158
HUGO HORWITZ, DIE ARMBRUST IN OSTASIEN
VII. BAND
Abb. 7. Armbrustschlofs des Hanzeittypus von unten gesehen
dafs, wenn jemand [in das Grabgewölbe] einbrechen
sollte, er sofort erschossen würde“3).
Der Selbstschufs ist eine verhältnismäfsig kom-
plizierte Vorrichtung, aus vielen losen Teilen zu-
sammengesetzt, ortsfest gebaut und daher für den
Transport ungeeignet. Deswegen wird daraus
wahrscheinlich zuerst die grofse Standarmbrust
entstanden sein, aus der sich später bei weiterem
technischen Fortschritt (gleichlaufend zu dem
Werdegang der Feuerwaffen) das Handgewehr
entwickelte.
Die mythischen Erzählungen der Chinesen,
die uns von dem Aufkommen der Armbrust in
Ostasien Kunde geben, und über die später noch
gesprochen werden soll, deuten allerdings nicht
nach dieser Richtung.
Über die Geschichte der chinesischen Arm-
brust und über diese selbst wurde in europäischen
Werken bisher nur einmal berichtet und zwar in
einer Abhandlung von Dr. Forke4) aus dem Jahre
1896. Der Aufsatz fufst auf historischen Angaben
und auf Beschreibungen und Abbildungen von
alten Armbrustschlössern in chinesischen Büchern.
Forke gelang es allerdings nicht, die Arbeitsweise
dieser Schlösser auch nur halbwegs zu erklären, ja
er hat die Art des Abziehens ganz gründlich mifs-
verstanden; trotzdem gebührt ihm für die Zusam-
menstellung vieler Literaturstellen unser Dank.
Im Folgenden soll hier eine Geschichte der
Armbrust in Ostasien zu geben versucht werden5).
Bei der Ausarbeitung der Abhandlung hat der
Verfasser alle ihm zugänglichen europäischen und
3) Shih-chi, Shanghai 1884, Buch 6, Blatt 29b.
Shi-chi, Geschichtliche Denkwürdigkeiten verfafst von
Ssü-ma Ch’ien (145—80 v. Chr.). Es ist das erste Werk der
24 Reichsannalen und reicht von den ältesten Zeiten bis
122 v. Chr.
4) Zeitschrift für Ethnologie, 28.Jahrg. Berlin 1896, Ver-
handlungen S. 272.
5) Für die freundliche Unterstützung bei dieser Arbeit
sei den Herren Direktor Professor F. W. K. Müller, Professor
H. Hülle, Direktor Professor A. Grünwedel in Berlin und
Herrn Dr. Erkes in Leipzig der ergebenste Dank ausge-
sprochen.
chinesischenWerke benützt. DieÜber-
setzung aus letzteren geschah durch
Chinesen, die die deutsche Sprache
gut beherrschten6); manche Unge-
nauigkeit des Textes konnte dabei
durch die diesen erläuternden Zeich-
nungen und durch die Möglichkeit
oder Unmöglichkeit der technischen
Ausführung richtig gestellt werden.
Trotzdem wird es noch viele Arbeit
von Sinologen oder besser vielleicht
von technisch und literarisch gut aus-
gebildeten Chinesen erfordern, ehe
alle Fragen des Themas: die Arm-
brust in Ostasien endgültig beantwortet sein
dürften. —
Nach sagenhaften Überlieferungen soll bereits
Chinas berühmter Herrscher der Urzeit, der my-
thische Hoang-ti (der gelbe Kaiser), welcher nach
chinesischer Auffassung von 2698—2598 v. Chr.re-
gierte, die Armbrust erfunden haben7). Eine andere
Darstellung berichtet: „In der Zeit von Hoang-ti
lebte ein Häuptling eines kleinen Volkes; er hiefs
6) Hierfür sei Herrn Dr. phil. Hsiao Yiu-mei in Leipzig
und Herrn stud. rer. mont. Chu Chia-hua in Charlottenburg
bestens gedankt.
7) Ko-chih-ching-yüan 1735, Buch 41, Blatt 13a, dort
zitiert nach dem Ku-shih-k’ao.
Ko-chih-ching-yüan, Enzyklopädie der technischen
Künste und Wissenschaften, 100 Bücher in 30 Abteilungen.
Verfafst von Ch'en Yüan-lung aus Hai-ning 1735.
