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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 8.1891

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Busl,..: Eine Steinskulptur im Kreuzgange der Stiftskirche zu Ellwangen
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Miszellen
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https://doi.org/10.11588/diglit.20200#0045

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Kann nun nicht sicher entschieden werden, ob die Stein-
sknlptnr, um die es sich hier handelt, Grabdenkmal oder Teil
eines kleinen Altars sei, so hat die wichtigere Frage, ans wen
im ersten Falle dasselbe fick beziehe, beziehungsweise im
zweiten Falle, wer sein Stifter sei, eher Aussicht ans eine
annehmbare Lösung. Die in der Ellwanger Oberamtsbeschrei-
bnng S. 387 (unter Berufung auf ein Grabmal ans dem
17. Jahrhundert mit demselben Wappen und der Inschrift
„Carol. Hornung" an der St. Wolfgangskirche in Ell-
wangen) ausgesprochene Vermutung, es handle sich auch bei
fraglicher Steinsknlptnr um einen Hornung, ist meines Er-
achtens nicht haltbar. Es ist hiebei das Fignrchen des Chor-
herrn nicht berücksichtigt; einen solchen dieses Namens gab
es aber nicht.
In Ermangelung einer Inschrift und geschriebener Nach-
richten wird sich, um ans die Spur zu kommen, zu halten
sein an den Stil der Skulptur, an die Figur des Chorherrn
und sein Wappen. Hiernach wird meine Konjektur, es handle
sich um eine Stiftung oder das Grabmal des Lizentiaten
Nikolaus Jäger, nach Khamm (IllierurcUiu ^uZust.
INockrom. p. 15z, X. XII.) Kanonikus in Ellwangen 1484,
gestorben 1513, wohl das Nichtige treffen. Der Stil der
Skulptur entspricht der Zeit um das Jahr 1500, der Chor-
herr kniet zu Füßen seines Namenspatrons St. Nikolaus
und das Wappen, ein sog. „redendes", entspricht seinem
Namen. Bürgerliche Würdenträger, wie Adelige und Städte
haben bekanntlich im Mittelalter oft ein solches, ans ihren
Namen anspiclendes Wappen gewählt.
Nikolaus Jäger war wahrscheinlich ein Ellwanger Kind;
der Vater hieß Hans, die Mutter Elisabeth; beide werden als
Eltern des Kanonikus im Mitgliederverzeichniö der St. Bluts-
bruderschaft in Ellwangen ansgeführt. Zn derselben stiftete
Nikolaus Jäger einen Jahrtag gegen eine jährliche Rente von
einem rheinischen Gulden ans einer vor dem Schloßthor beim
Garten des Bäckers Hans Kantzmaier gelegenen Wiese mit
dem Beifügen, daß die Rente von den Erben mit 25 fl. ab-
gelöst werden dürfe, was in der Folge durch Johannes Brinn-
lin (Brennlein), Provisor an der Stiftskirche, geschah. Sämt-
liche der Bruderschaft zugehörige Provisoren und Vikarien
hatten für den Stifter zu celebrieren oder celebrieren zu lassen
gegen ein Präsenzgeld von zwei Schilling. Der Jahrtag
wurde jeweils am Dienstag oder Mittwoch nach dem Sonntag
Neminiscere gehalten. Desgleichen stiftete seine Mutter noch
zu ihren Lebzeiten am 7. Januar 1508 für sich, ihre
Ehegatten Heinrich und Hans, ihre Kinder, Eltern und
Wohlthäter einen nach dem Fest der hl. Witwe Elisabeth
(19. November) zu haltenden Jahrtag für 41 Gulden. Ans
dem Erträgnis sollte ein Gulden verwendet werden für die
Celebranten, 10 Pfennig für den die Ansagen besorgenden
geistlichen Offizial der Bruderschaft, 10 Schilling für das
»IMcebo« am Grabe der Stifterin, außerdem sollten gegeben
werden den zwei Choralisten für dasselbe 4 Pfennig, dem
Stiftsprediger 1 Schilling für das Verkünden des Jahrtags
und Almosens, den zwei Prokuratoren der Bruderschaft
2 Schilling, den „armen Schülern in den Schulen" 1 Schil-
ling, dem Mesner desgleichen, seinem Gehilfen 2 Pfennig;
ins Siechenhans, Seelhans und Hospital je 1 Schilling, in
Len Opferstock zu Gunsten der Fabrik der Stiftskirche 1 Schil-
ling. Clerbtag und Sterbjahr der Stifterin fand ich bis jetzt
nicht. Ihre Ruhestätte erhielt sie ans dem Stiftskirchhos
(jetzigen Marktplatz) beim Oelberg, der damals auf dem
Friedhof sich befand, später in die Vorhalle verlegt wurde.
Bavendorf. Pfr. Busl.

