s
Nr. S
Sonntag, 2. Kebruar.
Jahrgang 1930
»stbezug
..„ ... _ . immevn
wird kein Ersatz geleistet. Der JnscrUonsprcis ist 10 Reichs-
Herausgeber :
Curt Kieshauer
Fernruf 18S2
Heidelberger
Bürger-Zeitung
Mittelstands-Zeitung
UiMiiWgtt K«»psdl«tt sik die Iiiekkstki des deils-en Mitteisittdes
MelWlerW-MWOlW W«g
Zeitung für gesunde Wirtschaftsinteressen des gewerblichen
Mittelstandes, des Handwerks, Handels, Haus- und Grund-
besitzes, der Landwirtschaft, freien Berufe und aller sich zum
Mittelstand rechnenden Kopf- und Handarbeiter.
MiWeuW MiM-ZeitW
Bezugspreis monatlich 0,80 Reichsmark. Bei M
vierteljährlich 2,10 Reichsmark. Für ausgefallene Mi
kein Ers ' " ' - " ' " . .. .
Pfennig für die achtgespaltene Millimeterzeile oder deren
Raum. Reklamen 0,48 RM- pr» mm-Zeils.1
Das Geheimnis der Sozialdemokratie.
Wirtschaftliche Abhängigkeiten.
Wie oft nicht schon hat der deutsche Bür-
ger erstaunt den Kopf darüber geschüttelt, daß
die Sozialdemokratische Partei trotz ihrer im-
mer wieder erfolgten Blossstellung nach wie
vor die „stärkste" Partei Deutschlands ist. Sie
zählt noch nicht einmal eine Million Mitglie-
der. Und trotzdem ihre Wahlsrfolge! Man
Weitz, das? die Sozialdemokratie nur auf den
Krücken ihrer Hilfstruppen so mächtig vor-
wcirtsschreiten kann. Die Gewerkschaften, die
Konsumvereine, die Arbeiter-Sportvereine usw.
sind es, die immer wieder der Sozialdemokra-
tie die Massen zutreiben. Damit allein aber
ist das Geheimnis des sozialistischen Partei-
erfolges noch nicht gelüftet. Vielmehr mus? be-
achtet werden,, das? heute Hunderttausende
wirtschaftliche unmittelbar von der Sozial-
demokratie abhängig sind
Eine im Verlag des kommunistischen
„Roten Aufbau' erschienene Flugschrist „Der
TPD.-Apparat" gibt hierüber nähere Aus-
kunft. Diese Schrift untersucht, wieviel Per-
sonen von der Sozialdemokratie und ihren
Rebenorganisakionen beschäftigt werden.
Der eigentliche engere Partei- und Ge-
werkschaftsapparat der Sozialdemokratie um-
faßt einschließlich der Sekretäre, der Arbeit-
nehmer der Druckereien und Buchhandlungen
usw. 16 905 Personen. Hinzu kommen die An-
gestellten der Nebenorganisationen, also der
Arbeiterwohlfahrt, der Ärbeitersport-Ver-
bände, des Verbandes für Freidenkertum, des
Volksfeuerbestattungsoereins, der Volksbühne,
des Reichsbanners, des Zentralverbandes der
Arbeitsinvaliden und Witwen und des Reichs-
bundes der Kriegsbeschädigten zusammen mit
2820 Personen.
Eine wesentlich höhere Zahl von Beschäf-
tigten weisen die wirtschaftlichen Unterneh-
mungen der Sozialdemokratie auf. Die Kon-
sumgenossenschaften, der Verband sozialer Bau-
betriebe, die roten Fahrradwerke, die Betriebe
des Verkehrsbundes, die Arbeiterbank und die
änderen hier in Frage kommenden Unterneh-
mungen beschäftigen zusammen 88,892 Per-
sonen.
Die kommunistische Schrift führt dann wei-
ter aus, daß für verschiedene Gesellschaften die
Angestelltenzahl weder festgestellt noch geschätzt
werden konnte. So z. B. für die Deutsche
Wohnungsfürsorge AG., für Veamte.Angestellte
Und Arbeiter, für die Gewerkschaftshäuser usw.
Eine recht erfolgreiche Futterkrippenpolitik
hat die Sozialdemokratie bei den Organen
Unserer- Sozialpolitik durchgeführt. Sie stellt
allein bei den Krankenkassen 46 521 Versiche-
rungsvertreter. Insgesamt hat die Sozial-
demokratie bei den Organen der Sozialpolitik,
den Arbeitsämtern, den Arbeitsgerichten, den
Sozialversicherungsträgern, 60 363 Vertreter
und etwa 50000 Beamte und Angestellte unter-
gebracht.