Abb. 8. Armbrustschlofs. Po-ku-t’u-lu 1528, Buch 27,
Blatt 10a (Text s. S. 163)
HUGO HORWITZ, DIE ARMBRUST IN OSTASIEN
VII. BAND
Abb. 7. Armbrustschlofs des Hanzeittypus von unten gesehen
dafs, wenn jemand [in das Grabgewölbe] einbrechen
sollte, er sofort erschossen würde“3).
Der Selbstschufs ist eine verhältnismäfsig kom-
plizierte Vorrichtung, aus vielen losen Teilen zu-
sammengesetzt, ortsfest gebaut und daher für den
Transport ungeeignet. Deswegen wird daraus
wahrscheinlich zuerst die grofse Standarmbrust
entstanden sein, aus der sich später bei weiterem
technischen Fortschritt (gleichlaufend zu dem
Werdegang der Feuerwaffen) das Handgewehr
entwickelte.
Die mythischen Erzählungen der Chinesen,
die uns von dem Aufkommen der Armbrust in
Ostasien Kunde geben, und über die später noch
gesprochen werden soll, deuten allerdings nicht
nach dieser Richtung.
Über die Geschichte der chinesischen Arm-
brust und über diese selbst wurde in europäischen
Werken bisher nur einmal berichtet und zwar in
einer Abhandlung von Dr. Forke4) aus dem Jahre
1896. Der Aufsatz fufst auf historischen Angaben
und auf Beschreibungen und Abbildungen von
alten Armbrustschlössern in chinesischen Büchern.
Forke gelang es allerdings nicht, die Arbeitsweise
dieser Schlösser auch nur halbwegs zu erklären, ja
er hat die Art des Abziehens ganz gründlich mifs-
verstanden; trotzdem gebührt ihm für die Zusam-
menstellung vieler Literaturstellen unser Dank.
Im Folgenden soll hier eine Geschichte der
Armbrust in Ostasien zu geben versucht werden5).
Bei der Ausarbeitung der Abhandlung hat der
Verfasser alle ihm zugänglichen europäischen und
3) Shih-chi, Shanghai 1884, Buch 6, Blatt 29b.
Shi-chi, Geschichtliche Denkwürdigkeiten verfafst von
Ssü-ma Ch’ien (145—80 v. Chr.). Es ist das erste Werk der
24 Reichsannalen und reicht von den ältesten Zeiten bis
122 v. Chr.
4) Zeitschrift für Ethnologie, 28.Jahrg. Berlin 1896, Ver-
handlungen S. 272.
5) Für die freundliche Unterstützung bei dieser Arbeit
sei den Herren Direktor Professor F. W. K. Müller, Professor
H. Hülle, Direktor Professor A. Grünwedel in Berlin und
Herrn Dr. Erkes in Leipzig der ergebenste Dank ausge-
sprochen.
chinesischenWerke benützt. DieÜber-
setzung aus letzteren geschah durch
Chinesen, die die deutsche Sprache
gut beherrschten6); manche Unge-
nauigkeit des Textes konnte dabei
durch die diesen erläuternden Zeich-
nungen und durch die Möglichkeit
oder Unmöglichkeit der technischen
Ausführung richtig gestellt werden.
Trotzdem wird es noch viele Arbeit
von Sinologen oder besser vielleicht
von technisch und literarisch gut aus-
gebildeten Chinesen erfordern, ehe
alle Fragen des Themas: die Arm-
brust in Ostasien endgültig beantwortet sein
dürften. —
Nach sagenhaften Überlieferungen soll bereits
Chinas berühmter Herrscher der Urzeit, der my-
thische Hoang-ti (der gelbe Kaiser), welcher nach
chinesischer Auffassung von 2698—2598 v. Chr.re-
gierte, die Armbrust erfunden haben7). Eine andere
Darstellung berichtet: „In der Zeit von Hoang-ti
lebte ein Häuptling eines kleinen Volkes; er hiefs
6) Hierfür sei Herrn Dr. phil. Hsiao Yiu-mei in Leipzig
und Herrn stud. rer. mont. Chu Chia-hua in Charlottenburg
bestens gedankt.
7) Ko-chih-ching-yüan 1735, Buch 41, Blatt 13a, dort
zitiert nach dem Ku-shih-k’ao.
Ko-chih-ching-yüan, Enzyklopädie der technischen
Künste und Wissenschaften, 100 Bücher in 30 Abteilungen.
Verfafst von Ch'en Yüan-lung aus Hai-ning 1735.
Abb. 8. Armbrustschlofs. Po-ku-t’u-lu 1528, Buch 27,
Blatt 10a (Text s. S. 163)