Wkszrllen.
Soldatenwerbungen im vorigen Jahrhundert, lieber
dieses Thema sprach kürzlich im „historischen Verein für Schwaben
und Neuburg" Herr Major a. D. A. Baetz. Es handelte sich um die
Zeit König Friedrich Wilhelms I. von Preußen und des bayerischen
Kurfürsten Karl Albert; man mußte sich also in die Zeit vor ca. 150
Jahren zurückversetzen. König Wilhelm I. von Preußen hatte eine
strenge Ordnung im Staatshaushalte eingeführt, aber dabei eine be-
sondere Vorliebe für lange Kerls als Soldaten seines Leibregiments
gefaßt, für welchen Zweck er oft große Summen verschwendete. Dieses
Regiment bestand zur euren Hälfte aus Laudesangehörigen, zur anderen
Hälfte aus Angeworbenen. Bei seinem Tode hinterließ er eine wohl-
gefüllte Schatzkammer und ein wohlgeschultes Heer in der Anzahl von
83 000 Mann. Das Leibregiment war seine einzige Leidenschaft. Die
Art der Werbung für sein Regiment wird nun an nachstehendem Bei-
spiel geschildert. Ein Hwtenssvhn, Namens Georg Wagner aus Alt-
dorf bei Laudshut, schreibt, oder läßt vielmehr schreiben, da es bei
ihm in der Kunst des Schreibens wohl gefehlt haben wird, daß er
recht angeführt worden und an den König von Preußen verkauft wor-
den sei, während er von einem gewissen Maurer für den Grafen v.
Preysing als Heiduck angeworben worden wäre. Man hätte ihn ins
Wirtshaus kommen und auf den Namen des Grafen v. Preysing ver-
pflichten lassen und ihm 70 Gulden Jahreslohn versprochen, während
er jetzt in fünf Tagen bloß 30 Kreuzer verdiene. Die Werber hätten
jeder 100 fl. bekommen. Der fragliche Brief kam in die Hände eines
Vetters des Geworbenen, der die Sache an die große Glocke hängte.
Der Kurfürst von Bayern forderte auf dies hin den Rat der Stadt
Augsburg auf, strenge einzuschreiten gegen die Werber, ihnen unter
Androhung des Stranges den Prozeß zu macheu. Als Haupt der
Werber wird ein Augsburger Patrizier Johann Georg Joseph von
Klostcrbauer beschuldigt. Als Beihelfer werden die Fähndriche Keller
und Pankratz in Landshut bezeichnet, welche eineu Maurer aus Altdorf
als Zutreiber benutzten. Anfangs leugneten die Genannten alles und
schob einer die Schuld auf den andern. Der Rat in Augsburg ließ
den Klosterbauer, welcher sich Jurist und Advokat nannte und als
preußischen Offizier bezeichnete, durch sechs Manu verhaften und in
„das blaue Himmelsstüble" im Rathause verbringen, woselbst vier
Manu als Wächter stets anwesend zu sein hatten. Die Mutter des
Klosterbauer war eine geborene Langenmantel; sonst ist über dessen
Herkunft nichts bekannt. Da er keine Praxis hatte, erwarb er sich ein
Patent als Stabsoffizier und rechnete sich dann zu den Patriziern.
Damals wimmelte es überall von Werbern, besonders in den Reichs-
städten und Reichsdörfern, denn wo hätten sonst die 103 Herren und
Herrinnen des Landes in Friedenszeiten ihr Militär hernehmen sollen?
Die „langen Kerle" wurden in den großen Städten gesucht und ge-
funden, und war in Augsburg die Bäckergasse das Hauptquartier der
Werbevffiziere, daher die große Zahl von Bäckern, Metzgern und
Bräuern dortselbst. Klosterbauer gestand schließlich, den Wagner als -
Heiducken angeworben zu haben, wozu er aber berechtigt gewesen sei,
weil er nicht in kurfürstlichen Diensten gestanden habe, und droht
schließlich der Stadt mit 'der Rache des Königs vou Preußen. Die
Untersuchung zog sich in die Länge, als ein Brief des Fähndrichs
Keller abgefaßt wurde, worin er schreibt, er würde kassiert werden,
wenn etwas aufkäme. Er wurde auch wirklich kassiert, während sein
Komplize Pankratz unbehelligt geblieben zu sein scheint, da er 1736 in
Burghausen als Oberlieutenant starb. Unter fortwährenden Trans-
aktionen des Rates, welcher die Auslieferung nach München von der
Kostenzahlung abhängig machte, verging geraume Zeit, bis König
Friedrich Wllhelm der Stadt mit seiner Ungnade drohte. Das Ende
vom Lied war, daß der Rat nicht bloß den Klosterbauer frei ließ, son-
dern auch noch dem König vou Preußen „zwei lange, große Kerle"
als Geschenk anzunehmen bat, wofür der König die Stadt seiner Hnld
und Gnade versicherte. — Das Gasthaus „zur goldenen Sonne" in
der Jakobervorstadt war gleichfalls ein beliebtes Werbelokal, sowie anch
die Ortschaft Haunstetten.
Gaunerbatrde um Schussenried im Jahre 1811. Im
Sommer 1811 machte eine, scheint's mit der „Riedlinger Jauuerbaude"
in Verbindung stehende Bagantengesellschaft den damaligen (nach dein
Württembergischwerden gebildeten) „Uuteramtsbezirk" Schussenried un-!
sicher. Es wurde nun nach einem uns vorliegenden, vom Oberamt
Waldsee (Oberamtmaun Hofrat von Bagnatv) an das Unteramt Schussen-
ried (Amtmann Danasel) gerichteten Schreiben in dei« Nacht vom
4./5 Juni 1811 eine allgemeine Streife dnrch einige hiezu kommandierte
Unteroffiziere und Mannschaften des damals in Oberschwaben liegenden
württembergischen Infanterie-Regimentes Scharffenstein, den in Schüssen-,
ried stationierten Landdragoner, die dortigen Jäger und Polizeidiencr,
unter Zuziehung „etlicher lediger junger Pursche" unternommen, über
deren Ergebnis aber eine Nachricht abgeht. —cll.

Stuttgart, Buchdruckerei der Aktiengesellschaft „Deutsches Volksblatt".
 
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