Dann kommen die Parlamente. Im Reichs-
tag sitzen bekanntlich 153 Sozialdemokraten
mit dicken Diäten. Im Reichsrat etwa 25, im
Reichswirtschaftsrat etwa 65, in den Land-
tagen 529, im preußschen Staatsrat 24, den
Provinziallandtagen 358, den Kreistagen 4097,
in den Stadtverordnetenversammlungen 7762
und in den Gemeindevertretungen 31348.
Ferner hat die Sozialdemokratie 889 Vürger-
germeister gestellt, 897 Gemeindevorsteher,
520 besoldete Stadträte und Beigeordnete.
Hinzu kommt die Tatsache, daß die meisten
Veamtenstellungen von sozialistischen Regierun-
gen vergeben und besetzt werden. Auf Grund
einer Angabe Les preußischen Innenministers
muß man von den 156 000 preußischen Beam-
ten wenigstens 16 000 zur Sozialdemokratie
rechnen. Hinzu kommt die Arbeitsgemeinschaft
sozialistischer Lehrer init 6000 Mitgliedern.
Hinzu kommen ferner die Vaukontrolleure, Ee-
werbeaufsichtsbeamte, Bergrevisionsinspektoren
und Erubenkontrolleure, die aus öffentlichen
Mitteln bezahlt und von der Sozialdemokratie
gestellt werden.
Alles in allein ergibt sich folgende Ueber-
sicht:
Partei und Gewerkschaften
Nebenorganisationen
Wirtschaftliche Unternehmungen
Parlamente
Sozialpolitische Körperschaften,
Vertreter
Sozialpolitische Körperschaften,
Beamte und Angestellte etwa
Lehrerorganisation
Preußische Verwaltung
Verwaltung anderer Länder
Parteischulen usw.
Baukontrolleure usw.
Nichtzuschätz. Unternehmung etwa
Zusammen 289 254
Rund 300 000 Personen sind es also, die be-
züglich ihrer wirtschaftlichen oder gesellschaft-
lichen Existenz unmittelbar von der Sozial-
demokratie abhängig sind. Das ist das Ge-
heimnis der sozialistischen Mahlerfolge.
16 905
2 320
83 392
46 667
60 363
50 000
6 000
16 000
4 000
1500
507
1600
Nie Gefahr der Monopole fkr die mittleren and kleineren
Aablikaüonsbetriebe vnd für den Kandel, sowie die
Verteuerung der Monoyolfabrikate.
Aon Hermann Wienecke, Münster i. W. 1. Vorsitzender des Reichsverbandes der deut-
ichen Spirituosen-Industri« und Mitglied beim Gewerbe-Ausschuß des Reichsmonopolamtes.
Bekanntlich trat der Monopolgedanke in
"er Gesetzgebung im Jahre 1917 infolge der
^bfzubringenden Kriegskosten besonders stark
Mf. Man suchte nach neuen Einnahmeqnel-
hch und so entstand am 26. Juli 1918 das Ge-
Etz über das Branntweinmonopol. Sang- und
^anglos wurde dieses Gesetz angenommen und
wMr unter dem Eindruck der Kriegsoerhält-
mse. Auch das von dem Gesetz besonders be-
Ioffene Gewerbe nahm das Gesetz ohne großes
Widerstreben hin, weil man die Angestellten,
wwie die Betriebsinhaber mit einer damals
^gemessenen Summe entschädigte. Doch nur
A bald stellte sich heraus, daß das Brannt-
weinmonopol ein Fremdkörper im deutschen
Volkswirtschaftsleben ist, und daß der Grund-
gedanke der Gewerbefrciheit in den Hinter-
grund gedrängt war. Trotzdem man bereits
einen großen wirtschaftlichen Schaden angerich-
tet hatte, gab man den Monopolisierungsge-
danken nicht auf, vielmehr wurde er durch die
Revolution zu neuem Leben erweckt und der
Sozialismus trieb seine Keimzellen in das
deutsche Wirtschaftsleben. Die erste revolutio-
näre Neichsregierung. der Rat der Volksbeauf-
tragten setzte sich in ihrem Aufruf vom 12.
November 1918 zum Ziel, das sozialistische
Programm voll und ganz zu verwirklichen.
Zwar wurde diese Absicht durch die Reichsver-
fassung geschwächt, jedoch gelang es immer dem
Sozialismus, dehnbare Bestimmungen zu sei-
nen Gunsten in die Verfassung hineinzubrin-
gen.
