4. HEFT
R. FORRER, DIE EISERNE HAND VON BALBRONN
105
bogengelenk besessen haben. Dort wurde die
Hand einfach mit der Armdülle auf den Vorder-
armstumpf aufgestülpt und natürlich auch mit
Riemenwerk befestigt. Die Balbronner Hand stellt
also schon dadurch eine weitergehende, kompli-
ziertere Konstruktion dar.
Eine Zwischenform ist in dem linken Eisen-
arm der ehemaligen Sammlung K. Gimbel vor-
handen, abgebildet im
Lepkeschen Verstei-
gerungskatalog unter
Nr. in Taf.VIl8).
Auch hier fehlte dem
Träger der Vorder-
arm samt Ellbogen-
gelenk und ist daher
auch letzteres in den
eisernen Ersatzarm
eingebaut; aber es
scheint, dafs das Ell-
bogengelenk hier
nicht beweglich war.
Mehr zur Hand
des Götz neigt die
linke Eisenhand der
Sammlung R.Zschille,
abgebildet in meinem
Katalog der Samm-
lung unter Nr. 86 auf
Taf. 19* * * 4). Gleich Götz
mufs dem Träger nur
die Hand gefehlt ha-
ben und so wurde die
eiserne Ersatzhand
mittelst einer durch-
brochen gearbeiteten
halbrunden Eisen-
schiene an denVorder-
armstumpf ange-
schnallt.
Der Vorderarm
ist bei der Berlichin-
ger wie bei der Sig-
maringer Hand aus
Vollblech hergestellt, bei der Balbronner Hand
nur aus festen Schienen gebildet, was in erster
Linie wohl den Zweck hatte, das Gesamtgewicht
zu erleichtern. Das war gegenüber den andern
beiden Eisenarmen insofern vonnöten, als bei
8) Die Waffen- und Kunstsammlung Karl Gimbel, Berlin
1904. Nach dem Katalog 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts, an-
nähernd unserer Hand gleichaltrig.
4) R. Forrer, Die Waffensammlung Richard Zschille,
Berlin 1896 Nr. 86. „Künstliche Eisenhand für den linken
Arm, mit Federbolzen und Sperrrad zum Öffnen und Schliefsen
der Finger, behufs Festhaltens der Zügel (als Ersatz der
verlorenen Hand) 16. Jahrhundert“.
«I
A
-4»
Abb. 6
Die eiserne Hand des Götz von Berlichingen.
Nach Chr. v. Mechel, 1815
diesen der erhaltene Vorderarmstumpf die Hand
mit tragen half, während beim Balbronner das
ganze Gewicht vom Oberarmstumpf zu tragen
war. Über dem Arm wird ein Lederstulp getragen
worden sein, der den Mechanismus gegen Rost
schützte und zugleich den Leibesdefekt etwas ver-
deckte.
Die Hand war mittelst eines federnden Zapfens
leicht nach innen um-
zubiegen. Alle Finger
und Fingergelenke
waren beweglich und
nach dem Prinzip der
Messer mitStellklinge
einstellbar. Ein leiser
Druck auf die Finger
gab ihnen nach
Wunsch stärkereoder
schwächere Krüm-
mung. Wollte man
sie wieder strecken,
so genügte ein leiser
Druck auf einen
Knopf an der Dau-
menwurzel, um den
Daumen sofort wieder
in gerade Stellung
zurückschnellen zu
lassen, ein zweiter
Druck unterhalb des
H andgelenkes, um die
übrigen vier Finger
mit einem einzigen
Ruckwiederzu strek-
ken. Der dafür ge-
baute Federmechanis-
mus war ehedem im
Innenraum der Hand
versteckt, liegt aber
jetzt am Original in-
folge Fehlens der
Innenhandfläche offen
und ermöglichte der-
art ein genaueres
Studium der Konstruktion und ihre genaue Nach-
bildung durch die blanke Kopie.
Vergleicht man den Mechanismus der Balbron-
ner Hand mit dem an der des Götz von Berlichingen,
so zeigt sich eine so grofse technische Überein-
stimmung, dafs an den gleichen Verfertiger oder min-
destens gleiche Schule zu denken ist. Ein genauer
Vergleich mit der Götzschen Hand ist mir ermög-
licht durch das seltene, in unserer K. Universitäts-
und Landesbibliothek vorhandene Exemplar des
1815 zum Wiener Kongrefs erschienenen Albums
des Christian von Mechel, der die Hand von
R. FORRER, DIE EISERNE HAND VON BALBRONN
105
bogengelenk besessen haben. Dort wurde die
Hand einfach mit der Armdülle auf den Vorder-
armstumpf aufgestülpt und natürlich auch mit
Riemenwerk befestigt. Die Balbronner Hand stellt
also schon dadurch eine weitergehende, kompli-
ziertere Konstruktion dar.
