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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 28.1911

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Roessler, A.: Emanuel Margold Architekt Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.7380#0068

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Architekt Emanuel Margold.

emanuel
j. margold.
buchtitel.

an das Weiche, Blumige, Farbige der Wiesen-
matte in rhythmische Linien um, die uns seine
Impression suggerieren. Möglicherweise dachte
der Künstler beim Zeichnen des Dekors für ein
Kaffeeservice an die Blätter- und Bohnenformen
des Kaffeebaumes — wahrscheinlich ist's nicht;
denn Margold will nicht durch anekdotenhafte
Gegenständlichkeit, sondern durch feine Form-
bildungen wirken, also durch wesentlich künst-
lerische Mittel. — Begabt mit einer besonde-
ren Art intellektueller Phantasie, die dem äs-
thetischen Puritanismus abhold
ist, gefiel es ihm, der muster-
gültige Interieurs für Gegen-
wartsmenschen baute, Möbel
tischlerte, Bücher band, Kissen
bestickte und Wände bemalte,
sich auch als marchand de
mode zu betätigen. Der rich-
tige Mann liebt das Weib, als
Dichter besingt er das Weib,
als Maler malt er es, als Bild-
hauer modelliert er das Weib,
— Margold, der Architekt und
Kunstgewerbler ist, huldigt
dem Weib auf seine Weise:
er entwirft für das Weib Klei-

der und Hüte. Und so hübsche Kleider und
so aparte Hüte, daß man wohl nicht irrt, wenn
man annimmt, daß seiner Art der Huldigung,
den genannten drei anderen Arten gegenüber,
von der Frau ohne Zögern der Vorzug gegeben
wird. Daß den Künstler freundliche Gedanken
und zärtliche Gefühle bewegten, während er,
als eine moderne Spielart des Minnesängers
Frauenlob, Damenhüte „dichtete", sieht man
den entzückenden Gebilden aus Seide oder
Samt, Bast oder Band, Federn, Tüll und Draht
wahrlich an. Der Architekt als
Modist! Das Wort klingtkurios,
dies sei zugegeben; aber man
wird sich daran gewöhnen. Und
man wird sich noch dazu ver-
stehen müssen, zuzugeben, daß
mancher Frauenhut ein größe-
res Kunstwerk ist als so man-
ches Akademie - Professoren-
bild von Klafterlänge. — Ge-
wiß ist es schon heute, daß Ema-
nuel Margold mehr beseligende
Schönheit in unser Alltags-
leben trägt, als so mancher,
der sich mit „hoher Kunst"
brüstet und protzt, a. roessler.

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