Der 5. Abschnitt der Neichsverfassung, der
von dem Wirtschaftsleben handelt, spricht zwar
von Freiheit des Handels und Gewerbes, ge-
währleistet das Eigentum, das Erbrecht usw.,
setzt aber das Allgemeinwohl oben an und läßt
Spielraum für jedes Gesetz in dieser Beziehung.
Unter dem sogenannten Allgemeinwohl ver-
steht der Sozialismus aber etwas ganz an-
deres, als das Bürgertum, und so haben das
Privateigentum, das freie Gewerbe und der
freie Handel nach der Revolution stündig um
ihre Rechte zu kämpfen. Ununterbrochen wer-
den Gesetze eingebracht, die besonders den Ar-
tikel 164 der Reichsverfassung, nachdem der
selbständige Mittelstand in Landwirtschaft, Ge-
werbe und Handel in der Gesetzgebung und
Verwaltung zu fördern und gegenUeberlastung
und Aufsaugung zu schützen ist, auf den Kopf
stellen, und dieses alles unter der Parole „All-
gemeinwohl": .-
Ein Beweis hierfür dürfte der weitere
Werdegang des Branntweinmonopolgesetzes
sein. Zwar sah man ein. daß das Gesetz von
1918 in vielen Punkten ein großer Mißgriff
gewesen ist, doch war man weit davon entfernt,
die alte Eewerbefreiheit wieder herzustellen.
Marr versuchte, an dem Gesetze herum zu dok-
tern, und so wurde ein wichtiger Teil der deut-
schen Volkswirtschaft durch das Gesetz über das
Branntweinmonopol vom 8. 1. 1922 weiter
vom Sozialismus in Fesseln gelegt. Aber auch
diese Operation glückte nicht, weder im Sinne
der Reichseinnahmen, noch zum Vorteil des
Gewerbes und der Verbraucher. Die Steuern
wurden immer höher und der Trinkbrannt-
wein teurer, sodaß der kleine Mann kaum noch
ein Schnüps'chen bezahlen kann. Naturgemäß
wurde der Absatz an Monopolspritt immer ge-
ringer und man sprach von einer Spritslut.
Um sich aus dieser „Überschwemmung" zu ret-
ten, war das Reichsmonopolamt gezwungen,
große Mengen von Sprit an das Ausland zu
verkaufen und zwar zum Preise von 23 bis 25
Pfennig das Liter r. A. Weiter kam man auf
den Gedanken, Sprit als Betriebsstoff zu ver-
werten. Auf diese Weise tauchte das Monopo-
lin auf, ein Gemisch von Sprit und Benzol.
Für den hierzu abgegebenen Sprit zahlt man
dem Monopolamt durchschnittlich 20 Pfennig
für das Liter r. A. Weiter verkaufte das Mo-
nopolamt Sprit zu 40 Pfennig an die chemische
Industrie, während er zur Esfig-zubereitung zu
durchschnittlich 70 Pfennig abgegeben wurde.
Der Gestehungspreis für das Monopolamt be-
trögt aber einschließlich Verwaltungskosten und
Verluste pro Liter r. A. etwa 85 Pfennig. Die-
ser ungeheure Ausfall ist außer den Steuern
von 4 Mark pro Liter vom Trinkbranntwein-
gewerbe zu tragen, das durchschnittlich, für ein
Liter r. Ä. 4 bis 6 Mark zahlen mußte. Heute
beträgt der Preis K Mark. Infolge dieses ho-
hen Preises ging der Verbrauch immer mehr
zurück und das Monopolamt bringt nicht an-
nähernd die gedachten Steuern auf, während
das Gewerbe immer mehr zugrunde geht. Man
glaubte nun, den Hauptgrund dieser Mißstände
in der nicht vollen Erfassung des erzeugten
Sprites durch das Mvnopolgesetz gefunden zu
haben. Besonders beschuldigte man die Klein-
und Abfindungsbrennsr der Hinterziehung der
Monopolsteuer. Unzählige Fälle von Steuer-
hinterziehung und sonstige Verstöße gegen das
Monopolgesetz wurden tatsächlich aufgsdeckt und
bestraft, aber immer wieder tauchten neue Mo-
nopolsünder auf, denn der Verdienst an un-
versteuertem Sprit ist zu groß! —
Nun glaubte, man mit Recht, einmal die
letzte Operation vornehmen zu müssen. Durch
den Entwurf der Novelle zum Vranntwein-
monopolgesetz, der am 21. 5. 29 zum Gesetz
wurde, wollte man nun endlich jeden Handel
mit Sprit unter dem Monopolpreis unterbin-
den und vor allen Dingen die Klein- und Ab-
findungsbrenner zur Ablieferung des Sprites
an das Monopolamt bewegen. Gleichzeitig
setzte man Mindestpreise für Fertigfabrikate
ein, doch der erwartete Erfolg blieb auch jetzt
zum größten Teil aus. Die Brauereien liefern
zwar Sprit nach wie vor ab. Das Monopolamt
kann diesen zu angemessenen Preisen nicht ver-
werten und das Trinkbranntwein herstellende
Gewerbe kann die Ware nicht in genügendem
Maße und vor allen Dingen nicht mit einem
notwendigen Nutzen absetzen. Es dürfte also
nicht zu bestreiten sein, daß durch die Monopol?
