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Baumeister: das Architektur-Magazin — 3.1905

DOI issue:
Heft 6 (1905, März)
DOI article:
Ebe, Gustav: Holzarbeiten zur Innenausstattung der Bauten in Technik und Kunstform
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https://doi.org/10.11588/diglit.49991#0069

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DSß BAUMEISTER

ARCHITEKTONISCHE LEITUNG: ooo
HERMANN JANSEN UND
WILLIAM MÜLLER.
SCHRIFTLEITUNG: o o o o o o o o o o o o o
F. v. BIEDERMANN,
ALLE ZUSENDUNGEN AN DIE SCHRIFTLEITUNG
BERLIN W., STEGLITZERSTR. 53.
HI. Jahrgang

MONATSHEFTE
FÜR ARCHITEKTUR
UND BAUPRAXIS.
1905, März

VERLAG UND EXPEDITION: oooooo
GEORG D. W. CALLWEY
MÜNCHEN, FINKENSTR. 2
BERLIN W„ KOENIGIN AUGUSTA-
STRASSE 36.
Heft 6

INHALT: Hauptblatt: Holzarbeiten zur Innenausstattung, von Gustav Ebe (13 Abb.). — Deutsche Bauernkunst, von W. Fred (4 Abb.) Fort-
setzung.— Villa Hösslin, Arch. Fr. v. Thiersch (1 Abb.). — Schulhaus an der Boschetsriederstrasse in München, Arch. R. Rehlen (2 Abb.)
— Landhaus Altgelt in Nöschenrode i. H., Arch. Altgelt & Schweitzer (2 Abb.).
Beilage: Dreieck und Kraftübertragung, von Prof. Boost. — Die deutsche Architektur und das deutsche Kunstgewerbe auf der
Ausstellung von St. Louis, Vortrag des Hrn. Reg.-Rates Dr. Muthesius. — Die Glasmosaikkunst, von A. Speltz. — Vom Büchermarkt:
Schmid Max, Kunstgeschichte des XIX. Jahrh. — Mackowsky Dr. ing. Walter: Giovanni Maria Nosseni. — Muthesius Dr. H., Die
Wohnungskunst. — Rathaus in Basel. — Zobel Victor, Bürger!. Hausbaukunst. — Adressbuch der Architekten usw. — Chronik. —
Technische Mitteilungen. — Tafeln 41—48. — Supplementtafeln 11 u. 12.

Holzarbeiten zur Innenausstattung der Bauten in Technik und Kunstform.
Von Gustav Ebe.

In der Innenausstattung der Bauten, besonders der in den
mittel- und nordeuropäischen Ländern, nimmt das Holz in
der Form von Decken- und Wandtäfelungen, von Eingangs-
und Verbindungstüren mit den dazugehörigen Einfassungen,
von Schränken, Truhen usw. einen bevorzugten Platz ein und
kann kaum durch ein anderes Material ersetzt werden. Be-
kleidungen in echtem und Stuckmarmor, wie sie die Barock-
periode vielfach nach italienischem Vorbilde bei uns einführte,
blieben namentlich für das deutsche Wohnhaus immer ein

Zusammenhang der Fasern der Quere nach führte auf die
möglichste Vermeidung tiefer Durchbrechungen nach dieser
Richtung und fand seinen Ausdruck in der Bevorzugung der
Flachschnitzerei bei wenig vertieftem Grunde^
Die Holzarbeiten für das Innere, soweit sie mit der archi-
tektonischen Ausbildung der Räume im engsten Zusammen-
hänge stehen, erstrecken sich in der Hauptsache auf Decken,
Wandtäfelungen und Türen; an der Herstellung derselben sind
der Zimmermann, der Tischler, der Drechsler und der Bild-

fremdartiger, erkältender
Prunk der die altgewohnte
Traulichkeit und Behaglichkeit
der mit Holztäfelungen aus-
gestatteten Räume vermissen
liess; und in diesem Gefühl
kehrte man gerne wieder zu
dem von den Vätern her lieb-
gewordenen Material zurück.
Das Holz als Baustoff hat
eine lange Dauer, wenn es vor
Fäulnis und Wurmfrass be-
wahrt bleibt, wie es unter an-
dern die vieltausendjährige Er-
haltung altägyptischerTempel-
geräte und Mumienkästen be-


