12. HEFT
FACHNOTIZEN
343
vorgelagert. Das nun folgende Zapfenstück zeigte
zwei ungleich lange kannelierte Teile, die so lagen,
dafs die Furchen des einen auf die Rippen des
andern stiefsen. Im vorderen Teil, 2,85 m mit
ihren Achsen von der Bodenfläche entfernt, safsen
die nicht mit Scheiben versehenen Schildzapfen;
sie waren 18,3 cm stark und 16,7 cm lang. Ihre
Achse lag 8,3 cm unterhalb der Seelenachse. Dem
Zapfenstück war wieder ein Reifen mitRankenwerk
vorgelagert, aus dem wieder Akanthusblätter her-
vorragten. Das lange Feld weiterte sich vorn
zum Kopf mit schmaler glatter Mundfriese von
51 cm Durchmesser. Ihr oberer Umfang war mit
einer fünfzackigen Krone gekrönt, deren vordere
Fläche Edelsteine zwischen Verzierungen zeigten.
Im mittleren Teil der Krone befand sich ein drei-
eckiges Loch, das den höchsten Punkt der Mund-
friese freiliefs, damit man ein Korn hineinsetzen
konnte. Hinter dem Kopf befand sich das breite
geranaete Halsband, das die Verzierungen der
Reifen des Boden- und Zapfenstücks wiederholte.
Die Mündungsfläche war unten um 1,3 cm von
der durch die Seele gelegten Senkrechten abge-
rückt. Der Zweck dieser Einrichtung ist unbe-
kannt.
Auf dem hinteren Ende des langen Feldes
befand sich endlich in halberhabener Arbeit das
Wappen von Este, gekrönt mit der herzoglichen
Krone und umgeben von der Kette des St. Michael-
ordens, an der die Denkmünze des Heiligen hing.
An beiden Seiten der Kette, in Höhe der Mitte
des Wappens, standen die Zeichen
HERII
und darunter die Inschrift:
FERRMVT-REGIN
CARNVF DVXII
MDLVI.
Im übrigen war die Oberfläche des langen Feldes
glatt gelassen. Der Aufbau des Rohrs ist in allen
seinen Teilen harmonisch durchgeführt, die Ver-
zierungen zeigen einen feinsinnigen Geschmack
und wirken trotz ihrer Fülle nicht aufdringlich;
das Prunkhafte am Rohr beeinträchtigt in keiner
Weise den Zweck des Geschützes. Die Vernich-
tung dieses Kunstwerkes ist tief zu beklagen; sie
liefert ein neues Beispiel, wie wenig das 18. Jahr-
hundert seine Kunstschätze im allgemeinen zu
würdigen wufste. W. Gohlke.
Ein Sporn mit Steigbügel. Mein Schwager
brachte mir aus Mazedonien einen aus Messing
gegossenen Steigbügel mit, den ich hier abbilde:
Höhe des Bügels 15 cm, gröfste untere Weite
12 cm. Das Stück wurde von einem Türken er-
worben und zeigt namentlich an der Fufsplatte
Spuren starker Abnutzung. Auch das Stern-
rädchen ist an seinen Spitzen und an der
inneren Bohrung sehr stark abgenutzt. Ebenso
hat der Riemen das Messing an der oberen
Traverse stark abgescheuert. Man kann also auf
eine Benutzung des Bügels während einiger
Generationen schliefsen. Das Eigenartige liegt
in der Anordnung des Sporns. Forrer bildet in
seinem grofsen Werk über den Steigbügel (Berlin
1906, Tafel 17, Nr. 17) zwar auch einen deutschen
eisernen Steigbügel des 17. Jahrhunderts ab, der
mit einem Sporn versehen ist. Aber bei Forrer
führt der Rädchenhalter von der Bodenplatte des
Steigbügels unter dem Fufs des Reiters soweit
rückwärts, dafs das Rädchen hinter dem Fufs
hinausragt. Bei dem hier abgebildeten türkischen
Sporn sitzten Rädchenhalter und Rädchen im
rechten Winkel zu der sonst üblichen Stellung des
Sporns. Soviel ich sehe, ist diese Form bisher
nirgendwo bekannt gemacht worden.
Von einem Bekannten, der den Feldzug im
Orient mitmachte, werde ich darauf aufmerksam
gemacht, dafs diese Art der Befestigung des
Sporns am Steigbügel aus zwei Gründen ent-
standen sei. Erstens reite man im Orient mit
weichen Fufsbekleidungen, an denen man schlecht
einen Sporn anbringen könne, und zweitens schlage
man beim Reiten seine Beine gegen den Bauch
des Pferdes — sporne also nicht nach hinten.
