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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 15.1904

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Volbehr, Theodor: Eine neue Magdeburger Weinstube
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https://doi.org/10.11588/diglit.11377#0157

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INNEN-DEKORATION.

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bestehen, sondern in der Gestaltung und
Belebung der Wandflächen, der Gewölbe-
träger, der notwendigen Einrichtungs-
Körper. Deshalb ist auf alle diese Dinge
eine unendliche Liebe, ein scharfes Nach-
denken und ein feines Empfinden ver-
wandt. Das fühlt man auch dort, wo die
künstlerische Absicht durch die ausfüh-
rende Hand wohl nicht ganz erreicht
wurde. — Wie fein ist in dem grossen
hellen Saal mit der Doppelreihe der
seitlichen Kojen die farbige Wirkung
der schwarzen Marmor-Pilaster und der
dunklen, gehämmerten Kupfer-Beklei-
dungen der Deckenträger, wie behag-
lich und wie zweckgemäß wirken die
lichten Verglasungen in den Stellwänden
der Kojen, die vertieften Kleiderablagen
zwischen den hohen, schmalen Spiegeln
und wie reizvoll ist die Wirkung der
Intarsien in grauen und braunen Hölzern
auf den grossen, ruhigen Flächen der Ver-
täfelung. — Diese großen ruhigen Flächen
sind das besondere Karakteristikon aller
drei Räume. Und man fragt erstaunt,
wie es dem Künstler möglich wurde,
den Eindruck, den die grossen verputzten
Wand - Flächen oberhalb der Paneele
hervorrufen, auch durch die Paneel-
wände selbst zu erzwingen. Mit einfachen
gefugten Bretterwänden wäre das kaum
möglich gewesen. Da ist dem Künstler
ein Erzeugnis trefflich zu statten ge-
kommen, das die Koptoxylfabrik Harrass
in Böhlen i. Thür, hervorbringt, nämlich Holzplatten
von nahezu beliebig grosser Ausdehnung, die da-
durch entstehen, dass durch gewaltigen hydraulischen
Druck fünf kreuzweis übereinandergelegte, mit
trockenem Leim verbundene Holzschichten zu einer
7 Millimeter starken Platte zusammengepresst wer-
den. Diese Anwendung des für kleine Flächen wohl-
bekannten Prinzips der kreuzweisen Verleimung
mehrerer Furniere mit Blindholz auf die Anfertigung
umfangreicher Flächen hat den Kommerzienrat
Harrass zu der Erfindung des Koptoxyl (des ge-
pressten Holzes) geführt, das nicht nur in Bezug auf
Haltbarkeit und Widerstandsfähigkeit gegen Kälte
und Hitze das gewöhnliche Holzblatt weit überragt,
sondern das eben auch dem Künstler gestattet, bei
der Gestaltung der Paneelwände, der Türen etc. so
grossflächig zu wirken wie er eben will, bei der
Anordnung konstruktiver Teile so kühn zu ver-
fahren wie es eben nur das Bewusstsein gestattet,
ein tadelloses Material zur Verfügung zu haben.

ALBIN MULLER.

Entreetüre. Blau gebeiztes Eichenholz mit Messingeinlage.

Wie Albin Müller dieses Material im einzelnen
benutzt hat, wie ihn die ungewöhnlichen Qualitäten
des Koptoxyl niemals dazu verführt haben, die
natürlichen Forderungen unseres Empfindens be-
züglich der Belebung und Gliederung einer Fläche
aus dem Auge zu lassen, das mag man im einzelnen
aus den Abbildungen selbst ablesen. Sie zeigen
auch, dass er sich nicht durch die Bravourkunst-
stücke der Koptoxylfabrik, Heizkörper mit Koptoxyl-
Vergitterungen zu umkleiden, bewegen Hess, von
dem unserem Gefühl allein entsprechenden Um-
mantelungen in Metall abzugehen. — Ist es notwendigt
noch auf die Einzelheiten der Zimmer-Ausstattung
hinzuweisen, auf die treffliche, klare Disposition der
Beleuchtungs-Körper der Decken, auf die dekorative
Wirkungder Wandleuchter, auf die praktische Schlicht-
heit der aus Koptoxyl gefertigten Stühle und Tische?
Ich glaube nicht. Das Nötigste sagen ja die Abbil-
dungen, und überzeugen kann schliesslich nur die Be-
trachtung der Räume selbst. th. volbehr-magdeburg.

1904. vi. 2.
 
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