hauer beteiligt. Einige dieser
handwerklichen und künstle-
rischen Tätigkeiten sind oft
gleichzeitig von derselben Per-
son ausgeübt worden.
Im Mittelalter nimmt im
nördlichen und mittleren Eu-
ropa die Ausbildung der Holz-
arbeiten einen eigenen, nur im
Beginn von der antiken Über-
lieferung mässig beeinflussten
Gang. So sind die flachen
Holzdecken der Kirchen aus
der romanischen Periode noch
von der antiken Überlieferung
abhängig, indem sie an die

weist. Zu den sonstigen Vor-
zügen des Holzes, welche seine
Verwendbarkeit begünstigen, gehört die Leichtigkeit mit
der es sich durch schneidende Instrumente bearbeiten und
in verschiedene Formen bringen lässt, von denen haupt-
sächlich der Balken und das Brett für die Bauarbeiten
in Betracht kommen. Ausserdem ist die Oberfläche des
Holzes imstande, eine feine haltbare Politur anzunehmen,
welche seine Naturfarbe und Maserung lebhaft hervortreten
lässt, und endlich eignet sich das Holz zur Ausführung orna-
mentaler und figürlicher Schnitzereien und zur Herstellung
von Drechslerarbeiten. Andererseits sind als Nachteile des
Materials zu bemerken: einmal die durch das Austrocknen
bewirkte Volumenveränderung, das sogenannte Schwinden
nach der Breite, welches in der ersten Zeit nach der Ver-
arbeitung am stärksten auftritt, aber noch längere Zeit fort-
dauert, dann der geringe Zusammenhang in der Querrichtung
der Fasern und das hieraus sich ergebende Rissigwerden.
Von allen genannten Eigenschaften wird nun Technik und
Kunstform der Holzarbeiten im hohen Grade abhängig, wie
es sich im Entwicklungsgänge derselben zeigt. Das Schwinden
der Bretter führte zunächst auf das Spunden und das Ver-
decken der Fugen durch aufgenagelte Leisten, später auf die
in Feder und Nut gefügte Füllungs- und Rahmarbeit, welche
letztere erst mit dem Auftreten der Renaissance recht in
Übung kam, und ein Zurückgreifen auf die Überlieferungen
der Antike bedeutet, ebenso wie das Einlegen mit verschieden-
farbigen Holzarten, die Intarsien. Der leicht zu zerstörende

alte Kassettendecke erinnern,
wie z. B. die durch Teppich-
malerei geschmückte Decke in St. Michael zu Hildes-
heim. Dieselbe ist nach aussen mit einem umlaufenden
Fries eingefasst, darauf folgen kleinere Felder, welche
die mittleren grossen Abteilungen einschliessen. Die Felder
sind durch Leisten eingefasst, jedoch nicht kassettenartig ver-
tieft. Eine ähnliche flache Bretterdecke mit Leistenteilung
befindet sich in St. Nikolai zu Dippoldiswalde. Hingegen
müssen die verzierten sichtbaren Dachstühle bereits als eine
freie Erfindung des Mittelalters gelten. Der Dachstuhl des
Doms von Messina aus dem 11. Jahrhundert in zum Teil
arabischer Stilisierung, wird allein durch farbiges Ornament
ohne Mithilfe von Schnitzwerk zur Kunstform erhoben. Die
doppelte Schalung über den Dachlatten ist durch regelmässig
in die untere Brettlage eingeschnittene Sterne zur doppelt
geneigten Lakunariendecke geworden, gibt also im Prinzip
eine Reduktion der antiken Kassettierung. Die schmalen unter
den First der Sparren aufgehängte Plafonddecke mit reicher
Kassettierung lässt die Abhängigkeit von der Auffassung der
Antike noch deutlicher hervortreten. Der offene Dachstuhl
der Kathedrale zu Monreale aus dem 12. Jahrh., zeichnet sich
durch die reiche Bemalung der Spannbalken mit antikisierenden
Mustern aus. Der Dachstuhl von S. Miniato al Monte bei
Florenz von 1357 mit sichtbaren Hängewerken zeigt eine
reiche Ornamentierung in hellen Farbentönen auf dem dunklen
Grunde des Holzes und strebt, wieder ganz im Sinne der
Antike, den Ausdruck der latent waltenden dynamischen Kräfte

Abb. 1: S. Miniato al Monte bei Florenz.
 
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