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Der Bote vom Neckar: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (2) — 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.42418#0365

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35g



e ck ar.

Tages Neuigkeiten.
Die russische Kaiserfamilie befindet sich noch in Potsdam, von
wo der Kaiser zuweilen nach Berlin kommt. Die Abreise war
auf den 2. Oktober bestimmt. Ein russischer Stabskapitän ist
als Kourier nach München abgcgangcn, man glaubt, nicht blos
der Motion wegen. — Der russische Thronfolger hat seine Reise
nach Italien angctreten und.ist über Baireuth in Nürnberg am
3o. September eingetroffcn, wo ihn der russische Gesandte aus
München empfing. — Die Großfürstin Maria ist 19 Jahre alt.
.— Mit den unruhigen Tscherkcssen soll jetzt kurzer Prozeß
gemacht werden. Unter dem Oberbefehl des KavalleriegeneralS
von Noth ist eine bedeutende russische Armee dahin ausgebrochen,
um die Nebelten zu vernichten. Don da aus soll'S weiter nach
Persien gehen, um dem bedrängten Schah beizustehen und die
Engländer zum Lande hinauszuwerfrn.
— Allem Hader und aller Verlegenheit in der Schwei; ist
nun abgeholfen und die Soldaten , die sich auf den Krieg freuten
und schon den Tornister geschnallt hatten , können sich nun wie-
der ganz gemächlich auf die Bärenhaut strecken. Für diesmal
wird nichts aus dem Krieg. Ludwig Napoleon hat an den
Landammann von Thurgau die Erklärung abgegeben, daß er
freiwillig das Land in ganz Europa, wo er Stütze und
Schutz gefunden habe, verlasse. Doch hofft er, die Trennung
werde nicht ewig sein und es werde ein Tag kommen, an wel-
chem er sein zweites Vaterland wieder aufsuchen könne, ohne die
Interessen zweier Nationen, die sich befreundet bleiben sollen,
auf das Spiel zu setzen. Das eine bittet er nur noch, daß ihm
von den Gesandten der verschiedenen Mächte die Pässe ausge-
händigt werden möchten, um sich an einen Ort zu begeben, wo
er rin sicheres Asyl finde.
— Die Thierseuchen dauern heftig fort. Hie und da kommt
die Klauenseuche zum zweitenmal und ist dann gefährlicher. Auch
unter dem Gefieder, besonders den Hühnern, dauert die Sterb-
lichkeit fort.
°— In Augsburg wurde am 20. d. M. die »egyptische
Finsterniß mit Gasbeleuchtung» angekündigt.
— In Schleswig ist den Advokaten auch von oben angerathen
worden, deutsch zu schreiben; nur den alten, die nicht gut
deutsch schreiben gelernt haben, sollen noch einige lateinische
juristische Redensarten zu gut gehalten werden.
— Der Großsultan, der auf Maß hält auch beim Licht, hat
bekannt machen lassen, bei der letzten großen Illumination hät-
ten einige Staatsdiener zwar nicht über ihr Vermögen, aber
über ihren Stand erleuchtet, und ob man gleich an dem reinen
Licht gesehen habe, daß es aus einer guten Quelle gekommen
sei, so sei doch das Ucbermaß von Licht unanständig, und wer
in Zukunft ein Licht über das Rangreglcment anbrenne, dem
werde das Licht ausgeblasen.
Mancherlei Altes und Neues.
Eine Münchener Zeitschrift enthält eine glänzende Schilde-
rung von dem dortigen königlichen Schatze, welcher blos an

Metallwerth 2 Millionen 792,000 Gulden betragen soll. Die
1806 in Paris gefertigte Krone ist in einem besondern Schranke
aufbewahrt; das künstlichste Werk aber ist eine, von dem Kur-
fürsten Karl Theodor geschenkte, kleine silberne Nachbildung
der Trajans-Säule.
Alte Zeit. Aus Lord Fairfax's Buche über den Haushalt
Heinrich's VIII. ergibt sich, daß n Uhr die Stunde des Mit-
tagsesscns, im I. i5oo um 10 Uhr die Mittagszeit war und
um Uhr zu Abend gegessen wurde. Zwischen 6 und 7 Uhr
mußten die dazu bestellten Diener jeden Morgen Feuer anmachen
und die Zimmer des Königs mit Stroh bestreuen. Kohlen durf-
ten nur in des Königs, der Königin und Mariens Zimmer ge-
brannt werden. Die Ehrendamen der Königin erhielten zum
Frühstück ein Brod, eine Kanne Bier und ein Stück Rindfleisch.
In Berlin gehen derzeit sehr viele Damen in die Kollegien.
Besonders sind Mitscherlich's Vorlesungen über Chemie nebst
chemischen Experimenten und Gans's Vorlesungen über den
Geist der neuen Historie besucht. Würden die Damen ander-
wärts auch solchen Eifer zeigen, so wäre vielleicht zu hoffen,
daß die Studenten kein Kollegium versäumen würden.

Aus der Briestsache.
Historisch-geographische Erinnerungen aus der
Pfalz,
nach Johann Goswin Widder.
1786.
(Fortsetzung.)
Kirchart ist ein ansehnliches Dorf, von sechzig und mehr
Häusern, zwischen dem Gemmingischen Marktflecken Fürfeld;
dem Neippergischen Dorf Massenbachshauscn; dem zum adelichen
Fraucnstift Pforzheim gehörigen Bock-Hof, und dem Venningi-
schen Dorf Grumbach gelegen. Im I. 792 erhielt das Kloster
Lorsch im Dorf Knrchhart einen Hof und Hube samt Zuge-
hör an Aeckern, Wiesen, Wald und Wasser etc. wie auch zwan-
zig Leibeigene. Das Dorf war hernach zederzeit eine Zugehör
der alten Burg Steinsberg, mit welcher es auch an die Pfalz
gekommen. Von den darin hergebrachten Gerechtsamen, Gütern
und Gefällen gibt das alte Zinsbuch vom I. 1369 folgende
Nachricht: »Zu Kirchart ist die rehte Bede alle Iar 2 Pfunt
»Heller zu Wihenachten und 2 Pfunt zu Meyen, die Ernbede
»sti Malter Korns. Item zedaz Hus git alle Iar ein halb
»Malter Haber, daz dnfet sich Iars 20 Malter Haber minre
»oder me. Item min Herre hat alle Iar fünfzig Hunre zu Vas-
»nacht und fünfzig zu Ern etc. Item min Herre hat einen
»Hof zu Kirchart liegen, heizzet Ernsteshof, darin gehörent
»in dem Flure hinter dem Nodcnhart, 28 Morgen, gen
»Grumbach i5 Morg. und gen Furcnfelt fünf Morgen.
»Item min Herre hat daselbs 87 Morgen böses und gutes, die
»haben die armen Lute gerne lazzen liegen für den Zinnße, die
»buwet man auch jezund in denselben Hose. Item Schelharts-
»lehen halbes ist minrs Herren verfallen für reht eigen, darum,
 
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