wirtschaft der Sprit verteuert wird und daß
die gegenwärtig bestehende Spritbewirtschaf-
tung auf ganz anderen Grundlagen aufgebaut
werden muß, wenn nicht eine weitere Preis-
steigerung und weitere Abnahme des Absatzes
zum regelmäßigen Verkaufspreise eintreten
soll. Wie verlautet, sqllen dem Monopolamt
wieder in letzter Zeit rund 9 Millionen Mark
Verluste gedroht haben. Ein solcher Zustand
kann auf keinen Fall bestehen bleiben. — Auf
der einen Seite vermißt man dis erwarteten
Einnahmen, aus der anderen Seile wird leder
nennenswerte Absatz verhindert und das Ge-
werbe vernichtet. Hier kann nur ein Gesetz
Ordnung schaffen, daß gleiche Rechte und
Pflichten für alle bringt, und das nicht das
höchste Ziel hat, möglichst hohe Steuern heraus
zn holen. Auch muß nach wirtschaftlichen und
nicht politischen Grundsätzen gehandelt werden.
— Alle Steuern müssen sich den wirklichen
wirtschaftlichenVerhältnissen anpassen, andern-
falls wird das Huhn geschlachtet, das die gol-
denen Eier legen soll. —
Eine weitere Blüte des Sozialismus ist das
Zünoholzmonopol. Auch in diesem findet man
das Bestreben, wie bei allen Monopolen, mög-
lichst viel Steuern heraus zu schälen. Ebenso,
wie beim Dranntweinmonopolgesetz, sind hier
die Konzerne und sonstigen Großbetriebs emsig
tätig, ein Fabrikationsmonopol für sich heraus-
zuschlagen, d. b, die kleineren und mittleren
Betriebe zu beseitigen, dein Handel einen
äußerst geringen Gewinn zu lassen und zum
Schluß dem Verbraucher die Ware zu verteu-
ern. Daß man geradezu in einer unglaublichen
Art und Weise versucht, den Konsumvereinen
besondere Vorteile zu gewähren, ist ein kaum
überraschender sozialistischer Gedanke, der fern
von „Gleichheit und Brüderlichkeit" ist. —
Infolge des Zurückganges der Steuerein-
nahmen und der erhöhten Ausgaben sucht der
Reichsfinanzminister mit seiner Wünschelrute
immer wieder nach neuen Steuerguellen, und
wenn solche bereits entdeckt sind, ist er bestrebt,
die Ergiebigkeit zu erhöhen.
So kam er auch auf die bedeutende Erhö-
hung der Tabaksteuer! Das Gewicht dieser
Steuer wurde hauptsächlich auf den Rauchtabak
und auf die Zigaretten gelegt, während man
die Zigarren frei ließ. Genau wie bei dem
Branntwein- und Zündholzmonopol arbeiteten
Kapitalismus und Sozialismus Hand in Hand,
um die kleinen Fabrikationsbetriebe zu beseiti-
gen, eine Kontingentierung für die Großbe-
triebe herbeizuführen und schließlich die Der
kaufspreise so zu bestimmen, daß dem Handel
n-chts mehr verbleibt. Während vor dem
Kriege der Handel bei niedrigen Preisen für
Tabakfabrikate sein gutes Auskommen hatte,
ringt er heute infolge der Diktatur der Kon-
zerne und der Steuererhöhung um seine Exi-
stenz. Auch hier geht ein Zigarrenhündler nach
dem anderen zugrunde. Die Steuern werden
von den Fabriken auf den Einzelhandel abge-
wälzr, der aber diese nur zum kleinsten Teile
von dem Verbraucher tragen lassen kann und
so bei den erhöhten Unkosten über kurz oder
lang gezwunaen wird, den Laden zu schließen.
Von besonderer Rücksichtslosigkeit zeigt sich hier
ein bestimmter Zigarelten-Trust. — Daß sich
die Einzelhändler gegen den Kapitalismus
energisch wehren, ist eine Pflicht, die ihm im
Nr. S
Sonntag, 2. Kebruar.
