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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 7.1915-1917

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5. Heft
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Fachnotizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.39949#0168

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148

FACHNOTIZEN

VII. BAND

Etwas über eiserne Hände. Es ist Forrer
bei seiner Arbeit über die eiserne bland von Bal-
bronn entgangen, dafs eine ganze Reihe von Eisen-
händen bekannt ist. Ich habe die meisten in meinem
Buch „DieTechnik der Vorzeit.... ein Handbuch
für Archäologen . . .“ (Leipzig 1914, S. 506. Abb.342
bis 347) schon zusammengestellt.
Was der sonderbare Demin über eiserne Hände
von Fahnenträgern sagt, gehört zu den zahlreichen
Ungereimtheiten dieses selbstgefälligen und un-
kritischen Sammlers.
Die erste Eisenhand trug wohl, wie Forrer
auch andeutet, der Urgrofsvater von Catilina,
M. Sergius Silus, ums Jahr 210 v. Chr. (Plinius,
Histor. natural., Buch 7, Kap. 29).
An primitiven Eisenhänden lassen sich die
Finger nur gemeinsam oder in Gruppen bewegen.
Die Gelenke dieser Finger sind starr. Die Finger
stehen ein für allemal in gekrümmter Stellung.
Der Daumen ist gleichfalls gekrümmt und meist
mit den Fingern zugleich zu bewegen. Bei vor-
geschrittener Technik bewegen sich die Gelenke
der Finger, des Daumens und der Handwurzel
einzeln. Das Schliefsen geschieht stets durch
Druck der gesunden Hand. Die Öffnung der Fisen-
hand erfolgt durch Druck auf einen oder meh-
rere Knöpfe an dem Handrücken mittels Feder-
kraft.
Bekannt sind mir folgende Fisenhände oder
deren Träger:
210 v. Chr. M. Sergius Silus, rechte Hand. (Mitt.
z. Gesch. d. Medizin, Leipzig 1916, S. 1.)
15. Jahrhundert (?) Gymnasium Neuruppin, ge-
funden 1836, linke Hand, 2 und 2 Finger beweg-
lich, Daumen starr, Handgelenk starr, Unterarm
durchbrochen (Feldhaus, Abb. 342).
15. Jahrhundert (?) Kaiserin-Friedrich-Haus in
Berlin, aus Badener Sammlung, linke Hand, jeder
Finger einzeln beweglich, Daumen bewegt sich
automatisch mit den Fingern in die Greifstellung,
Handgelenk starr, Ellbogengelenk harnischartig
beweglich, doch ohne Mechanismus, Unterarm
durchbrochen (Feldhaus, Abb. 343).
1505 Archiv der Burg Rossach, rechte Eisen-
hand von Götz von Berlichingen, angefertigt vom
Dorfschmied von Olnhausen. Die vier Finger nur
gemeinsam beweglich, der Daumen allein, ohne
Handgelenk (Feldhaus, Abb. 344).
Nach 1505 Burg Jagsthausen, Eisenhand des
Götz von Berlichingen, Handgelenk, Daumen- und
alle Fingerglieder einzeln beweglich, Unterarm
ohne Fensterung, beschrieben 1815 von v. Mechel
(Feldhaus, Abb. 345).
1513 Arudi, Aruch oder Horuk, mit dem Bei-
namen Barbarossa I., rechte Hand. Verbleib bis-
her unbekannt (Feldhaus, S. 507).

Um 1530 Museum elsässischer Altertümer in
Strafsburg i. E., linke Hand des Hans von Mittel-
hausen, Ellenbogen,Handgelenk,Daumen- und alle
Fingergelenke einzeln beweglich, Armteile durch-
brochen (Ztschr. f. hist. Waffenk. VII, 102).
Um 1550 Burg Kreuzenstein, linke Hand, blank
gescheuert, angeblich französischen Ursprungs, Fin-
ger paarweise, Daumen einzeln beweglich, ohne
Hand gelenk,Mechanismus fehlt (Feldhaus, Abb. 3 46).
Um 1550 Sammlung Zschille in Grofsenhain,
linke Hand von roher Arbeit (R. Forrer, Waffen-
sammlung Zschille, Berlin 1896, Nr. 86).
Um 1550 ehemals Sammlung Gimbel, linker
Eisenarm (Lepckes Versteigerungskatalog, Berlin
1904, Nr. m, Taf. 7).
1570 Francois La Noue, linker Arm, näheres
und Verbleib unbekannt (Feldhaus, S. 508).
1594 Abbildung einer eisernen Hand und eines
eisernen Armes in der „Chirurgica“ des Ambrosius
Pare (Frankfurt a. M. 1594, S. 656).
1622 Herzog Christian von Braunschweig, linker
Arm, von einem„holländischen kunstreichen Bauer“
gefertigt, Konstruktion und Verbleib unbekannt
(Feldhaus, S. 508).
Um 1650 Germanisches Museum zu Nürnberg,
rechte Hand aus Holz und ornamentiertem Eisen,
ohne Mechanismus.
Um 1650 ebenda, ähnliche linke Hand, Holz-
gelenke.
1677 Museum Aldrovandi zu Bologna. Zwei
Eisenhände, abgebildet in Legati, Museo Cospiano,
Bologna 1677, Titelkupfer, linkes oberes Gewölbe-
feld. Verbleib unbekannt.
Um 1700 Burg zu Nürnberg, linke Hand in
jugendlicher Gröfse, Finger paarweise, Daumen
mit den beiden ersten Fingern zusammen beweg-
lich. Als ich die Hand 1910 fand war ihr Mecha-
nismus dem Besitzer nicht bekannt. Ich möchte
dies für ein Zeichen ihrer Echtheit ansehen, wenn-
gleich ich von der Echtheit der meisten Objekte
dieser Schausammlung nicht überzeugt bin (Feld-
haus, Abb. 347).
1706 Paul Heinrich Tilio de Camas, preufsi-
scher Offizier, linker Arm, Verbleib und Art un-
bekannt (Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 3,
1876, S. 719).
1732 Kriegeifsenscher Arm, der Pariser Aka-
demie vorgelegt, Oberarm, Unterarm, Mittelhand,
Daumen und acht Fingerglieder (Feldhaus, S. 508
und 671).
1774 La Reyniere in Paris, verfertigt von
H. L. Jacquet-Droz, rechte und linke Hand, Ver-
bleib unbekannt (Feldhaus, S. 508).
1779 C.G.Girardoni, linke Hand,Verbleib un-
bekannt. Er vollendet damit die Erfindung der
 
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