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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]; Verein für Historische Waffenkunde [Contr.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 7.1915-1917

DOI issue:
4. Heft
DOI article:
Erben, Wilhelm: Beiträge zur Geschichte des Geschützwesens im Mittelalter, [1]
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.39949#0114

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94

WILHELM ERBEN, BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DES GESCHÜTZWESENS

VII. BAND

Rute mit, um die Schleuder emporzureifsen und
das Geschofs über die Köpfe der Bedienenden
hinweg gegen den Feind zu werfen. Dazu kommt
aber vielleicht noch ein anderes Mittel. Der qua-
dratisch geformte Rahmen besteht allem Anschein
nach nicht durchweg aus Holz oder Metall; von
solchem festen Material sind zwar seine beiden
vertikalen Säulen und jene beiden horizontalen
Stäbe, von denen der eine den Unterrand des
Quadrates bildend, den Ständer kreuzt, der andere

dafs durch Herabziehung der Rute während des
Ladens in dem Bündel eine Torsionskraft erzeugt
wurde, die neben der Menschenkraft und neben
der Elastizität zur Vergröfserung der Wurfge-
schwindigkeit beigetragen hätte33). Aber auch
wenn in diesem Fall die Torsionswirkung nicht
zur Geltung kam,, so verdient die hier beobach-
tete Lagerung des Hebels doch als ein Anklang
an die Gattung der Torsionsgeschütze beachtet
zu werden; sie mag sich als Überrest aus Zeiten,


Abb. 2

durch die Mitte des Quadrates gezogen zumeist
auf dem Ende des Ständers aufruht. Dagegen
mufs der dritte horizontale Teil des Rahmens, der
den Oberrand des Quadrates ausmacht und den
eigentlichen Stützpunkt der Rute enthält, wohl
aus anderem Material bestanden haben. Er er-
scheint stets in spindelförmiger Gestalt und man
kann, wo die Zeichnung deutlicher gehalten ist
(Abb.3, 4, 5), ausnehmen, dafs die Rute durch einen
Spalt der Spindel durchgesteckt ist. So ergibt
sich die Möglichkeit, diesen oberen Teil des Rah-
mens als aus Stricken oder dergleichen hergestellt
anzusehen, wobei die Enden des Bündels durch
Löcher der beiden Vertikalträger durchgezogen,
aufsen verknüpft und befestigt wären, die Rute
aber zwischen den einzelnen Nerven des durch
sie in der Mitte spindelförmig aufgetriebenen
Bündels ruhen würde. Setzt man eine starke Span-
nung des Bündels voraus, so wäre es denkbar,

da man die Torsionskraft besser zu benützen ver-
stand, erhalten haben und sie kann da oder
dort doch wieder zu ihrer vollen Anwendung ge-
führt haben.
Petrus von Ebulo hat uns für das Geschütz
das so oftmals und so gleichmäfsig in seinen Mi-
niaturen wiedergegeben ist, keinen bestimmten
Namen überliefert. Er spricht zwar an den bei-
den Stellen, die zu den auf Abb. 3 und 4 vor-
kommenden Kampf bildern gehören, ausdrücklich
von den Geschützen; er schildert das eine Mal ihre
Höhe, die den Mauern der belagerten Stadt gleich-
S3) Man sollte dann freilich erwarten, dafs in der Ruhe-
stellung der die Schleuder tragende Arm der Rute durch
die Torsionskraft obengehalten würde; die Bilder wider-
sprechen aber dieser Annahme, indem die unbenützten Ge-
schütze fast durchwegs mit abwärts geneigtem Schleuder-
arm gezeichnet sind; nur auf Abb. 5, wo die beidenWurf-
zeuge vielleicht umgeworfen zu denken sind, ragt derWurfarm
empor.
 
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