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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 7.1915-1917

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8. Heft
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Gessler, Eduard Achilles: Das "Sturmfäßslin", eine merkwürdige Feuerwaffe
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https://doi.org/10.11588/diglit.39949#0246

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8. HEFT

ED. A. GESSLER, DAS „STURMFÄSSLIN“, EINE MERKWÜRDIGE FEUERWAFFE

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mit der Kugel wurde zur Abdichtung noch mit
Lehm verstrichen, der Abschlufs oben mit Perg'a-
mentpapier oder mit einer Holzscheibe geschlossen.
Nach der Entzündung der Lunte erfolgte die
Explosion. Diese zersprengte nicht nur die Haupt-
röhre, sondern brachte zugleich die 40 Läufe zur
Entladung', wobei jeder einzelne Lauf neben der
abgeschossenen Kugel noch selbst als Geschofs
wirkte, ebenso die Holzstücke und die Eisenbänder
der Röhre und die unten angebrachte Kanonen-
kugel.
Die Basler Zeughausinventare geben über das
Geschütz und ähnliche jetzt nicht mehr vorhandene
Gegenstände die folgenden Auskünfte.
Im ältesten in Betracht kommenden Inventar
von 1591 (Anzeiger für schweizer. Altertumskunde.
N. F., B. XIV, 1912. S. 250: Die Basler Zeughaus-
inventare vom Ende des 16. bis zum Ende des
17. Jahrhunderts, vom Verfasser) heilst es: „Schlag
zu den Feyr Kugelen .... 64 Stück“. Obwohl
hier die Sturmfäfslein nicht erwähnt werden, finden
wir doch die ersten Spuren von Schlägen. Die
Feuerkugeln waren eine Art Bomben: sie bestanden
aus einem festen leinenen Sack, der mit Pulver
und Bleikugeln, auch etwa gehacktem Blei, gefüllt
wurde und in den auch noch die Schläge, mit
eigener Ladung, hineingesteckt wurden. Das Pul-
ver wurde durch besondere Zusätze, wie Leinöl,
gehärtet, der Sack mit einem Schnurgeflecht ver-
sehen, damit er den richtigen Halt und die Form
bekam, das Ganze mit Pech bestrichen, im Säge-
mehl mehrmals umgewendet und so gehärtet, dafs
diese Bombe aus Mörsern verfeuert werden konnte;
die Zündung erfolgte vor dem Abschiefsen durch
einen darin befindlichen Zünder mit Lunte. Solche
Stücke, deren Pulver sich zu einer steinharten
Masse verdichtet hat, befinden sich noch im Llisto-
rischen Museum Basel (magaziniert), ebenso im
Zeughaus Zürich. Das Pulver hat seine Kraft
bewahrt, herausgenommene Proben verbrennen
sehr rasch mit hoher Flamme, ohne einen Rück-
stand zu hinterlassen, die Farbe dieses Pulvers
ist gelblich grau. Auch zur Füllung von Hand-
granaten wurden die Schläge benutzt, siehe Zeug-
hausinventar von 1648. (Anzeiger für schweizer.
Altertumskunde, N. F., B. XV, 1913. S. 158 w. o.)
„angefüllte Hand Granaten ... 82 St.(ück).. Und 36
Schläg darzu.“ In diesem Inventar finden sich die
Sturmfäfslein nicht besonders erwähnt, da diese
Stücke auf den Türmen aufbewahrt wurden
und nicht im Zeughaus. Das Inventar von 1662
(w. o., B. XV, 1913, S. 238) bringt uns Nachricht,
woraus die .Schläge hergestellt und zu was sie
alles verwendet wurden. „N. B. Presthafften und
versprungenen Musqueten vermög alten Inventarij
seind versägt zu Orgelengeschofs und Sturmpfäl,

Sturmkräntz und fewr Kugelen zu ernst Sachen*)
gebraucht worden.“ Diese „Orgelengeschofse“ be-
fi Zu Kriegszwecken.


Abb. 1. „Sturmfäfslein“.
Hist. Museum Basel. i7.Jahrh,, I. Hälfte
 
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