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Heidelberger Bürger-Zeitung: Mittelstands-Zeitung ; unabhängiges Kampfblatt für die Interessen des deutschen Mittelstandes: Heidelberger Bürger-Zeitung: Mittelstands-Zeitung ; unabhängiges Kampfblatt für die Interessen des deutschen Mittelstandes — 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.42441#0203
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Seidelberger

Einzelpreis 15 Pfg.

Burger-Zeitung

Sonntag, 12. August

Nr. ÄS

Vorbereitende Erhebungen. - Ertrag 400 Millionen.

1925

in

1926

1927

1928

1929

als Zu-

1930

pri-


*

>^l

für die
folgen-

ob und wieweit
Steuerpflicht un-
der Begründung
hervorragender

der
Zu-

Elektrizitätswerke besitzen, mit denen sie steuer-
frei sind, erhielten denselben Teil der Ueber-
weijungen an Einkommen- und Körperschafts-
steuern wie diejenigen, die mit ihren Werken
an gemeinwirtschaftlichen Betrieben beteiligt
seien und Körperschaftssteuer zahlen mühten.
Die ersteren, wozu namentlich die Großstädte
wie Berlin, München, Leipzig. Dresden. Bres-
lau gehören, seien daher gegenüber ganzen
Gegenden, in denen der geMinwirtschaftliche
Betrieb vorherrscht, wie der Westen Deutsch-
lands, Süddeutschland und Thüringen, Leim
Finanzausgleich bevorzugt.
Gewissermaßen als Abschluß wird eine un-
parteiische Aeußerung von Dr. Lotz angefügt,
wonach es fraglich sei, ob die öffentlichen Kör-
perschaften, wenn sie durch die Besteuerung zu
größerer Sparsamkeit gezwungen werden, sich
auf dem Gebiet der unproduktiven Ausgaben
mehr Reserve auferlegen werden oder ob sie
auf sozialem Gebiet sparen werden.
Die hauptsächlichsten Vertreter der Steuer-
freiheit sind Dr. Hertz, Breitscheid, Jarres, Dr.
Hipp, Wendorff, also in erster Linie die Sozial-
demokratie und Kommunalpolitiker, denen die
Steuerfreiheit für ihre kommunale Betätigung
von Wichtigkeit ist, während die Besteuerung
von Dr. Koeppel, Bernhard. Ludewig, v.Lilien-
thal und auch von Cohen-Reuß verfochten
wird.
lieber die Gründe pro und contra dürften
noch heftige Debatten entstehen, wenn die
Frage der Besteuerung selbst Gegenstand eines
Gesetzcsvorschlags werden wird. Demgegenüber
muß schon jetzt als eigentlicher Kernpunkt der
Streitfrage herausgeschält werden: Mag nun
das finanzielle Ergebnis der Besteuerung der
öffentlichen Betriebe auf 100 oder 400 Mill.
RM. geschätzt werden und mögen diese Mehr-

rer die Wirtschaft belastender Steuern,
erster Linie der Realsteuern veranlassen.
8. Die Besteuerung der öffentlichen Betriebe
würde einen Verwaltungsapparat beanspru-
chen, der das Doppelte und Dreifache an Ver-
waltungskosten verursachen werde.
9. Bezüglich der öffentlich-rechtlichen Bank-
anstalten führen Dr. Hipp und von Bitter noch
im besonderen aus, daß sie Kreditaufgaben er-
füllten (Personalkredit, kleinere Objekte des
Hypothekenkredits usw.s, hiervon den Privat-
banken vernachlässigst wurden (wogegen Kop-
pel einwcndet. daß sich diese Geschäfte
bringegeschäfte rentabel machens.
Von anderer Seite wird dagegen
Besteuerung der öffentlichen Betriebe
des geltend gemacht:
1. Durch die Steuerfreiheit der öffentlichen
Betriebe werden die privaten benachteiligt,
weil erstere in der Lage sind, ganz anders zu
kalkulieren: diese Steuerfreiheit begründe ge-
radezu einen unlauteren Wettbewerb der erste-
ren.
2. Die heutige schwere Wirtschaftslage er-
fordert, daß öffentliche und private Betriebe
„frei aus sich heraus arbeiten", ohne daß die
eine oder andere öffentlich rechtlich begünstigt
würde.
3. Die Entziehung der Steuerfreiheit würde
die öffentlichen Werke zur möglichsten Ratio-
nalisierung zwingen und zur klaren Unterschei-
dung ihrer Ausgaben und Spesen in solche, die
auch die privaten Betriebe treffen und solche,
die ihnen infolge ihres öffentlichen Charakters
besonders entstehen.
4. Infolge dec Steuerfreiheit werde die
Grundlage der öffentlichen Betriebe so verän-
dert, daß eine Beurteilung ihrer Rentabilität
unmöglich werde.
5. Als die beste Form der Betriebsführung
bei den in Frage kommenden Betrieben habe
sich die ... .. . .
erwiesen, weil hierbei die
lichen Betrieben übliche
sung im weiten Umfang
und hinter den sachlichen
treten müsse. Da aber bei

