Gebäudes des Kgl. Polytechnikums iu Stuttgart am 30. Sepl.
und I.Okt. 1864 unsere Anschauungen teilt, kann der geneigte
Leser oben (S. 15 d. Diöz.-Arck. v. 1887) Nachlesen. Unumwunden
gesteht er ja zu, daß eine gegen den früheren Zustand sehr-
abstoßende Nüchternheit im Innern der Kirche die unaus-
bleibliche Folge des neuen, sog. reformatorischen Gedankens
war. Diese zerstörte auch die anderen Altäre in unserer
Liebfrauenkirche, deren jedenfalls mindestens drei vorhanden
sein mußten, nämlich je einen in den beiden Seitenschiffen und
dann noch einen Liebfrauenaltar unter der Empore Ulrichs des
Vielgeliebten. Wahrscheinlich stand dieser gerade vor den schönen
oben beschriebenen Wandgemälden. Aber die vandalische Hand
Herzogs Ulrich konnte nicht umhin, eigentlich alle vier Altäre
dem Erdboden gleich zu machen. Denn wenn auch von 1535
au wenigstens ein Altar stehen blieb, so ist leicht anzunehmen,
daß dieser nicht mehr der alte Hochaltar oder wenigstens nicht
mehr in seiner alten Form (geschnitzt, ähnlich den Chorstühlen)
war. Der jetzige ist, wie wir oben angeführt, nicht mehr an
seinem alten Platze, sondern nun iu der Mitte der Kirche,
gerade vor dem Chor. Er ist von einem eisernen, etwas or-
namentierten und, wie es scheint, mit einem blassen Goldton
angestrichenen Geländer umgeben und architektonisch nicht mehr,
als eine, mit einem Tuch bedeckte, steinerne Tischplatte. Das
genaue Datum seiner Ausstellung gelang uns nicht zu eruie-
ren ; wie gesagt, über die Form der alten vier Altäre, ob sie
vielleicht durch irgend welchen Zufall später, entweder ganz
oder teilweise, wieder in eine andere katholische Kirche kamen
u. s. w., kann nur phantasiert werden. Ebensowenig wissen
wir über die Kanzel zu sagen, die heutige, welche gegenüber
dem Altäre steht, ist eine moderne, hübsche Arbeit, in gotischem
Stil. Aufgang und Brüstung, an der die vier Evangelisten
in Relief abgebildet sind, sind von Stein, der Schalldeckel in
Holz geschnitzt. Der Aufbau ist von Bildhauer Zaiser in
Stuttgart aus französischem Kalkstein nach dem Entwurf des
ch hiesigen Stadtbaurats Wolf angefertigt. Die gute Orgel,
au deren Stelle ein 1856 wieder in stand gesetztes Werk
des null bekannten Orgelbauers Walker iu Ludwigsburg ge-
treten ist, ward von einem Unikum, nämlich dem blinden
Orgelbauer Konrad Schott errichtet. Dieser war geboren
1562, erblindete als Kind infolge der Blattern und starb
1630 zu Stuttgart, wo er die größte Zeit seines Lebens zu-
gebracht hatte. (Siehe Musikalisches Konversations-Lexikon,
begründet von Hermann Mendel , fortgesetzt voll Or. August
Reißmaun, Berlin, Verlag von Rob. Oppenheim, 9. Band,
S. 152.)
Was unser Auge noch zuletzt fesselt, sind die im Sommer
1878 von Pros. Paulus wieder ans Tageslicht gezogenen
und aufgestellten Grabdenkmäler in Chor, Kirche und
Klosterkreuzgang. Es sind ca. 30 solche, nur eiu einziges
aus dem 15. Jahrhundert, die anderen sind fast alle viel
später, aus der Periode von 1598 — 1694, im Stile der
Früh re n a iss a nc e, mit oft schwülstigen, meistens latei-
nischen Inschriften. Der erst erwähnte Grabstein vom Jahre
1442 deutet auf eine Gräfin Katharina v. Eberstein, in der
Folge sind es meist Adelige, die in Diensten des Hauses
Württemberg standen. Im Krenzgang steht noch der einfache
Grabstein des bekannten Humanisten Johannes Renchlin. In
hebräischen, griechischen und lateinischen Lettern hatte er sich
noch lange bei Lebzeiten (von 1502—13 war er schwäbischer
Bundesrichter) im Jahre 1501 die Inschrift auf seiu Epi-
taphium meiselu lassen. Nachher hatte er den Dank davon,
daß er nicht, als er starb, bei der Liebfrauenkirche, sondern
bei der Leonhardskirche beigesetzt wurde. (Forts, folgt.)