Eine Zwischenform ist in dem linken Eisen-
arm der ehemaligen Sammlung K. Gimbel vor-
handen, abgebildet im
Lepkeschen Verstei-
gerungskatalog unter
Nr. in Taf.VIl8).
Auch hier fehlte dem
Träger der Vorder-
arm samt Ellbogen-
gelenk und ist daher
auch letzteres in den
eisernen Ersatzarm
eingebaut; aber es
scheint, dafs das Ell-
bogengelenk hier
nicht beweglich war.
Mehr zur Hand
des Götz neigt die
linke Eisenhand der
Sammlung R.Zschille,
abgebildet in meinem
Katalog der Samm-
lung unter Nr. 86 auf
Taf. 19* * * 4). Gleich Götz
mufs dem Träger nur
die Hand gefehlt ha-
ben und so wurde die
eiserne Ersatzhand
mittelst einer durch-
brochen gearbeiteten
halbrunden Eisen-
schiene an denVorder-
armstumpf ange-
schnallt.
Der Vorderarm
ist bei der Berlichin-
ger wie bei der Sig-
maringer Hand aus
Vollblech hergestellt, bei der Balbronner Hand
nur aus festen Schienen gebildet, was in erster
Linie wohl den Zweck hatte, das Gesamtgewicht
zu erleichtern. Das war gegenüber den andern
beiden Eisenarmen insofern vonnöten, als bei
8) Die Waffen- und Kunstsammlung Karl Gimbel, Berlin
1904. Nach dem Katalog 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts, an-
nähernd unserer Hand gleichaltrig.
4) R. Forrer, Die Waffensammlung Richard Zschille,
Berlin 1896 Nr. 86. „Künstliche Eisenhand für den linken
Arm, mit Federbolzen und Sperrrad zum Öffnen und Schliefsen
der Finger, behufs Festhaltens der Zügel (als Ersatz der
verlorenen Hand) 16. Jahrhundert“.
«I
A
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Abb. 6
Die eiserne Hand des Götz von Berlichingen.
Nach Chr. v. Mechel, 1815
diesen der erhaltene Vorderarmstumpf die Hand
mit tragen half, während beim Balbronner das
ganze Gewicht vom Oberarmstumpf zu tragen
war. Über dem Arm wird ein Lederstulp getragen
worden sein, der den Mechanismus gegen Rost
schützte und zugleich den Leibesdefekt etwas ver-
deckte.
Die Hand war mittelst eines federnden Zapfens
leicht nach innen um-
zubiegen. Alle Finger
und Fingergelenke
waren beweglich und
nach dem Prinzip der
Messer mitStellklinge
einstellbar. Ein leiser
Druck auf die Finger
gab ihnen nach
Wunsch stärkereoder
schwächere Krüm-
mung. Wollte man
sie wieder strecken,
so genügte ein leiser
Druck auf einen
Knopf an der Dau-
menwurzel, um den
Daumen sofort wieder
in gerade Stellung
zurückschnellen zu
lassen, ein zweiter
Druck unterhalb des
H andgelenkes, um die
übrigen vier Finger
mit einem einzigen
Ruckwiederzu strek-
ken. Der dafür ge-
baute Federmechanis-
mus war ehedem im
Innenraum der Hand
versteckt, liegt aber
jetzt am Original in-
folge Fehlens der
Innenhandfläche offen
und ermöglichte der-
art ein genaueres
Studium der Konstruktion und ihre genaue Nach-
bildung durch die blanke Kopie.
Vergleicht man den Mechanismus der Balbron-
ner Hand mit dem an der des Götz von Berlichingen,
so zeigt sich eine so grofse technische Überein-
stimmung, dafs an den gleichen Verfertiger oder min-
destens gleiche Schule zu denken ist. Ein genauer
Vergleich mit der Götzschen Hand ist mir ermög-
licht durch das seltene, in unserer K. Universitäts-
und Landesbibliothek vorhandene Exemplar des
1815 zum Wiener Kongrefs erschienenen Albums
des Christian von Mechel, der die Hand von