Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 7.1915-1917

DOI Heft:
6./7. Heft
DOI Artikel:
Horwitz, Hugo Theodor: Die Armbrust in Ostasien
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.39949#0198

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
6-/7. HEFT

HUGO HORWITZ, DIE ARMBRUST IN OSTASIEN

177


Abb. 51. Armbrust der Man-Coc (Tonking). Museum für Völkerkunde
zu Berlin. Signatur: I. C. 32342

richtung, die sich bei anderen chine-
sischen Armbrüsten niemals vorfindet,
weist auf europäische Vorbilder. Sie
besteht aus einem Faden mit Perle,
der zwischen dem am vorderen Schaft-
ende befindlichen „Schiff“ ausge-
spannt ist. Das Visier, der „Stuhl“,
besitzt ein Loch zum Zielen und be-
steht aus Holz. Er ist im Gegensatz
zu den gewöhnlich umklappbaren
europäischen Bauformen fest in die
Säule eingelassen. Ganz abweichend
von der abendländischen Konstruk-
tion ist der Abzug gestaltet (Abb. 41).
Er ist aus Bein verfertigt und besteht
aus zwei Teilen, von denen der untere infolge
der gegenseitigen Lage seines Drehpunktes und
des Berührungspunktes der beiden Stücke als
Sperrmechanismus wirkt. Beim Abziehen mufs die
Sehne noch ein (allerdings sehr) kleines Stückchen
schärfer angespannt werden, bevor das Abschnellen
erfolgt. Infolge des gröfseren Hebelarms, an dem
der abziehende Finger angreift, bereitet dies aber
keine grofse Schwierigkeit und die Einrichtung
mag dafür gerade durch die kraftschlüssige Sper-
rung einen Schutz gegen unbeabsichtigtes Los-
gehen bilden.
* *
*
Von gröfseren Armbrustbauarten, die nicht
als Handwaffe dienten, sondern teils zu den Ge-
schützen zu rechnen sind, teils einen Übergang
zwischen Geschütz und Gewehr bilden, kamen in
China eine ganze Anzahl zur Verwendung. Abb. 42
gibt eine Konstruktion wieder, deren Art des Ar-
beitens durch den Text allerdings nicht genügend
deutlich erklärt wird. Die Vorrichtung besteht aus

einem leichten Holzgestell, auf das die Armbrüste
gesetzt werden. Von den Holzfufstritten laufen
Stangen mit Eisenhaken nach aufwärts, die dort
am eigentlichen Armbrustmechanismus angreifen.
Nach der Zeichnung bleibt es ungewifs, ob durch
die Fufstritte das Spannen oder Abziehen oder
beides hervorgerufen werden soll; im Texte jedoch
wird gesagt, dafs das Abschiefsen durch dieFufs-
bewegung erfolgt61). (Über die Beziehungen
zwischen Text und Abbildungen siehe S. 178.)
Eine etwas schwerer ausgeführte Bauart zeigt
Abb. 43. Der Armbrustschaft ist aus Bergmaul-
beerbaumholz, der Bogen aus Ebenholz verfertigt.
Das „Pferdegesicht“ und die „Zahnreihe“, zwei
Teile, deren Bedeutung nicht ermittelt werden
konnte, bestehen aus Kupfer. Die Sehne ist aus
Seide herg-estellt und die Pfeile besitzen eiserne
Spitzen. Die Armbrustlänge entspricht 3,2 ch’ih
(= 109 08 cm), die Sehnenlänge 2,5 ch’ih (=* 85,22 cm);
die Schufsweite soll 240 pu (=* 409 m) betragen
haben62).



Abb. 50. Japanische Armbrust. Museum für Völkerkunde zu Leipzig.
Signatur: O As 10656 (Text s S. 180)

Abb. 44 zeigt noch eine
Waffe, die wahrscheinlich auch
als Standarmbrust Verwendung
fand, deren Arbeitsweise aber
durch den vollkommen unver-
ständlichen Text auch nicht un-
gefähr erklärt wird. Die drei
am unteren Ende der Armbrust
befindlichen knebelähnlichen
Gebilde werden als erster, zwei-
ter und dritter „Bambusspitzen-
mechanismus“ bezeichnet und
sollen in einen längs des Schaftes
verschiebbaren Ring, der dabei
in den oberen „Holzquerstöfsei“
eingreift, gesteckt werden. Am
81) Wu-pei-chih 1721, Buch 103,
Blatt 18 b.
eq 1 pu = 5 ch’ih.
 
Annotationen