Zwei Saulgauer Kapellen.
Von A. Schilling.
Iu der Nähe von Saulgau lag der Weiler Moos-
haupten, der im 30jährigen Kriege zu Grunde gegangen sein
soll. Dieser Weiler hatte eine Kapelle, die Sankt Marien
geweiht war, vor deren Bildnis ein ewiges Licht zu brennen
hatte.
Noch ums Jahr 1557 werden als Pfleger dieser Kapelle
Anselin Schmid, Säckler, und Michl Legeler genannt. Ueber
die Stiftung des ewigen Lichts teilt eine Urkunde folgen-
des mit:
Es bekennen Clans Moll, Bürgermeister und Eunz
Schedler, Bürger zu Sulgen, zu diesen Zeiten Pfleger der
Kapelle zu unserer Frauen in „Moßhopten", daß das Weber-
handwerk insgemein zu Saulgau eiu ewiges Licht geordnet und
gestiftet habe, ewiglich zu brennen vor dem Altar der Kapelle
zu unserer lieben Frauen aus den Gütern, welche iu dem
Hauptbrief verzeichnet stehen, den das Handwerk unser Frauen
gegeben hat, und solle — sofern das vorgeschrieben ewig Licht
nicht wird gezündet und gebrannt Tag und Nacht und auch
von einer Tageszeit zur andern, in aller Maß und Weise
wie der Hauptbrief lautet, — das Weberhandwerk Gewalt
und Recht haben, die Zinse aus denen das ewige Licht ge-
stiftet und gemacht worden ist, und auch das ewige Licht
wieder zu eigenen Händen zu ziehen. Zu Siegler werden
erbeten Claus Walter, Stadtamau zu Sulgen und Berchtold
Bamer, Bürger zu Sulgen, welche „zu gezuguuß aller vor-
geschriebeneu Dingen" ihre eigen Jnsiegel hängen an den Brief,
der gegeben ist an St. Peter- und Paulstag 1410. H
Eine zweite außerhalb der Stadt Saulgau gelegene
Kapelle heißt Kreuzkapelle, auch die weiße Kapelle zum Schiu-
delbild. Da sie alt und baufällig war, wurde sie in den
achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts, nachdem sie ent-
weiht und der Dachstuhl herabgenommeu worden, auf den
Abbruch verkauft. Bärenwirt Jos. Oelhaf kaufte sie und ließ
sie wieder Herstellen. Jenes wunderbare Kruzifirbild, das die
Schweden einst hatten verbrennen wollen, war nach der Pfarr-
kirche verbracht worden. Die Bürgerschaft wollte es wieder
in der Kreuzkapelle haben und führte, da der Stadtpfarrer
dem sich widersetzte, gegen diesen in Freiburg und Konstanz
Beschwerde. Dort wurde der Stadtpfarrer veranlaßt, nach-
zugeben. H Bei der Renovation der Kapelle kam nachver-
zeichnete, in der Nähe des Kruzifirbildes verwahrt gewesene
Urkunde znm Vorschein:
„Den 12ten Merzen ungefähr
als man zählt 1634 fahr
das schwedisch Volk zn sanlgen lag
22 Wochen und etlich Dag
ritten von ihnen alle Nacht
75 Mann ans die Wacht
seynd alle Nacht hier in Kapellen kommen
haben alles verbrennet, hinweggenommen
allein das große Kreutz hier ist blieben
darmit sie viel Gespött haben trieben
und solches auch verbrennen wollen
hierob hat Gott gestraft solche Gesellen,
mn 10 Uhr wohl in der Nacht
hat Gott sie gestraft und zeichten gemacht,
da sie in der Kapellen alle lagen
halb todt, als hätts der Donner geschlagen,
an einem Haufeil auf der Erden
und meinten all sie müßten sterben,
und hatten sie kein Kraft, noch Macht
als einer stunde, und Hielt schildwacht,
tz Urknndenabschrist des si Seb. Hoch in Sanlgan.
