Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 7.1915-1917

DOI Heft:
6./7. Heft
DOI Artikel:
Horwitz, Hugo Theodor: Die Armbrust in Ostasien
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.39949#0185

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
164

HUGO HORWITZ, DIE ARMBRUST IN OSTASIEN

VII. BAND


Abb. 19. Hüftspannvorrichtung. T’u-shu-chi-ch’eng,
Peking 1726, Jung-cheng-tien, Buch 284, Blatt 46a.
Ausgabe: Shanghai 1884, Blatt 25a (Text s. S. 169)
düng gelangen. Aber abgesehen davon, dafs das
Alter solcher Schlösser nicht bekannt ist und es
fraglich bleibt, ob solche Konstruktionen schon
zur Hanzeit in Gebrauch standen, macht es das
unten im Abzugshebel befindliche Loch wahrschein-
lich, dafs hier ein Zugorgan in Form einer Schnur
angegriffen hat. Die Rekonstruktion geschah nun
derart, dafs diese Schnur mit einem vorn im Schafte
steckenden federnden Bambusstück verbunden
wurde.
Die in Abb. 10 wiedergegebene Armbrust soll
dabei nur als Rekonstruktionsmodell gelten, das
die Art des Arbeitens der Hanarmbrüste erklärt,
keineswegs aber in der Form und in der Ausfüh-
rung der Einzelheiten mit jenen Typen überein-
stimmt. Die Rekonstruktion wurde nach Angabe
des Verfassers im Museum für Völkerkunde zu Berlin
hergestellt und auch mit Rücksicht auf die jetzige
Kriegszeit möglichst einfach ausgeführt. Das
Schlofs war bei der alten Bauart in den Schaft
eingelassen; da aber die durchgesteckten Bolzen
nicht aus dem Schlosse herausgenommen werden
konnten, ohne sie in ihrer jetzigen Gestalt zu ver-
ändern, so wurde der ganze Schaft seiner Länge
nach geteilt und das Schlofs dazwischen eingesetzt.
Zwei Schraubenbolzen, deren Köpfe an den Schaft-
enden sichtbar sind, dienen zur Verbindung der
beiden Hälften. Der Bogen wurde nach der ty-
pisch asiatischen Art in zusammengesetzter Bau-

weise ausgeführt; er ist aber in entspanntem Zu-
stande nicht nach aufsen gekrümmt, besitzt also
keine Vorspannung und entspricht folglich hierin
nicht dem chinesischen Vorbilde. Übrigens ist er
nach Abb. 10 im Vergleich zum Schafte zu kurz
geraten und müfste auf das anderthalbfache bis
zweifache seiner Länge vergröfsert werden. Der
Schaft sollte aufserdem in seinem Mittelteile etwas
weniger hoch, also flacher ausgeführt sein. Da-
durch käme die Bambusfeder etwas höher zu sitzen
und deren unteres Ende befände sich näher am
Schafte, so dafs die Zugschnur zum mindesten
parallel zu diesem, nicht aber wie in der Abbil-
dung gegen vorn zu nach abwärts verliefe; auch
die Bambusfeder selbst könnte bei Verwendung
von frischem, gut elastischem Bambus noch um
ein Stückchen verkürzt werden.
Die rekonstruierte Waffe arbeitete nach ihrer
Herstellung ohne Anstand; es ist dadurch der Be-
weis erbracht, dafs die Art der Rekonstruktion
auch mit den Anforderungen der Wirklichkeit nicht
im Widerspruch steht. Die Verwendung der Waffe
hätte man sich als kleinere Standarmbrust, etwa
wie Abb. 43 es zeigt, zu denken.
Solcher Armbrustschlösser wie das obige sind
in China viele gefunden worden, die durch ihre
Aufschriften ihre Herkunft aus der Hanzeit be-
stätigen. Abb. 11 zeigt ein solches nach einem
Bilde aus dem schon oben erwähnten Werke Po-


Abb. 20. Abschiefsen der Hüftspannarmbrust. T’u-shu-
chi-ch’eng, Peking 1726, Jung-cheng-tien, Buch 284,
Blatt 52a. Ausgabe: Shanghai 1884, Blatt 28a
 
Annotationen