Im Zeitalter der Sozialisierung und der
geflissentlich betonten Gemeinnützigkeit sind
zahlreiche gewerbliche Unternehmungen des
Reichs, der Länder, Gemeinden und Eemein-
deverbände entstanden, denen in größerem
Umfang Steuerfreiheiten von Reichssteuern
fKörperschaftssteuer, Umsatzsteuer, Vermögens-
steuer, Besitzwechselabgabel sowohl als von den
Steuern der Länder und Gemeinden (Gewer-
besteuer, Grundvermögenssteuer j zugebilligt
worden sind. Eine übersichtliche Zusammstel-
lung dieser Steuerfreiheiten gibt die Begrün-
dung zu dem Gesetzentwurf betr. „Erhebungen
zur Frage der Besteuerung öffentlicher Be-
triebe". Der Entwurf soll das statistische Ma-
terial liefern für die Frage,
die öffentlichen Betriebe der
terworfen werden sollen. In
sind zahlreiche Aeußerungen
Wirtschafts- und Steuertheoretiker zusammen-
gestellt, in denen das pro und contra der
Steuerfreiheit öffentlicher Betriebe nach allen
Richtungen hin erörtert ist.
Für die Steuerfreiheit werden folgende
Momente angeführt:
1. Es wird bestritten, daß ein Konkurrenz-
kampf der öffentlichen Werke gegen die pri-
vaten stattfindet: so liege es auf dem Haupt-
gebiete, bei den Elektrizitätswerken, in der
Natur der Sache, daß für jedes örtliche Ge-
biet nur ein Werk in Frage kommen könne,
welches entweder ein öffentliches oder ein
vaies sei.
2. Die öffentlichen Betriebe nützten
Wirtschaft durch billige Preise und durch
führung ihres Reingewinnes an die öffent-
lichen Korporationen.
3. Die Schwächung der öffentlichen Betriebe
durch die Besteuerung würde eine Stärkung
der privaten Betriebe, also wirtschaftlich star-
ker Kräfte bedeuten, die ihr Monopol gegen
die wirtschaftlich Schwachen ausnützen würden.
4. Es sei falsch, zu behaupten, daß die öffent-
lichen Betriebe geringere Lasten zu tragen
Hütten. 1926 zum Beispiel hätten die Gemein-
den 530 Mill. RM (einschl. 70 Millionen aus
landwirtschaftlichen Betrieben) aus ihren Be-
trieben an die Gemeinden abzuliefern gehabt
und die Forderungen letzterer auf Ablieferung
von Reingewinn wurden jährlich höher. (Bei
diesem von Dr. Hertz aufgestellten Argument
wird also die Ablieferung des tatsächlich er-
zielten Reingewinns als eine Belastung hin-
gestellt und den von den privaten Betrieben
zu tragenden Unkosten gleichgestellt!)
5. Die Bedeutung, welche dem Anteile der
Steuern an den Gesamtunkosten zukommt,
werde überschätzt (jeder Privatbetrieb wird
diese Bedeutung am besten zu schätzen wissen)!
6. Die Gemeinden und sonstigen öffent-
lichen Korporationen hätten sich für ihre Be-
triebe meist wenig Ertrag bringende Gebiete
ausgesucht, indem sie -sich- vom Gesichtspunkt
der Gemeinnützigkeit leiten ließen: dies sei
zum Beispiel im besonderen auch für die Auf-
schließung unbebauter Gebiete zur Versorgung
mit Wasser, Gas und Strom zu sagen. Bei
ihrer ganzen Betriebsführung würden sie durch
soziale Rücksichten belastet.
7. Eine Besteuerung der öffentlichen Be-
triebe würde automatisch eine Erhöhung ande-

