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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 20.1904-1905

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Ostini, Fritz von: Die IX. Internationale Kunstausstellung im Münchener Glaspalast, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12355#0599

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MARTIN SCHÖNBERGER

IX. Internationale Kunstausstellung in München

FROHLINGSALLEGORIE

DIE IX. INTERNATIONALE KUNSTAUSSTELLUNG
IM MÜNCHENER GLASPALAST

Von Fritz von Ostini
(Schluß)

In der Luitpoldgruppe fehlt es heuer viel-
leicht an Schlagern, nicht an guten Bildern.
Hans v. Bartels zeigt wieder an der hetero-
gensten Aufgabe, daß es für seine phänomenal
entwickelte Wasserfarbentechnik keine Gren-
zen der Möglichkeit mehr gibt. Seine Fischers-
frau im heißen düsteren Rot des Kaminlichtes
und seine Mäher im blitzenden Sonnenschein
der tauigen Frühe sind ebenso treffend ge-
schildert, wie der holländische Uferdamm bei
schwerer See im kalten Licht eines nordischen
Wolkenhimmels. Ein schönes Vorwärtsgehen
zeigtauch der koloristisch stark begabte Raoul
Frank, dem es wohl James Paterson ein
wenig angetan hat, ohne daß er darum in ein
unpersönliches Nachahmen geriete. Hans
Völker's Aquarelle — namentlich die silbe-
rige „Ebbe"! — stehen auf gleicher Höhe.
Eugen Bracht, der sich von der dramati-
schen Landschaft jetzt mehr der lyri-
schen zuzuwenden scheint, überrascht durch
tiefe Innigkeit in seinen Jahrzeitenbildern,
Karl Küstner besonders in seinem Vor-
frühling und seinem abendlichen Isartal bei
Tölz durch eine ungewöhnliche Kraft in der
Linie wie in der Farbe seiner Landschaft,
die dabei doch eines ruhevollen Tones nicht
entbehrt. Zwei Hochgebirgsbilder von Fritz
Baer lassen wieder das stürmische Tem-

perament dieses wagemutigen Künstlers be-
wundern; ein kleiner Herbstabend mit dem
Blutenburger Schlosse, nicht minder keck
hingeworfen, ist dabei von höchstem dich-
terischem Reiz. Nicht ohne Bangen wird
der Freund an Hermann Urban's edlem
Streben und hoher Begabung dessen Ent-
wicklung als Maler verfolgen. In seinen
neuen Bildern hat freilich Urbans persön-
licher Stil Geschlossenheit und Freiheit von
allen fremden Einflüssen gewonnen, er hat
aber auch das Streben nach Farbe fast ganz
aufgegeben zugunsten eines rein graphischen
Vortrags mit schwarzen Tiefen und kaltem
Weiß, einer Art, der das Körperhafte ver-
loren zu gehen droht. Und es wäre sehr
schade um Hermann Urban! Vielleicht aber
ist diese schwärzliche, durchsichtige Malerei
nur das Ergebnis der neuen enkaustischen
Technik, welche sich der nimmermüde Ex-
perimentierer gewählt. Dann wird ihn in
dieser Ausstellung die Nachbarschaft farbigerer
Bilder schnell belehren, daß sein neuer Weg
nicht der rechte ist. Dagegen haben Franz
Hoch's Landschaften ersichtlich an farbiger
Kraft und Intensität des Lichtes gewonnen
und dabei zeichnet sie eine sichere Ruhe
aus, die z. B. Olaf Jernberg's sonnigem,
aber gar zu wild hingebürstetem Kornfeld im

Die Kunst für Alle XX. 24. 15. September 1905.

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