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Der Bote vom Neckar: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (2) — 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.42418#0396

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390

Kanzlist war im siebenjährigen Kriege nach ein großes Thier,
absonderlich in ländlichen Augen. Was Wunder, wenn auch das
Mädchen in Ehrenfricd KaSpar's Nahe gar bald recht wohl sich
befand, still wünschte, einst ganz rhm nahe zu sein, und sich
ordentlich grämte, daß er gegen sie nach sechs Wochen noch so
respektvoll blieb, wie am ersten Tage. Denn obschon Sophiens
Blaugucken und Nosenwangen den großen Jungen begleiteten in
die Akten- wie in die Schlafkammer und ihn oft verführten,
früh Tiede's Abend- und Abends Sturm'S Morgenstunden zu
lesen, blieb er doch gegen das herzige, offene Mädchen Peter
der Steife, der vor lauter Ehrfurcht und Höflichkeit nicht zu
dem Herz gelangen konnte, sein Herz zu verrathen.
Eine kleine Wohnung, wo man sich kaum auSweichcn konnte,
ein kleiner gemeinschaftlicher Tisch und große gemeinschaftliche
Angst, woran cs in einer belagerten Stadt nicht fehlt — He-
bel genug zur Annäherung und Vertraulichkeit — brachten es
doch bei dem jetzt wirklich verliebten Geheim - Kanzlisten nicht
weiter, als daß er täglich dreimal, so um die Zeit, wenn die
große Karthaune donnern sollte, erst an's Fenster, dann, wenn
der Kanonier mit brennender Lunte erschien, an Sophien's
Nähtisch trat mit den Worten: »Fiekchen! erschrecken Sic nicht
>— die große Karthaune!«
Das dauerte aber der guten Mama zu lange. Denn ward
die Belagerung Dresdens aufgehoben, kam wohl gar der Friede
zu Stande, so zog Sophie natürlich wieder auf'S königliche
Kammergut und Ehrenfried Kaspar verlor damit sein zukünf-
tiges. Darum, nachdem sie das Mädchen gehörig aus- und
demselben die stille Neigung für ihren herzlieben Sohn deutlich

abgehorcht, nahm sie Letzteren einst so zwischen der zweiten und
dritten Karthaune förmlich in's Gebet, stellte ihm vor, welchen
Schatz er in dem unschuldigen Landkinde erringen könne, und
beschloß ihn gleichsam unter Thränen und Seufzern mit der
großen Warnungskarlhaune: »Sei nicht so feege, Ehrenfried!
Faß Dir ein Herz, sonst entwischt Dir der Schatz!«
Das leuchtete nun zwar dem lieben Sohne wohl ein, wenn
nur da- Herzfaffen nicht gewesen wäre. — Doch die Mutter drängte
— macht' er wollen oder nicht, er mußte ein Waghals werden.
Ehrenfried! wiederholte die Mutter, als sie einst in der
Dämmerung mit ihm allein und die dritte Karthaune eben gelö-
set war — Ehrenfricd! nun hast Du Nahe vor dem heillosen
Schießen. Ich und der Vater gehen zeitig zu Bette. Du bist
dann mit Sophien allein. Schreib' nicht etwa nach Deiner ge-
wöhnlichen Art wie ein stummer Fisch, während Sophie naht,
damit haft Du uns oft schon geärgert. Unterhalte Dich mit
Fickchen; 's ist ein wahrer Engel, und Engel beißen nicht. Ein
Wort gibt's andere. Versuche einen Kuß, erst auf die Hand,
dann eine Etage höher, das klebrige wird sich finden.
Damit trat Sophie ein , Mamachen ab und Ehrenfried Kas-
par, lcidvoll und freudvoll, an dir Schrcibkommode mit dem
Stickseufzer: Ach! wenn nur schon ein Wort das andere gegeben,
hätte!
Sie werden doch so spät nicht noch arbeiten wollen? Setzen
Sie sich zu mir, Herr Gehcim-Kanzlift! Erzählen Sie mir
etwas, wär'S auch von Sachsen's bösem Feinde, dem großen
Friedrich! flüsterte himmlisch mild und englisch treuherzig Sophie.
(Schluß folgt.)

Nachtrag v 0
Asbach, Amt Mosbach. Die hiesige Gemeinds-
schaferei, welche mit ungefähr 3oo bis stoo Stück
Schafen befchlagcn werden kann, wird Donnerstag
den i5. November l. Äst, Mittags i Uhr, in der
Wohnung des Bürgermeisters dahier von Michaeli
1839 bis dahin i8st5, alfo 6 Jahre, öffentlich in
Pacht begeben , mit dem Anfügen, daß die zu Grunde
gelegten Bedingungen bei dem Bürgermeister hier
jeden Tag zur Einsicht osten stehen, dem Pachter
3 Morgen i Vrtl. 3i RuthenWiesen, nebstWoh-
nung und Schafstalle in Benutzung gegeben und die
Steigliebhaber mit legalen Vermögens- und Leu-
mundszeugnisten sich auszuweisen haben.
Asbach, den 26. Oktober i838.
Großherzogliches Bürgermeisteramt,
Maßholder.
velt. Soine»
(Bekanntmachung.) Um einem von meh-
reren Seiten schon öfter ausgesprochenen Wunsche
zu entsprechen, habe ich meine Decaticr-Maschicne
aufs Neue eingerichtet, was ich hiermit mit der Be-
merkung zur Nachricht bringe, daß von heute an

n Anzeige n.
Tücher und Zephyre bei mir zum Deeatieren wieder
angenommen werden.
Mosbach, den 3o. Oktober i838.
Foh. H. Helfrich.
(Empfehlung.) Georg Wilhelm Kley
d. altere in Mannheim empfiehlt sein Lager
von fertigen Kirchenparamcnten, als Plusial, Lcvi-
tenroeke, Meßgewänder, Velum, Baldachin, Fah-
nen, Chorhemden, Alben, Rauchfässer, Altar-
leuchter u. s. w.
Theater in Heidelberg.
Freitag den 2. November i838:.


die stu in m e Waise aus Rußland,
Melodrama iir 2 Akten von Hell, Musik von Neißiger.
Sonntag den st. November i838:


Lustspiel in Akten von Töpfer.


Ausgegcben bei dem Verleger in Heidelberg und bei Ferdinand Lcmpp in Mosbach.
Herausgcgeben und gedrukt vom Uneversitäts-Buchhändler August Oßwald ür Heidelberg.
 
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