' *

des gemischtwirtschaftlichen Betriebs
bei den rein öffent-
politische Veeinflus-
ausgeschaltet werde
Erwägungen zurück-
... , dieser Form die Ge-
meinden keine Steuerfreiheit genössen, wäh-
rend sich die öffentlichen Betriebe dieser zur-
zeit erfreuten, ließen sich die Gemeinden viel-
fach von ihrer Beteiligung an gemeinwirt-
schaftlichen Betrieben abhalten.
6. Die öffentlichen Korporationen trieben
keinesfalls eine „gemeinnützige" Preispolitik,
sondern eine solche, die vielfach als indirekte
Besteuerung wirke.
7. Die Besteuerung der öffentlichen Betriebe
würde einen finanziellen Erfolg ergeben, der
je nachdem zwischen 100 und 400 Mill. RM.
jährlich geschätzt wird und die Frage des
Reichshaushaltsdefizits mit einemmal löse:
bzw. der Besteuerung der Elektrizitätswerke
allein wird der Ertrag von beteiligter Seite
auf 200 Mill. RM. geschätzt.
8. Die Steuerfreiheit der öffentlichen Be-
triebe bringe ein ganz schiefes Bild in den Fi-
nanzausgleich und benachteilige einen Teil der
Gemeinden und Länder auf Kosten der ande-
ren: Diejenigen Gemeinden, welche eigene

We Isnge roll ckss nock
so vreitergeksn?
Hie ffeickssteliern ksben sick
seit 1925 isst verrloppelt.
Die Finanzlage des Deutschen Reiches
verschlechtert sich von Jahr zu Jahr. Es
wurden an Steuern erhoben:
6388 Millionen
im Jahre
mA Millionen
im Jahre
849V Millionen
im Jahre
9024 Millionen
im Jahre
9246 Millionen
im Jahre
40392 Millionen
im Jahre
Hieraus geht klar hervor, mit welcher
Wucht die Steuerschraube seit dem Jahre 1925
angezogen wurde. Dabei handelt es sich bei
der ungeheuren Summe von mehr als 10 Milli-
arden lediglich um die R e i ch s einnahmen
an Steuern und Zöllen — ganz zu schweigen
von den Milliardenbeträgen, die besonders
dem deutschen gewerblichen Mittelstand durch
die Steuern der Länder und Gemeinden auf-
erlegt werden. Reich, Länder und Gemeinden
müssen sich für die Zukunft den Grundsatz
des ordentlichen Hausvaters zu eigen machen,
der nie mehr ausgibt, als er im günstigsten
Falle einnehmen kann. Wenn dieser Grund-
satz erst Allgemeingut geworden ist, dann wird
es auch mit unseren öffentlichen Finanzver-
hältnissen besser bestellt sein.

