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Baumeister: das Architektur-Magazin — 3.1905

DOI Heft:
Heft 10 (1905, Juli)
DOI Artikel:
Ebe, Gustav: Die Ausbildung der Front- und Dacherker
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https://doi.org/10.11588/diglit.49991#0117

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D= BAUMEISTER

ARCHITEKTONISCHE LEITUNG: ooo
HERMANN JANSEN UND
WILLIAM MÜLLER.
SCHRIFTLEITUNG: o o o o o o o j o o o o o
F. v. BIEDERMANN,
ALLE ZUSENDUNGEN AN DIE SCHRIFTLEITUNG
BERLIN W., STEGLITZERSTR. 53.
III. Jahrgang

MONATSHEFTE
FÜR ARCHITEKTUR
UND BAUPRAXIS.
1905, Juli

VERLAG UND EXPEDITION: ooooco
GEORG D. W. CALLWEY
MÜNCHEN, FINKENSTR. 2
BERLIN W„ KOENIGIN AUGUSTA-
STRASSE 36.
Heft 10

INHALT: Hauptblatt: Die Ausbildung der Front- und Dacherker von Gustav Ebe (12 Abb.). — Das Automathaus in Berlin, Friedrichstrasse,
Architekt Bruno Schmitz (5 Abb.). — Entwurf zu einem Realprogymnasium für Boxhagen-Rummelsburg, Architekt Franz Thyriot.
Beilage: Vom Büchermarkt: Anderson-Spiers, die Architektur von Griechenland und Rom; Breymann’s Allgem. Baukunde Bd. IV.;
Ebhardt, Über Verfall, Erhaltung etc. von Baudenkmalen; Luegers Lexikon der ges. Technik, 2 Aufl.; Volkmann, Padua. — Chronik.—
Technische Mitteilungen.
Tafeln No. 73—80. Supplementtafeln No. 19 u. 20.

Die Ausbildung der Front- und Dacherker.
Von Gustav Ebe.

Die plastische Belebung der Fassade durch stark vor-
springende Erkervorbauten, sowie die gleichzeitige Aus-
nutzung der Dachflächen für malerische Aufbauten , welch
letztere den Zusammenhang zwischen Dach und unterem
Baukörper erst recht zur Geltung bringen, gehört zu den

Wenn aber neuestens der verwässerte Barock- alias
i Biedermeierstil vom Ende des 18. Jahrhunderts, der sich
fast aller Mittel zur plastischen Gliederung des Aussenbaues
beraubt hatte, als Inbegriff der Schönheit gelten soll, wenn
die ihm eigene Armseligkeit und Öde in den Einzelformen

eigensten Beson-

als edle Einfachheit

derheiten der nor-
dischen Architek-
tur und ist mit der-
selbenaufdas innig-
ste verwachsen. Es
bedarf kaum des
Hinweises auf die
historische Berech-
tigung der Erker,
um ihre fortdauern-
de Verwendung im
modernen Bau-
wesen zu erklären:
es ist der gleiche
Pulsschlag des Em-
pfindens , der die
Vergangenheit mit
der Neuzeit ver-
bindet und immer-
fort zu ähnlichen
Gestaltungen den
Anlass gibt, ohne
dass es nötig wäre
in derWiederholung
der hergebrachten
Einzelformen zu
verharren. Denn
auch auf diesem
Gebiete erscheint
das Suchen nach
dem Neuen als un-
vermeidliche Auf-
gabe des Künstlers.
Es gibt zwar Kunst-
beflissene und Lai-
en die mit einer
seltsamen Unge-
reimtheit des Glau-
bens sind, die Kunst
hätte alle ihre sämt-


gepriesen und
in dem Mansarde-
dach mit seinen
Fledermausfenstern
plötzlich das Mittel
entdeckt wird, um
die erwünschte lieb-
liche Weichheit des
Konturs herzustel-
len ; so muss das
als eine Versündi-
gung gegen den
guten Geschmack
bezeichnet werden.
Die halbländlichen
Gebäude aus dieser
Periode, wie sie
als Gegensatz zu
ausgesucht schlech-
ten und hartlinigen
Leistungen des 19.
Jahrhunderts gele-
gentlich hingestellt
werden, beweisen
allenfalls die Über-
legenheit der erste-
ren über die beson-
ders auf diesem
Gebiete hervortre-
tende klägliche
Nüchternheit und
falsche Übertra-
gung städtischer
Formen auf das
platte Land, wie sie
eine Anzahl Bauten
aus der Mitte des
19. Jahrhunderts
kennzeichnet. Aber
es kommen doch

liehen Wände- Abb. I. Schloss Martainville
lungenschon durch-
gemacht und nun seien keine mehr zu erwarten, sollten
aber doch neue Bildungen auftauchen, so wären sie
als gänzlich unberechtigt zurückzuweisen. In Schellings
bekanntem Ausspruche „die Kunst ist tot, wir haben sie
begriffen“ steckte schon der Leitsatz für die unbedingten An-
hänger der historischen Sterilität.

(Erker über dem Portal).

noch andere Gat-
tungen von Wohn-
bauten in Frage; so die anspruchsvollere Villa, dann das
städtische Einfamilienhaus, die ihrerseits eine künstlerisch-
monumentalere, plastisch reichere Ausbildung verlangen —
ganz abgesehen von den, höhere Ansprüche stellenden, öffent-
lichen Gebäuden — als sie die Formen des Biedermeierstils
leisten können.
 
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