ch Hafen, Saulgauer Psarrchrvnit S. 49.
und I.Okt. 1864 unsere Anschauungen teilt, kann der geneigte
Leser oben (S. 15 d. Diöz.-Arck. v. 1887) Nachlesen. Unumwunden
gesteht er ja zu, daß eine gegen den früheren Zustand sehr-
abstoßende Nüchternheit im Innern der Kirche die unaus-
bleibliche Folge des neuen, sog. reformatorischen Gedankens
war. Diese zerstörte auch die anderen Altäre in unserer
Liebfrauenkirche, deren jedenfalls mindestens drei vorhanden
sein mußten, nämlich je einen in den beiden Seitenschiffen und
dann noch einen Liebfrauenaltar unter der Empore Ulrichs des
Vielgeliebten. Wahrscheinlich stand dieser gerade vor den schönen
oben beschriebenen Wandgemälden. Aber die vandalische Hand
Herzogs Ulrich konnte nicht umhin, eigentlich alle vier Altäre
dem Erdboden gleich zu machen. Denn wenn auch von 1535
au wenigstens ein Altar stehen blieb, so ist leicht anzunehmen,
daß dieser nicht mehr der alte Hochaltar oder wenigstens nicht
mehr in seiner alten Form (geschnitzt, ähnlich den Chorstühlen)
war. Der jetzige ist, wie wir oben angeführt, nicht mehr an
seinem alten Platze, sondern nun iu der Mitte der Kirche,
gerade vor dem Chor. Er ist von einem eisernen, etwas or-
namentierten und, wie es scheint, mit einem blassen Goldton
angestrichenen Geländer umgeben und architektonisch nicht mehr,
als eine, mit einem Tuch bedeckte, steinerne Tischplatte. Das
genaue Datum seiner Ausstellung gelang uns nicht zu eruie-
ren ; wie gesagt, über die Form der alten vier Altäre, ob sie
vielleicht durch irgend welchen Zufall später, entweder ganz
oder teilweise, wieder in eine andere katholische Kirche kamen
u. s. w., kann nur phantasiert werden. Ebensowenig wissen
wir über die Kanzel zu sagen, die heutige, welche gegenüber
dem Altäre steht, ist eine moderne, hübsche Arbeit, in gotischem
Stil. Aufgang und Brüstung, an der die vier Evangelisten
in Relief abgebildet sind, sind von Stein, der Schalldeckel in
Holz geschnitzt. Der Aufbau ist von Bildhauer Zaiser in
Stuttgart aus französischem Kalkstein nach dem Entwurf des
ch hiesigen Stadtbaurats Wolf angefertigt. Die gute Orgel,
au deren Stelle ein 1856 wieder in stand gesetztes Werk
des null bekannten Orgelbauers Walker iu Ludwigsburg ge-
treten ist, ward von einem Unikum, nämlich dem blinden
Orgelbauer Konrad Schott errichtet. Dieser war geboren
1562, erblindete als Kind infolge der Blattern und starb
1630 zu Stuttgart, wo er die größte Zeit seines Lebens zu-
gebracht hatte. (Siehe Musikalisches Konversations-Lexikon,
begründet von Hermann Mendel , fortgesetzt voll Or. August
Reißmaun, Berlin, Verlag von Rob. Oppenheim, 9. Band,
S. 152.)
Was unser Auge noch zuletzt fesselt, sind die im Sommer
1878 von Pros. Paulus wieder ans Tageslicht gezogenen
und aufgestellten Grabdenkmäler in Chor, Kirche und
Klosterkreuzgang. Es sind ca. 30 solche, nur eiu einziges
aus dem 15. Jahrhundert, die anderen sind fast alle viel
später, aus der Periode von 1598 — 1694, im Stile der
Früh re n a iss a nc e, mit oft schwülstigen, meistens latei-
nischen Inschriften. Der erst erwähnte Grabstein vom Jahre
1442 deutet auf eine Gräfin Katharina v. Eberstein, in der
Folge sind es meist Adelige, die in Diensten des Hauses
Württemberg standen. Im Krenzgang steht noch der einfache
Grabstein des bekannten Humanisten Johannes Renchlin. In
hebräischen, griechischen und lateinischen Lettern hatte er sich
noch lange bei Lebzeiten (von 1502—13 war er schwäbischer
Bundesrichter) im Jahre 1501 die Inschrift auf seiu Epi-
taphium meiselu lassen. Nachher hatte er den Dank davon,
daß er nicht, als er starb, bei der Liebfrauenkirche, sondern
bei der Leonhardskirche beigesetzt wurde. (Forts, folgt.)