Jahrgang 4980
- > -
öandwerk nndpreisgebaren
. In einer kürzlich stattgefundenen Zusam-
menkunft führender Personen aus dem Hand-
werk hat der Vorsitzende des Reichsverbandes
?s deutschen Handwerks seiner Auffassung
,°er die Preisgebarung wie folgt Ausdruck
'"geben:
- Jeder selbständige Handwerker sei wegen
ZNer Forderungen an die Besteller an die
Gestehungskosten gebunden, die sich zusammen-
dßen aus Einkauf der Rohmaterialen oder
,er Halbfabrikate, den Löhnen. Eeschäftsun-
Men und Verdienstanteil. — Wegen der Roh-
materialen oder der Halbfabrikate könne nur
einziger Grundsatz maßgebend sein, näm-
H der, dem Sinken oder Steigen ihrer Preise
Uort zu folgen. Unter keinen Umständen
Mne eine Rücksichtnahme auf vorhandene La-
^rbestände anerkannt werden, denn sie führe
zu Inkonsequenzen. — Mit einer Senkung
Löhne könne nicht eher gerechnet werden,
bis die Kaufkraft durch entsprechende all-
^ineine Preisermäßigung einen Ausgleich
igde. — Eine Minderung der Geschäfts-
mkosten sei leider vorläufig nicht zu erwarten,
Aer das Gegenteil. Die Mieten seien gestiegen,
Zenjo stehe eine Steigerung der Realsteuern,
Ästiger Steuern, der sozialen Lasten und der
^eichsbahntarife bevor. — Was schließlich den
gewinn oder Verdienst anlange, so hätten die
Flechen Zeiten und die übergroße Konkurrenz
,M.gst dafür gesorgt, daß der handwerkliche
Mternehmer seinen Verdienstanteil nu-r noch
Z allerbescheidenstem Maße erhalte. Viele
Handwerksmeister stünden sich heute schlechter
4s vollbeschäftigte Gesellen. — Uebrig bleibe
Mießlich nur die Hoffnung auf eine Senkung
Einkaufspreise für Rohstoffe und Halb-
Zbrikate. — Die Führer des Handwerks
grumten dieser Auffassung einmütig zu und
^klärten es im übrigen für selbstverständlich,
N das Handwerk einer Preissenkung in jeder
Z^ise Vorschub leiste.

Besteuerung der
öffentlichen Hand.

Mittelstands-Zeitung
SttMniStt KiilpsblM sil die ZUkressei Os dkliste« MiitclstMes
«MWMM-ÄkWllWe Wmg . »«WeilW «MMN
Zeitung für gesunde Wirtschaftsinteressen des gewerblichen MesryUstSftelle. Bezugspreis monatlich 0,60 Reichsmark. Bei Postbezug
Mittelstandes, deS Handwerks, Handels, Haus- und Grund- .... . , vierteljährlich 2 10 Reichsmark. Für ausgefallene Nummern
n.k-t-oL Heidelberg, Hauptstraße Ivo wird kem Ersatz geleistet. Der Jnsertwnspreis ist 10 Reichs-
besitzes der Landwirtschaft, fr^ Mennig für die acktgespaltene Millimeterzelle oder deren
Mittelstand rechnenden Kopf- und Handarbeiter. Raum. Reklamen 0,40 RM. pro mm-Zeile.

Ae gewerMMich-genoffen-
Hastliche Versicherung--Men -
ßesellschast „Volkssürsorge"
»n Zahre 192».
Ueber diese Versicherungsgesellschaft der
d^eiterschaft ist viel geschrieben worden,
doch zieht der gewerbliche Mittelstand
^rkwürdigerweise vielfach nicht die richtige
Schlußfolgerung aus diesem Unternehmen, dem
Machtvollen Gegenstück zu der Arbeiterbank,
-M.d Konsumvereinen und den Gewerkschaften.
Gesellschaft, deren Geschäftsbericht in der
^Uptversammlung vom 4. Juni 1930 geneh-
k^.tzt worden ist, hatte Ende 1929 einen Ver-
^erungsbestand von 738136 971 RM. Allein
Jahr 1929 hat eine Vermehrung von über
Millionen RM gebracht. Denn Ende
betrug die Versicherungssumme
695 279 RM. Die Beiträge der Vcrsicher-
haben sich von 26 720 067 RM im Jahre
hM auf 40 388 626 RM im Jahre 1929 er-
jM- Für Versicherunqsfälle wurden im Jahre
lA gezahlt 2 981558 RM gegenüber
"68 873 RM im Jahre 1928.
Denken wir daran, daß dieses Unterneh-
/b, dessen Versicherungsbestand in kürzester
1^. die Milliarde erreicht haben dürfte, wirt-
ZMesolitisch zielbewußt die Arbeiterbank, die
h bsunrvereine und andere Gegner des ge-
s^blichen Mittelstandes unterstützt, so kann
leM Ziesen, wenn er die Zeichen der Zeit er-
stp E, gar nichts anderes übrig bleiben, als
ins.beschlossene Front in seinen eigenen be-
z,. ständischen Fürsorgeversicherungsanstalten
bUde„.
 
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