Jahrgang 1930
»stbezug
..„ ... _ . immevn
wird kein Ersatz geleistet. Der JnscrUonsprcis ist 10 Reichs-
Herausgeber :
Curt Kieshauer
Fernruf 18S2
Heidelberger
Bürger-Zeitung
Mittelstands-Zeitung
UiMiiWgtt K«»psdl«tt sik die Iiiekkstki des deils-en Mitteisittdes
MelWlerW-MWOlW W«g
Zeitung für gesunde Wirtschaftsinteressen des gewerblichen
Mittelstandes, des Handwerks, Handels, Haus- und Grund-
besitzes, der Landwirtschaft, freien Berufe und aller sich zum
Mittelstand rechnenden Kopf- und Handarbeiter.
MiWeuW MiM-ZeitW
Bezugspreis monatlich 0,80 Reichsmark. Bei M
vierteljährlich 2,10 Reichsmark. Für ausgefallene Mi
kein Ers ' " ' - " ' " . .. .
Pfennig für die achtgespaltene Millimeterzeile oder deren
Raum. Reklamen 0,48 RM- pr» mm-Zeils.1
Das Geheimnis der Sozialdemokratie.
Wirtschaftliche Abhängigkeiten.
Wie oft nicht schon hat der deutsche Bür-
ger erstaunt den Kopf darüber geschüttelt, daß
die Sozialdemokratische Partei trotz ihrer im-
mer wieder erfolgten Blossstellung nach wie
vor die „stärkste" Partei Deutschlands ist. Sie
zählt noch nicht einmal eine Million Mitglie-
der. Und trotzdem ihre Wahlsrfolge! Man
Weitz, das? die Sozialdemokratie nur auf den
Krücken ihrer Hilfstruppen so mächtig vor-
wcirtsschreiten kann. Die Gewerkschaften, die
Konsumvereine, die Arbeiter-Sportvereine usw.
sind es, die immer wieder der Sozialdemokra-
tie die Massen zutreiben. Damit allein aber
ist das Geheimnis des sozialistischen Partei-
erfolges noch nicht gelüftet. Vielmehr mus? be-
achtet werden,, das? heute Hunderttausende
wirtschaftliche unmittelbar von der Sozial-
demokratie abhängig sind
Eine im Verlag des kommunistischen
„Roten Aufbau' erschienene Flugschrist „Der
TPD.-Apparat" gibt hierüber nähere Aus-
kunft. Diese Schrift untersucht, wieviel Per-
sonen von der Sozialdemokratie und ihren
Rebenorganisakionen beschäftigt werden.
Der eigentliche engere Partei- und Ge-
werkschaftsapparat der Sozialdemokratie um-
faßt einschließlich der Sekretäre, der Arbeit-
nehmer der Druckereien und Buchhandlungen
usw. 16 905 Personen. Hinzu kommen die An-
gestellten der Nebenorganisationen, also der
Arbeiterwohlfahrt, der Ärbeitersport-Ver-
bände, des Verbandes für Freidenkertum, des
Volksfeuerbestattungsoereins, der Volksbühne,
des Reichsbanners, des Zentralverbandes der
Arbeitsinvaliden und Witwen und des Reichs-
bundes der Kriegsbeschädigten zusammen mit
2820 Personen.
Eine wesentlich höhere Zahl von Beschäf-
tigten weisen die wirtschaftlichen Unterneh-
mungen der Sozialdemokratie auf. Die Kon-
sumgenossenschaften, der Verband sozialer Bau-
betriebe, die roten Fahrradwerke, die Betriebe
des Verkehrsbundes, die Arbeiterbank und die
änderen hier in Frage kommenden Unterneh-
mungen beschäftigen zusammen 88,892 Per-
sonen.
Die kommunistische Schrift führt dann wei-
ter aus, daß für verschiedene Gesellschaften die
Angestelltenzahl weder festgestellt noch geschätzt
werden konnte. So z. B. für die Deutsche
Wohnungsfürsorge AG., für Veamte.Angestellte
Und Arbeiter, für die Gewerkschaftshäuser usw.
Eine recht erfolgreiche Futterkrippenpolitik
hat die Sozialdemokratie bei den Organen
Unserer- Sozialpolitik durchgeführt. Sie stellt
allein bei den Krankenkassen 46 521 Versiche-
rungsvertreter. Insgesamt hat die Sozial-
demokratie bei den Organen der Sozialpolitik,
den Arbeitsämtern, den Arbeitsgerichten, den
Sozialversicherungsträgern, 60 363 Vertreter
und etwa 50000 Beamte und Angestellte unter-
gebracht.
