DIE FORM / MONATSSCHRIFT FÜR GESTALTENDE ARBEIT
Abendsonne mit, den Rauchschwaden kämpft, oder die Feuer der Essen durch die
Nacht leuchten, — oder sie haben, mehr ins Innere schauend, in diesen Kräften eine
neue Art von Dämonie gesehen, der so wenig wie den Elementarkräften die Erha-
benheit abgesprochen werden dürfe. Die andern beten gerade das an, was sonst ver-
dammt wird: sie sehen das Wesentliche in der Überwindung der rohen und ziel-
losen Naturkräfte durch den menschlichen Geist, die Schönheit in dem Ausdruck
reinlichsten und klarsten Denkens, und erst da, wo die Natur durch den Menschen
überwunden ist, ist für sie die Welt vollendet. Mit welchen Opfern diese Überwin-
dung erkauft wird, eine wie tiefe Kluft dadurch zwischen dieser neuen Welt und
der übrigen Natur aufgerissen wird, ist für diese Anschauung gleichgültig; denn der
Rest der Welt ist ihr mehr oder weniger belanglos.
Unsere Antwort muß anders lauten. Wir können uns nicht begnügen mit der Ent-
deckung einer neuen Schönheit, die sich wie eine schmeichelnde Verhüllung um die
Dinge legt: wir dürfen nur eine solche Antwort als wesentlich anerkennen, die dem
inneren Wesen dieser neuen Dinge gerecht wird und deren Beziehung zur übrigen
Welt der Formen wirklich klarlegt.
Daß die auf rein technisch-mechanischem Wege entstandenen Formen mit den
Formen der organischen Natur wenig gemein haben können, scheint selbstverständ-
lich zu sein; denn sie sind ja nicht wie diese von innen heraus, ihren eigenen geheim-
nisvollen Gesetzen gehorchend gewachsen, von Anfang an eine unlösbare Einheit,
sondern sind durch Einwirkung äußerer Kräfte in Teilen entstanden und von einem
ordnenden Geiste zusammengefügt. Und die gleiche Kluft scheint die Welt der Tech-
nik auch von der der Kunst zu trennen; denn mit vollem Recht hat man als We-
sentlichstes der Kunst ihr Gewachsensein nach organischen Gesetzen bezeichnet:
auch ihre Werke folgen nur innerem Triebe; auch sie sind nicht nachträglich aus
Teilen zusammengefügt, sondern von Anfang an als Einheit konzipiert und nur
lebendig, soweit sich jede Einzelheit auf diese Einheit bezieht.
Was wir „Schönheit“ nennen in der Kunst, das ist nichts anderes wie der klare
und lebendige Ausdruck des inneren organischen Gesetzes, und weil es diesen
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Abendsonne mit, den Rauchschwaden kämpft, oder die Feuer der Essen durch die
Nacht leuchten, — oder sie haben, mehr ins Innere schauend, in diesen Kräften eine
neue Art von Dämonie gesehen, der so wenig wie den Elementarkräften die Erha-
benheit abgesprochen werden dürfe. Die andern beten gerade das an, was sonst ver-
dammt wird: sie sehen das Wesentliche in der Überwindung der rohen und ziel-
losen Naturkräfte durch den menschlichen Geist, die Schönheit in dem Ausdruck
reinlichsten und klarsten Denkens, und erst da, wo die Natur durch den Menschen
überwunden ist, ist für sie die Welt vollendet. Mit welchen Opfern diese Überwin-
dung erkauft wird, eine wie tiefe Kluft dadurch zwischen dieser neuen Welt und
der übrigen Natur aufgerissen wird, ist für diese Anschauung gleichgültig; denn der
Rest der Welt ist ihr mehr oder weniger belanglos.
Unsere Antwort muß anders lauten. Wir können uns nicht begnügen mit der Ent-
deckung einer neuen Schönheit, die sich wie eine schmeichelnde Verhüllung um die
Dinge legt: wir dürfen nur eine solche Antwort als wesentlich anerkennen, die dem
inneren Wesen dieser neuen Dinge gerecht wird und deren Beziehung zur übrigen
Welt der Formen wirklich klarlegt.
Daß die auf rein technisch-mechanischem Wege entstandenen Formen mit den
Formen der organischen Natur wenig gemein haben können, scheint selbstverständ-
lich zu sein; denn sie sind ja nicht wie diese von innen heraus, ihren eigenen geheim-
nisvollen Gesetzen gehorchend gewachsen, von Anfang an eine unlösbare Einheit,
sondern sind durch Einwirkung äußerer Kräfte in Teilen entstanden und von einem
ordnenden Geiste zusammengefügt. Und die gleiche Kluft scheint die Welt der Tech-
nik auch von der der Kunst zu trennen; denn mit vollem Recht hat man als We-
sentlichstes der Kunst ihr Gewachsensein nach organischen Gesetzen bezeichnet:
auch ihre Werke folgen nur innerem Triebe; auch sie sind nicht nachträglich aus
Teilen zusammengefügt, sondern von Anfang an als Einheit konzipiert und nur
lebendig, soweit sich jede Einzelheit auf diese Einheit bezieht.
Was wir „Schönheit“ nennen in der Kunst, das ist nichts anderes wie der klare
und lebendige Ausdruck des inneren organischen Gesetzes, und weil es diesen
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