4. HEFT
WILHELM ERBEN, BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DES GESCHÜTZWESENS
101
Quellen auf dieselbe Geschützgattung zu beziehen
und so ein Bild von ihrem zeitlichen und örtlichen
Vorkommen zu gewinnen. Allein es gibt Gründe,
die von solchem Vorgehen abmahnen. Wir wissen
nicht, ob die für bestimmte Geschützarten an be-
stimmter Stelle gebräuchlichen Namen sich in
gleicher Weise wie die Sache weiterverbreitet
und erhalten haben; es ist sehr wohl möglich,
dafs in der Benennung Verschiebungen eintraten,
so dafs dieselbe Konstruktion an verschiedenen
Orten und zu verschiedenen Zeiten wechselnde
Namen erhielt, und dafs derselbe Name da und dort
in weiterem oder nach dieser oder jener Richtung
enger begrenztem Sinne gebraucht wurde 54). Sind
solche Veränderungen für die Antike bezeugt, so
64) Vgl. die treffenden Bemerkungen bei Schneider
a a. O 12 f ; sie richten sich gegen Köhler, der sich auf die
überlieferten Namen zu sehr verläfst.
werden wir in den folgenden Jahrhunderten auf
die Annahme beständiger Bezeichnungsart von
vornherein verzichten müssen. Man darf wenigstens
den Chronisten des früheren Mittelalters nicht
so viel Verständnis und Anteilnahme für kriegs-
technische Fragen Zutrauen, um auf den Worten,
welche ihnen bei der Schilderung von Belagerungs-
kämpfen in die Feder flössen, ein System der da-
maligen Artillerie aufzubauen. Es sind zum guten
Teil geistliche Männer, die nur selten Anlafs hatten,
sich mit technischen Kriegsmitteln näher zu be-
fassen; in solchen Fragen lag ihnen der Anschlufs
an ältere Geschichtsquellen näher als dieEinhaltung
der Ausdrucksweise, die bei sachkundigen Kriegs-
leuten und Handwerkern der eigenen Zeit etwa
lebten. Wichtiger wäre es, wenn sich zur Stütze und
Weiterverfolgung der in den Bildern Ebulos und
der Genueser Handschrift festgestellten Gesc.hütz-
Abb. 6
WILHELM ERBEN, BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DES GESCHÜTZWESENS
101
Quellen auf dieselbe Geschützgattung zu beziehen
und so ein Bild von ihrem zeitlichen und örtlichen
Vorkommen zu gewinnen. Allein es gibt Gründe,
die von solchem Vorgehen abmahnen. Wir wissen
nicht, ob die für bestimmte Geschützarten an be-
stimmter Stelle gebräuchlichen Namen sich in
gleicher Weise wie die Sache weiterverbreitet
und erhalten haben; es ist sehr wohl möglich,
dafs in der Benennung Verschiebungen eintraten,
so dafs dieselbe Konstruktion an verschiedenen
Orten und zu verschiedenen Zeiten wechselnde
Namen erhielt, und dafs derselbe Name da und dort
in weiterem oder nach dieser oder jener Richtung
enger begrenztem Sinne gebraucht wurde 54). Sind
solche Veränderungen für die Antike bezeugt, so
64) Vgl. die treffenden Bemerkungen bei Schneider
a a. O 12 f ; sie richten sich gegen Köhler, der sich auf die
überlieferten Namen zu sehr verläfst.
werden wir in den folgenden Jahrhunderten auf
die Annahme beständiger Bezeichnungsart von
vornherein verzichten müssen. Man darf wenigstens
den Chronisten des früheren Mittelalters nicht
so viel Verständnis und Anteilnahme für kriegs-
technische Fragen Zutrauen, um auf den Worten,
welche ihnen bei der Schilderung von Belagerungs-
kämpfen in die Feder flössen, ein System der da-
maligen Artillerie aufzubauen. Es sind zum guten
Teil geistliche Männer, die nur selten Anlafs hatten,
sich mit technischen Kriegsmitteln näher zu be-
fassen; in solchen Fragen lag ihnen der Anschlufs
an ältere Geschichtsquellen näher als dieEinhaltung
der Ausdrucksweise, die bei sachkundigen Kriegs-
leuten und Handwerkern der eigenen Zeit etwa
lebten. Wichtiger wäre es, wenn sich zur Stütze und
Weiterverfolgung der in den Bildern Ebulos und
der Genueser Handschrift festgestellten Gesc.hütz-
Abb. 6