Dann kommen die Parlamente. Im Reichs-
tag sitzen bekanntlich 153 Sozialdemokraten
mit dicken Diäten. Im Reichsrat etwa 25, im
Reichswirtschaftsrat etwa 65, in den Land-
tagen 529, im preußschen Staatsrat 24, den
Provinziallandtagen 358, den Kreistagen 4097,
in den Stadtverordnetenversammlungen 7762
und in den Gemeindevertretungen 31348.
Ferner hat die Sozialdemokratie 889 Vürger-
germeister gestellt, 897 Gemeindevorsteher,
520 besoldete Stadträte und Beigeordnete.
Hinzu kommt die Tatsache, daß die meisten
Veamtenstellungen von sozialistischen Regierun-
gen vergeben und besetzt werden. Auf Grund
einer Angabe Les preußischen Innenministers
muß man von den 156 000 preußischen Beam-
ten wenigstens 16 000 zur Sozialdemokratie
rechnen. Hinzu kommt die Arbeitsgemeinschaft
sozialistischer Lehrer init 6000 Mitgliedern.
Hinzu kommen ferner die Vaukontrolleure, Ee-
werbeaufsichtsbeamte, Bergrevisionsinspektoren
und Erubenkontrolleure, die aus öffentlichen
Mitteln bezahlt und von der Sozialdemokratie
gestellt werden.
Alles in allein ergibt sich folgende Ueber-
sicht:
Partei und Gewerkschaften
Nebenorganisationen
Wirtschaftliche Unternehmungen
Parlamente
Sozialpolitische Körperschaften,
Vertreter
Sozialpolitische Körperschaften,
Beamte und Angestellte etwa
Lehrerorganisation
Preußische Verwaltung
Verwaltung anderer Länder
Parteischulen usw.
Baukontrolleure usw.
Nichtzuschätz. Unternehmung etwa
Zusammen 289 254
Rund 300 000 Personen sind es also, die be-
züglich ihrer wirtschaftlichen oder gesellschaft-
lichen Existenz unmittelbar von der Sozial-
demokratie abhängig sind. Das ist das Ge-
heimnis der sozialistischen Mahlerfolge.
16 905
2 320
83 392
46 667
60 363
50 000
6 000
16 000
4 000
1500
507
1600
Nie Gefahr der Monopole fkr die mittleren and kleineren
Aablikaüonsbetriebe vnd für den Kandel, sowie die
Verteuerung der Monoyolfabrikate.
Aon Hermann Wienecke, Münster i. W. 1. Vorsitzender des Reichsverbandes der deut-
ichen Spirituosen-Industri« und Mitglied beim Gewerbe-Ausschuß des Reichsmonopolamtes.
Bekanntlich trat der Monopolgedanke in
"er Gesetzgebung im Jahre 1917 infolge der
^bfzubringenden Kriegskosten besonders stark
Mf. Man suchte nach neuen Einnahmeqnel-
hch und so entstand am 26. Juli 1918 das Ge-
Etz über das Branntweinmonopol. Sang- und
^anglos wurde dieses Gesetz angenommen und
wMr unter dem Eindruck der Kriegsoerhält-
mse. Auch das von dem Gesetz besonders be-
Ioffene Gewerbe nahm das Gesetz ohne großes
Widerstreben hin, weil man die Angestellten,
wwie die Betriebsinhaber mit einer damals
^gemessenen Summe entschädigte. Doch nur
A bald stellte sich heraus, daß das Brannt-
weinmonopol ein Fremdkörper im deutschen
Volkswirtschaftsleben ist, und daß der Grund-
gedanke der Gewerbefrciheit in den Hinter-
grund gedrängt war. Trotzdem man bereits
einen großen wirtschaftlichen Schaden angerich-
tet hatte, gab man den Monopolisierungsge-
danken nicht auf, vielmehr wurde er durch die
Revolution zu neuem Leben erweckt und der
Sozialismus trieb seine Keimzellen in das
deutsche Wirtschaftsleben. Die erste revolutio-
näre Neichsregierung. der Rat der Volksbeauf-
tragten setzte sich in ihrem Aufruf vom 12.
November 1918 zum Ziel, das sozialistische
Programm voll und ganz zu verwirklichen.
Zwar wurde diese Absicht durch die Reichsver-
fassung geschwächt, jedoch gelang es immer dem
Sozialismus, dehnbare Bestimmungen zu sei-
nen Gunsten in die Verfassung hineinzubrin-
gen.
