Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 24.1908-1909

DOI Artikel:
Schumann, Paul: Die II. graphische Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes in Dresden
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12503#0452

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DIE II. GRAPHISCHE AUSSTELLUNG DES DEUTSCHEN KÜNSTLERBUNDES

DIE II. GRAPHISCHE AUSSTELLUNG zu einem neuen Lithographiewerk, Meisterwerke

tmtc ntriiTCOurM i/ümcti itddi iMntrc im kühn skizzierender Wiedergabe lebhaftester Bewe-
ULO ULUIOLMLIN MJINi I LLKbUINUt.5 IIN gungen und leidenschaftlichen Lebens, wohl geeignet,
DRESDEN unsere Phantasie zum Mitschwingen anzuregen.

Max Liebermann schildert mit nicht geringerer
■pvie zweite Graphische Ausstellung des Deut- Suggestionskraft in flüchtigen Strichen das lebendige
sehen Künstlerbundes, die am 1. Mai eröffnet Getriebe im Amsterdamer Judenviertel: man meint
wurde, nimmt sämtliche Räume der Galerie Arnold die Hunderte durcheinanderkribbeln zu sehen, so
in Dresden ein und umfaßt nicht weniger als stark ist die Suggestion des Masseneindrucks. In
etwa 1000 Blatt, die von rund 200 Künstlern her- seinen landschaftlichen Zeichnungen geht Lieber-
rühren. Im Gegensatz zu der ersten Ausstellung mann mehr auf weiche malerische Wirkungen mit
gleicher Art in Leipzig 1907 überwiegen diesmal die Licht und Schatten aus.

kleinen Blätter, es ist daher nicht ganz leicht, eine Unter Lovis Corinths Zeichnungen fällt neben

Gesamtübersicht über die Fülle des Gebotenen zu derb lebenswahren Akten die wahrhaft meisterhafte
gewinnen. Indes ist die Ausstellung innerhalb der Wiedergabe einer Eichenallee auf, die in ihrer in-
Grenzen des Möglichen mitGeschmack und Geschick nerlichen Wahrheit zu den besten Landschaften der
angeordnet, so daß es ein Vergnügen ist, sich all- ganzen Ausstellung gehört. Mehr werdende Talente
mählich in ihr heimisch zu machen. Eine bestimmte sind demgegenüber Willi Geiger und Adolf
Zeitgrenze ist offenbar nicht maßgebend gewesen, Schinnerer, die nebst Paul Baum die Villa-Ro-
denn wir finden von einzelnen Künstlern wie Stuck, mana-Preise erhalten haben. Geigers Versailles und
Klinger, Kalckreuth, Böhle, Greiner, Thoma, Damenbildnis und seine phantasiereichen Radierun-
Schmutzer zum Teil alte und längst bekannte gen, die Verwandlungen der Venus nach Dehmels
Werke vor. Sehen wir davon ab, so ergibt sich für Dichtung, sind nicht ganz gleichwertig, wirklich
die gegenwärtige graphische Kunst ein ansehnlicher ausgezeichnet aber sind die knapp zusammen-
Hochstand, wenn man den > Amorphismus<, d. i. die fassenden Szenen aus den spanischen Stierkämpfen.
Abkehr von der strengen einläßlichen Form, die Schinnerer schildert mit naiver biedermännischer
Skizzenhaftigkeit und eine weitgehende Betonung Treuherzigkeit in 16 Blättern die Geschichte des
der Individualität als gegebene Tatsachen hinnimmt. Tobias und in einer ähnlichen Folge die Schick-
Denn so einläßliche Zeichnung und Durchbildung, sale Simsons im Gewände neuerer Zeit; einzelne
wie sie etwa Richard Müllers Studienkopf und Blätter, wie das Zerbrechen der Säulen, die den
Fischgräte oder Georg Jahns große Bildnisse auf- Saal der Philister tragen, sind in ihrer dramatischen
weisen, sind in dieser Ausstellung durchaus ver- Kraft verheißungsvoll. Paul Baum hat namentlich
einzelte Erscheinungen. Das hervorstechendste Neue, einige seiner großen Zeichnungen und Radierungen
was sie bietet, sind wohl die Illustrationen zu Coopers geschickt, die mit feinen nervösen Strichen Baum-
Lederstrumpf von Max Slevogt, zehn Probedrucke gärten im Frühling u. ä. darstellen.

Weiter sehen wir von Otto Greiner
die bekannte Hexenschule mit den zuge-
hörigen mit schärfster Sicherheit gezeich-
neten Studien aus dem Besitz von R. Pich-
ler, von Max Klinger das intime Bildnis
seiner alten Mutter und einen wunder-
vollen weiblichen Kopf, von Ludwig von
Hofmann einige leichte Skizzen seiner
bekannten Art, von Böhle die kraftvollen
Bauernschilderungen und eine Illustration
zu Sebastian Brants Narrenschiff, von
Schmutzer außer Bekanntem eine große
eindrucksvolle Anatomie — Prof. Chro-
back mit seinen Assistenten — und eine
auch malerisch sehr wirksame Kloster-
suppe, von Hans Thoma Landschaften
mit weitem Blick aus dem Schwarzwald
und aus Italien, vom Grafen Kalckreuth
einige einläßlich charakterisierte Bildnisse,
von Carlos Grethe lebensvolle Schil-
derungen aus dem Hamburger Hafen und
vom Fischerleben auf offener See, von
Emil Orlik teils japanische, teils japani-
sierende Schilderungen, sowie ein paar
treffliche schlichte Bildnisse, von Hein-
rich Vogeler eine Reihe ansprechender
feiner Exlibris, von Franz von Stuck
außer einigen vorzüglichen Aktstudien nur
die längst bekannten Blätter Lucifer, Sinn-
lichkeit, kämpfende Faune u. a. Der
Dresdner Robert Sterl ist mit inter-
essanten Impressionen aus dem Leben der
Arbeiter und Zeichnungen aus dem musi-
kalischen Leben vertreten. Wilhelm Clau-
dius führt eine große Zeichnung (Baß-
geiger) vor.

Alfred offner kinderbildnis Teils mehr, teils weniger gelungen sind

Frühjahr-Ausstellung der Wiener Secession joseph uhls phantastisch - karikierende

412
 
Annotationen