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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 13.1912

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Nr. 5
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Haas, Alfred: Die mittelalterlichen Wehrbauten Pommerns in der heimischen Volkssage, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.31850#0117

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107

Nach einer anderen Überlieferung soll der Turin iin Zahre l445 oder doch gleich nach
diesem Zahre erbaut worden sein. Im Iahre l445 gelang es nämlich den Pasewalkern, den
Markgrafen, der ihre Stadt durch Verrat genommen hatte, wieder aus der Stadt hinaus-
zudrängen, und aus Freude über diesen Sieg und dem Kurfürsten zum Hohn und Troh sollen
sie den Turm „Kiek in de Mark" erbaut haben. Als dann 24 Iahre später der Kurfürst noch einen
Angrifs aus die Stadt versuchte, soll dieser gerade an dem neuerrichteten Turme gescheitert sein.

Daß die Pasewalker den neuen Turm gerade „Kiek in de Mark" benannten, entsprach
einer Gepflogenheit der damaligen Zeit. So lag bei Parchim in Mecklenburg aus einem Höhen-
zuge ein Turm, der gleichfalls „Kiek in die Mark" hieß (Balt. Stud. XIII, 2, S. l6); in Kum-
merow an der vorpommersch-mecklenburgischen Grenze errichteten die Brüder Heinrich und

Sieghard von Thun
ein Schloß „Kiek in die
Peene", welches Her-
zog Barnim III. zer-
störte (Mikrälius III.
S. 529); ein Turm
„Kiek in Pommern"
lag bis vor ungesähr
hundert Iahren in der
Stadt Schivelbein; in
Danzig gibt es einen
jetzt mitten in der
Stadt liegenden Turm,
der scherzhaft „Kiek in
de Käk" genannt wird.

Daß in der Stadt
Pyrih von den mit-
telalterlichen Festungs-
werken mehr als in je-
der anderen pommcr-
schen Stadt erhalten
geblieben ist, ist schon
oben erwähnt. Die
Stadt besiht nicht nur
ihre beidenaltenHaupt-

Abb. 84. Pasewalk. Das Prenzlauer Tor.

tore, das Stettiner und
das Bahner Tor, son-
dern auch noch sast die
ganze mittelalterliche
Stadtmauer, die mit
Türmen und Wiek-
häusern reich beseht ist
und namentlich zur
Sommerzeit ungemein
malerische Bilder dar-
bietet. Von denMauer-
türmen seien der Eulcn-
turm (Abb. 85) und der
Eisturm besonders ge-
nannt. Von einem
Mauerturme — leider
ist nicht gesagt, von
welchem — berichtet
die Sage folgendes:

Zu den Zeiten, als
es noch Raubritter
gab, wurde Pprih durch
einen derselben, Plump
genannt, sehr gequält.
Endlich ermannten sich

die Bürger und stellten eine Iagd aus ihn an und erschlugen einen Teil seiner Leute; die an-
deren flohen und Plump wurde abgeschnitten. Da flüchtct Plump nach Pyritz, wo ein einzelner
Wartturm steht, steigt in diesem aus einer im Turm befindlichen Leiter in die Höhe und lugt
nun aus einer hohen Schießscharte ins Land, ob nicht Entsatz käme. Ein Pyriher Schmied
macht sich eine Sense gerade, steigt von außen auf einer Leiter bis nahe an dcn Ausguck hinauf,
und als Plump den Kopf hinaussteckt, um zu lugen, haut er ihm mit der Sense den Kops ab.
Daher soll auch der Name Plump von Pyritz stammen, der weniger ein Spottname als ein
Ehrenname ist. (Das liebe Pomm. II, S. 252.)

Am 1. April 1654 wurde Pyrih^von einer gewaltigen Feuersbrunst heimgesucht, die auch
die beiden Stadttore mit ergrisf. Weil nun niemand aus der Stadt herauskonnte, hieben die
Leute vor Angst mit der Axt ein Loch in die Stadtmauer, und an einer anderen Stelle krochen
 
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