Der 5. Abschnitt der Neichsverfassung, der
von dem Wirtschaftsleben handelt, spricht zwar
von Freiheit des Handels und Gewerbes, ge-
währleistet das Eigentum, das Erbrecht usw.,
setzt aber das Allgemeinwohl oben an und läßt
Spielraum für jedes Gesetz in dieser Beziehung.
Unter dem sogenannten Allgemeinwohl ver-
steht der Sozialismus aber etwas ganz an-
deres, als das Bürgertum, und so haben das
Privateigentum, das freie Gewerbe und der
freie Handel nach der Revolution stündig um
ihre Rechte zu kämpfen. Ununterbrochen wer-
den Gesetze eingebracht, die besonders den Ar-
tikel 164 der Reichsverfassung, nachdem der
selbständige Mittelstand in Landwirtschaft, Ge-
werbe und Handel in der Gesetzgebung und
Verwaltung zu fördern und gegenUeberlastung
und Aufsaugung zu schützen ist, auf den Kopf
stellen, und dieses alles unter der Parole „All-
gemeinwohl": .-
Ein Beweis hierfür dürfte der weitere
Werdegang des Branntweinmonopolgesetzes
sein. Zwar sah man ein. daß das Gesetz von
1918 in vielen Punkten ein großer Mißgriff
gewesen ist, doch war man weit davon entfernt,
die alte Eewerbefreiheit wieder herzustellen.
Marr versuchte, an dem Gesetze herum zu dok-
tern, und so wurde ein wichtiger Teil der deut-
schen Volkswirtschaft durch das Gesetz über das
Branntweinmonopol vom 8. 1. 1922 weiter
vom Sozialismus in Fesseln gelegt. Aber auch
diese Operation glückte nicht, weder im Sinne
der Reichseinnahmen, noch zum Vorteil des
Gewerbes und der Verbraucher. Die Steuern
wurden immer höher und der Trinkbrannt-
wein teurer, sodaß der kleine Mann kaum noch
ein Schnüps'chen bezahlen kann. Naturgemäß
wurde der Absatz an Monopolspritt immer ge-
ringer und man sprach von einer Spritslut.
Um sich aus dieser „Überschwemmung" zu ret-
ten, war das Reichsmonopolamt gezwungen,
große Mengen von Sprit an das Ausland zu
verkaufen und zwar zum Preise von 23 bis 25
Pfennig das Liter r. A. Weiter kam man auf
den Gedanken, Sprit als Betriebsstoff zu ver-
werten. Auf diese Weise tauchte das Monopo-
lin auf, ein Gemisch von Sprit und Benzol.
Für den hierzu abgegebenen Sprit zahlt man
dem Monopolamt durchschnittlich 20 Pfennig
für das Liter r. A. Weiter verkaufte das Mo-
nopolamt Sprit zu 40 Pfennig an die chemische
Industrie, während er zur Esfig-zubereitung zu
durchschnittlich 70 Pfennig abgegeben wurde.
Der Gestehungspreis für das Monopolamt be-
trögt aber einschließlich Verwaltungskosten und
Verluste pro Liter r. A. etwa 85 Pfennig. Die-
ser ungeheure Ausfall ist außer den Steuern
von 4 Mark pro Liter vom Trinkbranntwein-
gewerbe zu tragen, das durchschnittlich, für ein
Liter r. Ä. 4 bis 6 Mark zahlen mußte. Heute
beträgt der Preis K Mark. Infolge dieses ho-
hen Preises ging der Verbrauch immer mehr
zurück und das Monopolamt bringt nicht an-
nähernd die gedachten Steuern auf, während
das Gewerbe immer mehr zugrunde geht. Man
glaubte nun, den Hauptgrund dieser Mißstände
in der nicht vollen Erfassung des erzeugten
Sprites durch das Mvnopolgesetz gefunden zu
haben. Besonders beschuldigte man die Klein-
und Abfindungsbrennsr der Hinterziehung der
Monopolsteuer. Unzählige Fälle von Steuer-
hinterziehung und sonstige Verstöße gegen das
Monopolgesetz wurden tatsächlich aufgsdeckt und
bestraft, aber immer wieder tauchten neue Mo-
nopolsünder auf, denn der Verdienst an un-
versteuertem Sprit ist zu groß! —
Nun glaubte, man mit Recht, einmal die
letzte Operation vornehmen zu müssen. Durch
den Entwurf der Novelle zum Vranntwein-
monopolgesetz, der am 21. 5. 29 zum Gesetz
wurde, wollte man nun endlich jeden Handel
mit Sprit unter dem Monopolpreis unterbin-
den und vor allen Dingen die Klein- und Ab-
findungsbrenner zur Ablieferung des Sprites
an das Monopolamt bewegen. Gleichzeitig
setzte man Mindestpreise für Fertigfabrikate
ein, doch der erwartete Erfolg blieb auch jetzt
zum größten Teil aus. Die Brauereien liefern
zwar Sprit nach wie vor ab. Das Monopolamt
kann diesen zu angemessenen Preisen nicht ver-
werten und das Trinkbranntwein herstellende
Gewerbe kann die Ware nicht in genügendem
Maße und vor allen Dingen nicht mit einem
notwendigen Nutzen absetzen. Es dürfte also
nicht zu bestreiten sein, daß durch die Monopol?
