende eine eiserne
Zwinge. Diese aus dem Rhein gebaggerte Streit-
axt erinnert stark an die angelsächsischen Streit-
äxte auf dem Teppich von Bayeux.
Dafs die vorbeschriebenen Formen der ge-
raden, der geschwungenen Schmalaxt und der
Breitaxt auf demselben Gräberfeld angetroffen
werden können, beweist der fränkische Grabfund
aus den Reihengräbern bei der Darmstädter Wind-
mühle, der sich im Privatbesitz des Grofsherzogs
von Hessen befindet. Bis auf die Hammeraxt
sehen wir in diesem Gräberfeld alle Typen ver-
treten (Abb. Nr. 62 — 67).
Was die Anzahl der Beile, die sich in den
Gräbern vorfinden, anlangt, so scheint dieselbe bei
den einzelnen deutschen Stämmen verschieden
zu sein.
Es findet sich zwar das Beil in den Gräbern
der Alamannen und Burgunden, aber lange nicht
in der Menge, wie in den Gräbern der Franken.
Nach Lindenschmit (Handbuch der deutschen Alter-
tumskunde) ergibt sich folgendes Verhältnis:
In vielen Hunderten von burgundischen Grä-
bern bei Charnay wurden nur einige 20 Beile ge-
funden; das Verhältnis des Vorkommens der Axt
im westlichen Frankreich soll 1 auf 36 Gräber
sein. In Belgien kommt 1 Axt auf 6 Gräber, in
den Rheinlanden oft 1 Axt auf 5 oder gar 4 Gräber.
 
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