Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,2.1917

DOI Heft:
Heft 7 (1. Januarheft 1917)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Umlernen bei der Wirtschaft mit Geist!
DOI Artikel:
Schumann, Wolfgang: Die neue Richtung im deutschen Schrifttum, 2
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14296#0022

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
uns lächerlich. Daß aber unsre geistigen Schöpfer auf die Vezahlung
nach dem Gefallen des Publikums angewiesen sind, das scheint uns in
der Ordnung, wir beachten gar nicht, welchen Einfluß wir dadurch dem
Käufer auf die Entwicklung der geistigen Kultur gewähren. Indessen,
auch unsre staatlich festbesoldeten Beamten leben noch in einer Organisation,
die Reste von Gedankenkauf aufweist, Äberbleibsel aus der Zeit,
da man die Worte „Wes Brot ich eß, dess' Lied ich singe" und „cujus
regio eius religio" mit der Lehre vom „Landgott" noch ganz ernsthaft
nahm. Kann erne Gruppe von geistiger Arbeit mit vollkommener Sicher«
heit unabhängig schaffen, wenn sie bezahlt wird, von Interessenten daran,
daß sie abhängig sei? Sie kann es, wenn in den Kreislauf Sicherungen
eingeschaltet sind, die bei „Kurzschlüssen" den Betrieb zugleich stören und
retten! Die einzurichten, gehört auch zur Volkswirtschaft mit Geistesgut.

Zweitens: Organisation der geistigen Kräfte kann nie einen andern
Endzweck haben, als den: nach Menschenmöglichkeit sachliche Arbeits«
und Verwertungs-Bedingungen zu schaffen. Ein Verbrechen aber
wäre es, eine Linkerkerung statt einer Befreiung des Geisteslebens, wenn
man es in irgendeiner Weife merklich oder unmerklich leiten wollte. Geist
wird aus sich. Er kann niemals das Ergebnis von etwas anderem sein,
als einer Lntwicklung. „Organisation hat es mit keinem Was zu
tun, sondern ausschließlich mit einem Wie.^ Das Festlegen nach be«
stimmten Meinungen und Gefühlen wäre ja gerade eine Mechanisation.
Wenn wir dieser Tatsache nicht von Anfang an bewußt bleiben, so setzen
wir schon beim Bau ins Gebälk den Wurm.

„Deutsch sein, heißt, eine Sache um ihrer selbst willen tun." Gelingt
es unserm 'Volk als dem ersten, den systematischen Kampf gegen das
mit allen Uniformen eingekleidete und in alle Stellungen eingeschlichene
Unsachliche auch für die Entwicklung seiner geistigen und seelischen
Kräfte mit Lrfolg aufzunehmen — welche Zukunft blüht ihm! ^ A

Die neue Richtung im deutschen Schrifttum. 2

einem ersten Aufsatz (im (. Oktoberheft dieses Kunstwartjahrgangs)
^(habe ich über die neue Richtung vornehmlich ihre eignen kritischen
^FVertreter sprechen lassen und nur ganz allgemeine Schlüsse aus ihren
Außerungen gezogen. Mannigfache Erwiderungen sind mir darauf zu-
gegangen. Die Einen meinten, ich nähme diese ganze Bewegung zu
wichtig, es handle sich nur um eine künstlich aufgebauschte Mache einzelner
Persönlichkeiten, WLHrend das deutsche Schrifttum als Ganzes davon
nicht berührt werde. Darauf ist nun dieses zu entgegnen: welches Ge-
wicht einer solchen Bewegung „in Wahrheit" zukommt, das werden wir
erst wissen, wenn sie vorüber ist, vielleicht in zehn, vielleicht in dreißig
Iahren; dafür kommt in erster Reihe in Betracht, wie viele schöpferische
Kräfte sie an sich ziehen wird, in zweiter, wie stark ihre sozusagen „sekun-
dären" Wirkungen, ihre Wirkungen auf das Schaffen andrer, grundsätzlich
ihr fern bleibender Persönlichkeiten sein werden. Für heute haben wir,
meine ich, anzuerkennen, daß seit der „naturalistischen" Bewegung keine
 
Annotationen