wirtschaft der Sprit verteuert wird und daß
die gegenwärtig bestehende Spritbewirtschaf-
tung auf ganz anderen Grundlagen aufgebaut
werden muß, wenn nicht eine weitere Preis-
steigerung und weitere Abnahme des Absatzes
zum regelmäßigen Verkaufspreise eintreten
soll. Wie verlautet, sqllen dem Monopolamt
wieder in letzter Zeit rund 9 Millionen Mark
Verluste gedroht haben. Ein solcher Zustand
kann auf keinen Fall bestehen bleiben. — Auf
der einen Seite vermißt man dis erwarteten
Einnahmen, aus der anderen Seile wird leder
nennenswerte Absatz verhindert und das Ge-
werbe vernichtet. Hier kann nur ein Gesetz
Ordnung schaffen, daß gleiche Rechte und
Pflichten für alle bringt, und das nicht das
höchste Ziel hat, möglichst hohe Steuern heraus
zn holen. Auch muß nach wirtschaftlichen und
nicht politischen Grundsätzen gehandelt werden.
— Alle Steuern müssen sich den wirklichen
wirtschaftlichenVerhältnissen anpassen, andern-
falls wird das Huhn geschlachtet, das die gol-
denen Eier legen soll. —
Eine weitere Blüte des Sozialismus ist das
Zünoholzmonopol. Auch in diesem findet man
das Bestreben, wie bei allen Monopolen, mög-
lichst viel Steuern heraus zu schälen. Ebenso,
wie beim Dranntweinmonopolgesetz, sind hier
die Konzerne und sonstigen Großbetriebs emsig
tätig, ein Fabrikationsmonopol für sich heraus-
zuschlagen, d. b, die kleineren und mittleren
Betriebe zu beseitigen, dein Handel einen
äußerst geringen Gewinn zu lassen und zum
Schluß dem Verbraucher die Ware zu verteu-
ern. Daß man geradezu in einer unglaublichen
Art und Weise versucht, den Konsumvereinen
besondere Vorteile zu gewähren, ist ein kaum
überraschender sozialistischer Gedanke, der fern
von „Gleichheit und Brüderlichkeit" ist. —
Infolge des Zurückganges der Steuerein-
nahmen und der erhöhten Ausgaben sucht der
Reichsfinanzminister mit seiner Wünschelrute
immer wieder nach neuen Steuerguellen, und
wenn solche bereits entdeckt sind, ist er bestrebt,
die Ergiebigkeit zu erhöhen.
So kam er auch auf die bedeutende Erhö-
hung der Tabaksteuer! Das Gewicht dieser
Steuer wurde hauptsächlich auf den Rauchtabak
und auf die Zigaretten gelegt, während man
die Zigarren frei ließ. Genau wie bei dem
Branntwein- und Zündholzmonopol arbeiteten
Kapitalismus und Sozialismus Hand in Hand,
um die kleinen Fabrikationsbetriebe zu beseiti-
gen, eine Kontingentierung für die Großbe-
triebe herbeizuführen und schließlich die Der
kaufspreise so zu bestimmen, daß dem Handel
n-chts mehr verbleibt. Während vor dem
Kriege der Handel bei niedrigen Preisen für
Tabakfabrikate sein gutes Auskommen hatte,
ringt er heute infolge der Diktatur der Kon-
zerne und der Steuererhöhung um seine Exi-
stenz. Auch hier geht ein Zigarrenhündler nach
dem anderen zugrunde. Die Steuern werden
von den Fabriken auf den Einzelhandel abge-
wälzr, der aber diese nur zum kleinsten Teile
von dem Verbraucher tragen lassen kann und
so bei den erhöhten Unkosten über kurz oder
lang gezwunaen wird, den Laden zu schließen.
Von besonderer Rücksichtslosigkeit zeigt sich hier
ein bestimmter Zigarelten-Trust. — Daß sich
die Einzelhändler gegen den Kapitalismus
energisch wehren, ist eine Pflicht, die ihm im