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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 24.1908-1909

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Kuzmány, Karl Michael: Die russische Ausstellung in der Wiener Secession
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https://doi.org/10.11588/diglit.12503#0196

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-5-Jsö> DIE RUSSISCHE AUSSTELLUNG IN DER WIENER SECESSION <^~-

caspar ritter bacchantin

DIE RUSSISCHE AUSSTELLUNG Sonderheft »Russische Malerei« dieser Zeitschrift,

im nrn uiirnrn ctrorccinM 1906,7, März, abgebildet-, W. Dossjekin (Pariser

IN DER WIENER SECESSION Nachtstücke in Whistlers Art), der Cezanne-Jünger

A. Gausch, die an Zügel gemahnende Frau Anna
Tn der Secession sind jetzt moderne russische Maler Krüger Prachoff (Schlittenfahrt mit Renntieren),
* eingezogen, mit einer Ausstellung, die an Reich- A. Ssrjedin als Maler der historischen Interieurs
haltigkeit alle vorhergehenden übertrifft. Zu einem russischer Paläste. Der > Nikolskimarkt« von E. Lans-
vollständigen Gesamtbild ist sie nicht geworden, sere und die auf pikante Silhouettenwirkung be-
denn es fehlen die Namen von einigen Künstlern, rechnete Mondäne von L. Bakst, der fast allzu
die als führende gelten; doch hat die Secession vor vielerlei kann, weisen nach München. Während bei
Jahren gelegentlich einer »nordischen Ausstellung« diesen das kosmopolitische Element noch sich vor-
unter andern schon Korowin, Wrubel und Somoff, der drängt, sucht es B. Kustodjeff zu überwinden;
seitdem öfter wiederkehrte, gebracht, so daß man emp- seinen Weg lassen das Porträt eines Generals, das
findlich nur Maljawin vermißt, gegen dessen unbändi- aus Besnards früherer Zeit stammen könnte, und
gen Farbenlärm nicht leicht jemand aufkommt. Sol- ein russische breite Typen im Freilicht vereinigendes
chen Ausbrüchen nationalrussischer Kraft, die man Familienbild erkennen, dem an Urwüchsigkeit der
hinter der bloßen Pinselgeschicklichkeit vermutet, be- Charakteristik das Porträt zweier langhaariger Popen
gegnet man hier freilich nicht, dafür aber überzeu- nicht nachsteht, bei sichtlicher Vertiefung, die end-
genderen Kundgebungen derer, die sich auf Grund lieh im »Dorffest« das bunte Treiben in einer langen
ihrer westeuropäischen Schulung oder in schroffer Gasse von Holzhäusern zu einer schönen dekora-
Einfalt bemühen, aus dem Leben und der Geschichte tiven Wirkung abdämpft. Ist dieses Hauptstück der
ihres Heimatlandes geholte Stoffe künstlerisch zu ge- Ausstellung milde und heiter, so steigert sich der
stalten. Damit will eine zweite Gruppe, die wir jetzt »Pilgerzug« von W. Ssarubin zu düsterem Pathos,
erst kennen lernen, nichts zutun haben; Tändler und denn in stummer Andacht strebt da ein Gewimmel
Anhänger des Neo-Impressionismus sind es, dem vielfarbiger Menschen den Felsenhügel zu der Kapelle
beziehungslosen Farbenreiz ergeben. Ihnen allen, hinan, die weiß aufblinkt unter den über das Wasser
welcher Richtung immer sie angehören mögen, des Vorgebirges gebreiteten Wolkenschatten. Die
merkt man es an, daß sie in Paris oder München Pastelle von L. Pasternak, Kinderporträts und
studiert haben. Was sie dort sich aneignen konnten, »Tolstoi im Kreise seiner Familie«, leuchten warm
die Beherrschung des Technischen und ihren sichern im rötlichen Lampenlicht. Als einer der Führer zu
Geschmack zeigen O. Braz — ein Porträt ist in dem einer ihrer nationalen Aufgabe sich bewußten Kunst

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