F. M. Feldhaus.
Ein Aufzug für Büchsenschützen. Auf einem
Kupferstich, der den Sturm auf Steinwick unter
dem Prinzen Moritz von Nassau - Oranien am
4. Juli 1592 zeigt, finde ich einen eigenartigen
FACHNOTIZEN
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vorgelagert. Das nun folgende Zapfenstück zeigte
zwei ungleich lange kannelierte Teile, die so lagen,
dafs die Furchen des einen auf die Rippen des
andern stiefsen. Im vorderen Teil, 2,85 m mit
ihren Achsen von der Bodenfläche entfernt, safsen
die nicht mit Scheiben versehenen Schildzapfen;
sie waren 18,3 cm stark und 16,7 cm lang. Ihre
Achse lag 8,3 cm unterhalb der Seelenachse. Dem
Zapfenstück war wieder ein Reifen mitRankenwerk
vorgelagert, aus dem wieder Akanthusblätter her-
vorragten. Das lange Feld weiterte sich vorn
zum Kopf mit schmaler glatter Mundfriese von
51 cm Durchmesser. Ihr oberer Umfang war mit
einer fünfzackigen Krone gekrönt, deren vordere
Fläche Edelsteine zwischen Verzierungen zeigten.
Im mittleren Teil der Krone befand sich ein drei-
eckiges Loch, das den höchsten Punkt der Mund-
friese freiliefs, damit man ein Korn hineinsetzen
konnte. Hinter dem Kopf befand sich das breite
geranaete Halsband, das die Verzierungen der
Reifen des Boden- und Zapfenstücks wiederholte.
Die Mündungsfläche war unten um 1,3 cm von
der durch die Seele gelegten Senkrechten abge-
rückt. Der Zweck dieser Einrichtung ist unbe-
kannt.
Auf dem hinteren Ende des langen Feldes
befand sich endlich in halberhabener Arbeit das
Wappen von Este, gekrönt mit der herzoglichen
Krone und umgeben von der Kette des St. Michael-
ordens, an der die Denkmünze des Heiligen hing.
An beiden Seiten der Kette, in Höhe der Mitte
des Wappens, standen die Zeichen
HERII
und darunter die Inschrift:
FERRMVT-REGIN
CARNVF DVXII
MDLVI.
Im übrigen war die Oberfläche des langen Feldes
glatt gelassen. Der Aufbau des Rohrs ist in allen
seinen Teilen harmonisch durchgeführt, die Ver-
zierungen zeigen einen feinsinnigen Geschmack
und wirken trotz ihrer Fülle nicht aufdringlich;
das Prunkhafte am Rohr beeinträchtigt in keiner
Weise den Zweck des Geschützes. Die Vernich-
tung dieses Kunstwerkes ist tief zu beklagen; sie
liefert ein neues Beispiel, wie wenig das 18. Jahr-
hundert seine Kunstschätze im allgemeinen zu
würdigen wufste. W. Gohlke.
Ein Sporn mit Steigbügel. Mein Schwager
brachte mir aus Mazedonien einen aus Messing
gegossenen Steigbügel mit, den ich hier abbilde:
Höhe des Bügels 15 cm, gröfste untere Weite
12 cm. Das Stück wurde von einem Türken er-
worben und zeigt namentlich an der Fufsplatte
Spuren starker Abnutzung. Auch das Stern-
rädchen ist an seinen Spitzen und an der
inneren Bohrung sehr stark abgenutzt. Ebenso
hat der Riemen das Messing an der oberen
Traverse stark abgescheuert. Man kann also auf
eine Benutzung des Bügels während einiger
Generationen schliefsen. Das Eigenartige liegt
in der Anordnung des Sporns. Forrer bildet in
seinem grofsen Werk über den Steigbügel (Berlin
1906, Tafel 17, Nr. 17) zwar auch einen deutschen
eisernen Steigbügel des 17. Jahrhunderts ab, der
mit einem Sporn versehen ist. Aber bei Forrer
führt der Rädchenhalter von der Bodenplatte des
Steigbügels unter dem Fufs des Reiters soweit
rückwärts, dafs das Rädchen hinter dem Fufs
hinausragt. Bei dem hier abgebildeten türkischen
Sporn sitzten Rädchenhalter und Rädchen im
rechten Winkel zu der sonst üblichen Stellung des
Sporns. Soviel ich sehe, ist diese Form bisher
nirgendwo bekannt gemacht worden.
Von einem Bekannten, der den Feldzug im
Orient mitmachte, werde ich darauf aufmerksam
gemacht, dafs diese Art der Befestigung des
Sporns am Steigbügel aus zwei Gründen ent-
standen sei. Erstens reite man im Orient mit
weichen Fufsbekleidungen, an denen man schlecht
einen Sporn anbringen könne, und zweitens schlage
man beim Reiten seine Beine gegen den Bauch
des Pferdes — sporne also nicht nach hinten.
F. M. Feldhaus.
Ein Aufzug für Büchsenschützen. Auf einem
Kupferstich, der den Sturm auf Steinwick unter
dem Prinzen Moritz von Nassau - Oranien am
4. Juli 1592 zeigt, finde ich einen eigenartigen