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Zwn Löhne.
' Kriminal-Novelle
von
Ar. Friedrich.
(Fortsetzung.)
„Ich störe Sie, Herr
v. Geldern, und doch ist cs
mir lieb, daß ich Sic allein
treste," sprach Mottau. Auch
seine Stimme tlang weniger-
freundlich als früher, allein
Geldern bemerkte es nicht,
er war zu sehr mit sich be-
schäftigt, um das zurückzu-
drängen, was soeben noch
all' seine Gedanken einge-
nommen hatte.
„Nein," entgegnete Gel-
dern noch immer halb ver-
wirrt, „ich war nur ermüdet
und suchte hier für kurze
Zeit Ruhe. Sic wissen, daß
ich Ihnen jeder Zeit gern
zu Diensten stehe."
„Nur eine Frage möchte
ich an Sie richten, Herr
v. Geldern," fuhr Möttau
fort. „Als Sie hierher ka-
men, baten Sie mich, Ihnen
volles Vertrauen zu schenken
und Sie selbst müssen mir
gestehen, daß ich dies gc-
than habe. Ich hatte die
feste Zuversicht, daß Sie den
Mörder meines Sohnes ent-
decken würden. Mag sich jetzt
auch herausgestellt haben,
daß Heino mein Sohn nicht
war, meinem Herzen ist er
derselbe geblieben, denn ich
habe ihn von Jugend auf
als Sohn geliebt und das
Herz hält an dem fest, was
es so lange Jahre geliebt hat.
Sie verzeihen mir diese
Worte, wie ich es ja be¬

greiflich finden würde, wenn Sie durch die verän-
! derten Verhältnisse in Ihrem Eifer nachgelassen
i hätten."
j Das Blut stieg in Seldern's Wangen; er
Fühlte den Vorwurf, in so milde Worte derselbe
! auch gekleidet war.

„Herr v. Mottau," entgegnete er, sich em-
porrichtend. „Meine Pflicht gebietet mir, die mir-
gestellte Aufgabe mit allen Kräften zu verfolgen,
meine Ehre verlangt, sie zu lösen, und beiden habe
ich Lis jetzt unablässig zu genügen gesucht. Ich
Labe den Todten nicht gekannt und das Verbrechen
ist dasselbe geblieben, ob-

Leopols, Prinz von e^henzollcru. (S. 101.)


schon sich herausgestellt hat,
daß der Ermordete nicht Ihr
Sohn ist."
„Ich wollte Sie nicht
verletzen," warf Mottau ein,
„sondern nur die Frage an
Sie richten, ob Sie noch
immer keine Spur des Mör-
ders gefunden haben?"
„Ich habe sie gefunden
und ich hoffe, daß sie mich
bald zum Ziele führen wird,"
gab Geldern zur Antwort.
Ueberrascht blickte Mot-
tau ihn an.
„Sie haben die Spur-
gefunden?" wiederholte er-
fragend, als ob. er den ge-
hörten Worten nicht glaube.
„Gewiß. Ich würde sie
früher gefunden haben, wenn
ich von Anfang an mit den
hiesigen Verhältnissen ver-
traut gewesen wäre. Ich
mußte dieselben erst kennen
lernen, ehe ich einen Ver-
dacht faßte."
„Und auf wer: hat sich
JhrVerdacht gelenkt?" unter-
brach ihn Mottau.
„Heute muß ich Ihnen
dies noch verschweigen," gab
Seldern zur Antwort. „Sie
haben vielleicht geglaubt, ich
habe meine Aufgabe aus den
Augen verloren und doch bin
ich unablässig thätig gewesen.
Ich habe bereits die Büchse
entdeckt, aus welcher die
mörderische Kugel geschossen
ist."

F
 
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