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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 28.1911

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Osborn, Max: Neue Arbeiten von Oskar Kaufmann
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https://doi.org/10.11588/diglit.7380#0040

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Neue Arbeiten von Oskar Kaufmann.

ARCHITEKT OSKAR KAUFMANN BERLIN.

Bibliothekzimmer Dr. Epstein.

wie eindrucksvollen Gruppierung. Was beim
Hebbel-Theater noch mit einem Rest von der
Kühnheit und dem Fanatismus des Experiments
durchsetzt war, trat bei den jüngeren Theater-
projekten mit reifer Ruhe auf. Ein lapidarer,
ausgeglichener Kontrast von Vertikalen und
Horizontalen bestimmte den Anblick. Von
Messels Wertheimbau lernte Kaufmann die der
alten Gotik entlehnte, ernste Wirkung der durch-
geführten Pfeiler und der zwischen ihnen an-
gelegten schmalen und hohen Fenster. Das
Aufstreben des Bauwerks wird dadurch deut-
lich gemacht und zugleich für einen eisern-
festen Zusammenschluß der Fassade gesorgt.
Und nun werden diese Linien des Ragenden,
nach oben Weisenden mit glänzendem Effekt
durchschnitten von den scharfen Wagerechten
des wuchtigen Daches, das durchaus als wich-
tiges, mitsprechendes Bauglied behandelt ist.
Die Pfeiler- und Pilasteranordnung ist dabei
aller gotischen Elemente entkleidet — von der

mittelalterlichen Bauweise bleibt nur die aus-
drucksvolle Betonung des konstruktiven Grund-
schemas übrig —, sie nimmt sogar Motive des
leicht antikisierenden Zopfstils an (man ver-
gleiche die ovalen Fensterchen der obersten
Etagen der Vestibültrakte) und kann nun ohne
weiteres mit den aus dem achtzehnten Jahr-
hundert entnommenen Doppeldachformen zu-
sammengebracht werden.

Bei der Fassade der Berliner „Großen Oper"
handelte es sich darum, den Empfangs-Vorder-
bau mit einem an der Straße gelegenen Saalbau
zu verbinden, während das eigentliche Bühnen-
haus auf dem langgestreckten Bauland weiter
zurück liegen sollte. Überdies mußte für eine
bequeme Anfahrt von der belebten Straße des
Kurfürstendamms gesorgt werden. So kam
die konkav gehaltene Straßenfront zustande,
die in dem gräulichen Tohuwabohu der Miets-
häuserfassaden dieser Straße wie ein feierlicher
Ruhepunkt gewirkt hätte. Sie war durchaus

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