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mit demselben Vertrauen einem Andern zuwenden. ! Gefühl, daß mir

Jules Favre, französischer Minister des Aenßern. (S. 159.)

dem er so bitter getäuscht ist, nicht sogleich wieder! Ihnen vertraue ich, bei Ihnen habe ich das sichere
" . "V —'7 nie C'" -

Zwei Söhne.
Kriminal-Novelle
von
Ar. Friedrich.
(Schluß.)
„Ich würde noch blei-
ben, wenn ich Ihnen nützen
könnte," bemerkte Geldern.
„Heinrichs Pflege ist in den
besten Händen und ich bin
überzeugt, daß er bald ge-
nesen ist."
„So bleiben Sie mei-
netwegen," unterbrach.ihn
Mottau, indem er seine
Hand erfaßte. „Der Ge-
danke, Sie in meiner Nähe
zu wissen, die Möglichkeit,
jeden Augenblick Ihren
Rath und Ihre Hilfe an-
rufen zu können, ist allein
im Stande, mir jetzt Ruhe
zu geben! — Wenn ich
Sie immer hier behalten
könnte," fuhr er fort. „Ich
fühle, daß ich alt geworden
bin und einer Stütze bedarf.
Heinrich ist ein trefflicher
und gerader Charakter,
allein Sie wissen, wie sehr
er selbst noch der Stütze
bedarf. Ihm fehlen alle
Erfahrungen und Kennt-
nisse, er wird noch langer
Zeit bedürfen, ehe er sich
in die ihm neuen Verhält-
nisse hinein gelebt hat. Sie
wissen nicht, wie treu mir
Heino in Allem zur Seite
stand — als er todt war,
stützte ich mich auf Hugo,
und ich that es mit vollem
Vertrauen. In meinem
Alter fehlt dem Geiste die
Schwungkraft der Jugend,
er überwindet das Erlebte
schwer; er kann sich, nach-

eine Täuschung bevorstehen
würde. Bleiben Sie hier,
legen Sie Ihre Zukunft
in meine Hand, auch Sie
sollen nicht getäuscht wer-
den."
Selderns Rechte zitterte
leise in Mottau's Hand.
Unwillkürlich richteten sich
seine Gedanken auf Cläre.
Mottau's Worte schienen
ihm einen Himmel des selig-
sten Glückes zu erschließen,
eine goldene Zukunft. Er
fühlte, daß ihm das Blut
in die Wangen schoß, dann
scheuchte er die Träume
von sich.
„Mich bindet meine
Pflicht," entgegnete er.
„Sie gestattet mir höchstens
noch einige Tage, und so
lange werde ich hier blei-
ben, um Ihnen beizustehen,
wenn ich dazu im Stande
bin. Sie werden auch an
Heinrich bald eine feste
Stütze gewinnen. Es ist
ein Glück für ihn, daß
die Kürze der Zeit Hugo
nicht gestattet hat, einen
größeren Einfluß auf ihn
zu gewinnen."
Seldern blieb. In
thätigster Weise nahm er
die Beerdigung Hugo's in
die Hand. Früh am Mor-
gen wurde derselbe zum
Friedhöfe getragen, Nie-
mand folgte seinem Sarge.
Seldern hatte sich zum
Friedhöfe begeben, weil er
befürchtete, die Bewohner
des Dorfes würden gegen
die Beerdigung des Mör-
ders auf ihrem Gottesacker
prolestiren. Sie thateu es
nicht, aber nicht aus Mit-
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