Zwei Saulgauer Kapellen.
Von A. Schilling.
Iu der Nähe von Saulgau lag der Weiler Moos-
haupten, der im 30jährigen Kriege zu Grunde gegangen sein
soll. Dieser Weiler hatte eine Kapelle, die Sankt Marien
geweiht war, vor deren Bildnis ein ewiges Licht zu brennen
hatte.
Noch ums Jahr 1557 werden als Pfleger dieser Kapelle
Anselin Schmid, Säckler, und Michl Legeler genannt. Ueber
die Stiftung des ewigen Lichts teilt eine Urkunde folgen-
des mit:
Es bekennen Clans Moll, Bürgermeister und Eunz
Schedler, Bürger zu Sulgen, zu diesen Zeiten Pfleger der
Kapelle zu unserer Frauen in „Moßhopten", daß das Weber-
handwerk insgemein zu Saulgau eiu ewiges Licht geordnet und
gestiftet habe, ewiglich zu brennen vor dem Altar der Kapelle
zu unserer lieben Frauen aus den Gütern, welche iu dem
Hauptbrief verzeichnet stehen, den das Handwerk unser Frauen
gegeben hat, und solle — sofern das vorgeschrieben ewig Licht
nicht wird gezündet und gebrannt Tag und Nacht und auch
von einer Tageszeit zur andern, in aller Maß und Weise
wie der Hauptbrief lautet, — das Weberhandwerk Gewalt
und Recht haben, die Zinse aus denen das ewige Licht ge-
stiftet und gemacht worden ist, und auch das ewige Licht
wieder zu eigenen Händen zu ziehen. Zu Siegler werden
erbeten Claus Walter, Stadtamau zu Sulgen und Berchtold
Bamer, Bürger zu Sulgen, welche „zu gezuguuß aller vor-
geschriebeneu Dingen" ihre eigen Jnsiegel hängen an den Brief,
der gegeben ist an St. Peter- und Paulstag 1410. H
Eine zweite außerhalb der Stadt Saulgau gelegene
Kapelle heißt Kreuzkapelle, auch die weiße Kapelle zum Schiu-
delbild. Da sie alt und baufällig war, wurde sie in den
achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts, nachdem sie ent-
weiht und der Dachstuhl herabgenommeu worden, auf den
Abbruch verkauft. Bärenwirt Jos. Oelhaf kaufte sie und ließ
sie wieder Herstellen. Jenes wunderbare Kruzifirbild, das die
Schweden einst hatten verbrennen wollen, war nach der Pfarr-
kirche verbracht worden. Die Bürgerschaft wollte es wieder
in der Kreuzkapelle haben und führte, da der Stadtpfarrer
dem sich widersetzte, gegen diesen in Freiburg und Konstanz
Beschwerde. Dort wurde der Stadtpfarrer veranlaßt, nach-
zugeben. H Bei der Renovation der Kapelle kam nachver-
zeichnete, in der Nähe des Kruzifirbildes verwahrt gewesene
Urkunde znm Vorschein:
„Den 12ten Merzen ungefähr
als man zählt 1634 fahr
das schwedisch Volk zn sanlgen lag
22 Wochen und etlich Dag
ritten von ihnen alle Nacht
75 Mann ans die Wacht
seynd alle Nacht hier in Kapellen kommen
haben alles verbrennet, hinweggenommen
allein das große Kreutz hier ist blieben
darmit sie viel Gespött haben trieben
und solches auch verbrennen wollen
hierob hat Gott gestraft solche Gesellen,
mn 10 Uhr wohl in der Nacht
hat Gott sie gestraft und zeichten gemacht,
da sie in der Kapellen alle lagen
halb todt, als hätts der Donner geschlagen,
an einem Haufeil auf der Erden
und meinten all sie müßten sterben,
und hatten sie kein Kraft, noch Macht
als einer stunde, und Hielt schildwacht,
tz Urknndenabschrist des si Seb. Hoch in Sanlgan.
ch Hafen, Saulgauer Psarrchrvnit S. 49.